Dagegen sehen die Profis alt aus…

Wer sich noch erinnert: Vor einiger Zeit absolvierte ich einen RPG-Anfänger-Kennenlern-Marathon mit Interessierten, die in einem (ähm: dem einen österreichischen) RPG-Forum auf meinen Thread reagiert hatten. Gestern war’s soweit: Der erste Abend! Ich selbst war ziemlich fertig und musste mich mit Kaffee, Burn und Coke Zero dopen, immerhin galt es ja, den Neulingen einen besonders positiven Eindruck vom Rollenspiel zu bescheren.

Da ich die Leute „gecastet“ hatte, kannte ich sie, aber einander sahen sie gestern zum ersten Mal (abgesehen von den Facebook-Profilfotos). Unterschiedlich unpünktlich wie wir waren (eine Spielerin kam gar nicht – wir hoffen, es fehlt ihr nichts!), wurden die Vorstellungsrunden einige Male iteriert. Aber das schadete nicht, ebenso wenig wie die Namenskärtchen, die Dennis anregte. Irgendwie peinlich, aber total sinnvoll!

Den Spielern war wichtig, ihre Charaktere gut zu durchdenken, daher kamen wir überein, an den ersten paar Abenden erstmal mit schnell-schnell-SCs zu starten und uns später richtige Charaktere zu erschaffen. Wir würden dann beschließen, ob wir DSA, D&D, Midgard, Savage Worlds oder was auch immer spielen würden, für den Anfang aber sollte es Destiny-Beginner werden, nicht zuletzt, weil wir damit gleich loslegen können würden.

Die Runde war ein Hit und ich war echt baff, mit welcher Fantasie und Vorstellungskraft die „Anfänger“ an die Sache heran gingen. Julia erschuf eine rothaarige Halbelfen-Magierin, die den Gegnern Funkenregen aus einem Beutel entgegen streute (wer kommt auf so was!? Genial!). Patrick zimmerte innerhalb weniger Herzschläge einen Söldner Marke Good&Tough zusammen, gegen den meine Söldner Klischeefiguren ersten Ranges waren. Simon spielte einen super-ekligen und doch absolut Runden-tauglichen Gnom, dessen Hintergrund perfekt zu dem Lys Marrah-Setting passte, und Lisi wagte sich über einen Zwerg, der sehr interessiert daran war, gegen die Diskriminierung der Zwerge in Lys Marrah anzukämpfen. Dennis, der einzige Profi unter den Spielern, erschuf eine Priesterin der Mondgöttin Vinith mit dem wunderschönen Namen Merana Thelusiel. Wow!

Ich leitete wieder „Dunkelheit in Hmûr“, das Einführungsabenteuer aus dem Destiny-Beginner-Buch und modifizierte es Cthulhu-meets-Fantasy-mäßig, um das Szenario mit mehr Stimmung anzureichern. Die Spieler gingen voll mit. Gewisse Unsicherheiten waren noch zu spüren, so wurde oft während des Kampfes darüber philosophiert, wer denn nun am besten was tun sollte, aber ich gab den Spielern die Zeit, die sie brauchten, und freute mich über den kreativen Ausgang. Da wurde der Schwarzmagier einfach von einem Weinregal erschlagen, der Wächter besiegt, indem man die Runen des Drudenfußes mit antimagischem Tonikum wegwusch, und die Riesenratte verabschiedete sich unter einem Weg-Ätz-Zauber. Ein Fest für die Imagination!

Und eine große Freude für mich als Systementwickler zu sehen, dass absolute Anfänger mit Destiny-Beginner wirklich klarkamen, es sogar ausdrücklich lobten, weil die Große Gabe das Charakterdesign unterstütze und ihnen all die Möglichkeiten biete, sich einzubringen, ohne das lästige „Das geht mit diesem Feat aber nicht“, das man von crunchigeren Systemen kennt. Wer jetzt übrigens Lust bekommen hat: Destiny-Beginner ist seit heute im Handel erhältlich. Meine offizielle Ankündigung wird in den nächsten Tagen erfolgen, aber man kann es jetzt schon bei Amazon.de bestellen.

Kurz: Großartige Runde, großartige Menschen, großartiger Abend! Ein Dankeschön an das Genre Rollenspiel!

Feedback einer illustren Runde

Letzte Woche hatte ich das Vergnügen, für eine besondere Runde Destiny-Beginner zu leiten: bestehend aus 4 mir weitgehend unbekannten Frauen und einem 12-jährigen Jungen. Ich muss gestehen, es war ein seltsames Gefühl zu Anfang. Und der Junge, David, war auch ein ungewöhnliches Zielpublikum. Bisher leitete ich immer für Veteranen, und plötzlich hatte ich da jemanden, der bis auf Drakensang noch keinerlei Erfahrung im Genre hatte und dem am Wichtigsten war, einen Elfen mit einem Wiesel auf der Schulter zu spielen. Nix mit ehrfürchtigem „Ohh!“ und „Aah!“, wenn ich die Regeln erklärte, kein interessiertes Kopfnicken während meiner Einführung in das Setting, sondern ein sich periodisch wiederholendes „Können wir jetzt endlich anfangen?“

Na Gott sei Dank steht auf Destiny-Beginner drauf, dass man damit in 5 Minuten losstarten kann. Ich glaube nicht, dass David die Erschaffung eines DSA- oder D&D-Charakters durchgehalten hätte. Dass wir dennoch über eine halbe Stunde brauchten, lag eher daran, dass die Mädels ihre Rollen und Funktionen sehr gewissenhaft verteilten. Die Werte selbst standen dann wirklich binnen weniger Minuten am Sheet.

Das Spiel selbst war toll. Ich leitete das Beispiel-Szenario „Dunkelheit in Hmûr“, warf die Hälfte davon über den Haufen (so wurde etwa aus dem präpotenten Istrith-Magier Makranor schlichtweg eine Leiche) und traf mit einer eher offenen, narrativen Moderation voll den Nerv der Runde, die – Recherchen machen sich bezahlt – zuvor sehr engagiert das Weltenbuch gespielt hatte. Zeitweise spielten alle so begeistert mit einander, dass ich nahezu unbemerkt gehen und Parkscheine wechseln konnte! So was habe ich schon seit Jahren nicht mehr erlebt. Echt erfrischend!

Erhebend war vor allem das Feedback: Die Spielerinnen waren begeistert, dass ich so auf sie eingegangen war, das System sei super-einfach und unterstütze selbst ihre abgefahrenen Aktionen, und Setting und Abenteuer seien unglaublich schlüssig und logisch. Nach jahrelangen Analysen und kritischem Feedback war das echt Balsam auf meine Spielleiter- und Spieledesigner-Seele. Jetzt weiß ich wieder, warum ich all das mache.