Araclia – Welt ohne Spieltechnik-Ballast

Eine der Besonderheiten der Neuerscheinung ARACLIA ist, dass es sich dabei um eine Fantasy-Welt handelt, die unabhängig von einem konkreten Regelwerk bestehen kann und soll.

ARA-Kärtchen_Systemlos

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber für mich gibt es zwei Sichtweisen:

  1. Das Setting und die Regeln sind gaaanz eng verknüpft, das rechtfertigt natürlich, dass im Settingband Regelinfos enthalten sind. Die will ich dann natürlich auch nutzen bzw. finde ich es okay, dass mir diese Regeln „aufs Aug gedrückt“ werden. Die Regeln sind Teil der Vision, und wenn das gut zusammenpasst, gibt es wenig Schöneres.
  2. Das Setting und die Regeln sind zufälligerweise aus derselben Schmiede, haben aber eigentlich wenig bis nichts mit einander zu tun. Sprich: Das Setting könnte man mit jedem System bespielen. In diesem Fall empfinde ich Regeln in der Settingpräsentation als Ballast, weil ich mir diese Informationen immer wegdenken bzw. ausblenden muss.

Jetzt kann man natürlich sagen: Ja, hat der denn keine anderen Sorgen?! Stimmt, hab ich nicht. 🙂 Nein, im Ernst: Was mir auf dem großen weiten Rollenspiel-Markt tatsächlich abgeht, sind Settings, die systemneutral präsentiert sind, sodass ich sie wahlweise mit SW, Portal, Destiny, Fate – jedenfalls mit dem Regelwerk meiner Wahl verwenden kann.

Ob es der Weisheit letzter Schluss ist, Crunch komplett draußen zu lassen, sich auf Prosa zu beschränken und damit natürlich Unschärfen in Kauf zu nehmen (wie gefährlich ist denn nun der „gefährliche Flammenaak“ wirklich)? Die Antwort muss wohl jeder für sich selbst finden. Dem einen mag die konkrete Festlegung abgehen, der andere freut sich über den Freiraum, den ihm diese regelneutrale Darstellung der Welt bietet. Araclia ist zweifellos eine Welt für den anderen (nicht den „Anderen“).

Aber wie ist das bei euch?

6 Gedanken zu „Araclia – Welt ohne Spieltechnik-Ballast

  1. Ich bin prinzipiell auch ein Fan von entkoppelten Hintergrund- und Regelteilen.
    Aber wie du es schon sagst, gerade bei NSCs oder Monstern braucht man zumindest Richtwerte um sie im Regelsystem der Wahl nachzubauen.

    Ein guter Kompromiss ist, relative Werte anzugeben.
    z.B. wenn ein durchschnittlicher Mensch Stärke 10 hätte, hat der „gefährliche Mlammenaak“ Stärke 18. Oder mit Balkendiagrammen.
    Ganz gut hat das z.B. Monster by E-Mail gemacht (http://monstersbyemail.com/)

  2. Ich bin an sich ein Fan von enger Verzahnung von Hintergrund und Regeln – aus dem einfachen Grund, dass sich beide, im Spiel angewandt, stark beeinflussen. Wenn ein Setting als grim & gritty low fantasy dargestellt wird, und ich es mit einem klassischen PG-System bespielen will, passt einfach irgendwas nicht zusammen – genauso wie andersrum ein heroisches Setting, das mit low-power-Regeln bespielt wird, inkonsistent wirken kann.
    In manchen Bereichen fällt das weniger, in anderen (speziell Charakterentwicklung und -stärke) mehr auf. Wenn man sich an sowas stört, muss man evtl. einige Arbeit investieren, um das „richtige“ Regelwerk zu finden, das zum Setting passt, und/oder dieses dann noch ein wenig modifizieren.
    Was insgesamt auch ein Grund dafür ist, dass ich mit meinem eigenen System Triakonta anfangs (als mir das noch nicht ganz so klar war) einen großen Universalitätsanspruch hatte, inzwischen aber dazu übergegangen bin, den Regelkern für jedes Setting separat anzupassen.
    Es macht einfach Sinn, wenn es in einem modernen Horror-Rollenspiel nicht die gleichen Kampfvorteile zu erwerben gibt wie in einem heroischen Fantasy-Setting, aber dafür z.B. Regeln für Furcht oder Wahnsinn, die man wiederum in letzterem evtl. nicht haben will.

    Von daher sollten völlig systemfreie Settings mAn so beschrieben werden, dass sie mehrere Spielarten zulassen – von low zu high power, von grim & gritty zu episch.
    Die Frage ist, ob das aber nicht zwangsläufig auf Kosten der Beschreibungsqualität geht. Dazu müsste ich demnächst Araclia lesen, wozu ich bisher noch nicht gekommen bin. Asche auf mein Haupt.

  3. Ich mag deinen Ansatz. Denn ich kann i.d.R. nichts mit den Systemen anderer Leute anfangen, würde also drauf zahlen müssen und das Setting mühsam von den Regeln trennen müssen.
    Dazu muss der Spielstil und dieses systemlosen Settings aber ganz genau erklärt sein oder eine Bandbreite bieten.

    Was ich außerdem gut finde ist, wenn es zumindest eine relative Angabe über bestimmte Verhältnisse gibt. Turakian Age macht das z.B. in dem es den Aufbau der Armeen in den Ländern zeigt (60%Infanterie, 15%Kavallerie, 25%Marine usw..)

  4. Ich finde es schon gut, wenn ein Regelwerk auch spezielle Regeln enthält, die Besonderheiten des Settings widerspiegeln. Da es das aber schon oft gibt, sehe ich auch mehr Bedarf für regelneutrale Werke. Nicht nur Settings, auch Abenteuer etc.

    Bei den RPG Creatures von Nicolas Cloister gibt es übrigens sehr schöne Ansätze für settingneutrale Monsterwerte.

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