Community, wo bist du??

Das Thema Zersplitterung ist ja schon oft diskutiert worden. Aber nicht nur die inhaltlich diversen Spiele, sondern auch die Plattformen sorgen für Zersplitterung: Da sind Foren, Blogs, mehr Blogs, noch mehr Blogs, die zunehmend umtriebige Gemeinschaft auf Google+ und und und.

Ich bin nun seit Jahren in der Community aktiv (sagen wir mal: moderat aktiv) und stelle fest, dass die Proponenten von damals mittlerweile sehr still geworden sind (oder aber sich anderswo äußern). Ich bemerke auch, dass mir sogar die Foren, die ja – im Gegensatz zu Blogs und Streams – deutlich beständigere Plattformen sind, zu “bipolar” werden. Entweder herrscht dort gähnende Inaktivität oder aber du musst, meistens bei Reizthemen, entweder sofort schreiben oder damit rechnen, dass innerhalb weniger Stunden 163 Beiträge verfasst wurden. Wer die Zeit hat, die alle durchzulesen, um nachher noch etwas zu sagen, das nicht bereits gesagt wurde, der ist zu beneiden.

Bei den Blogs beobachte ich, dass viele neue aufgetaucht sind. Bei manchen ist ihre Ausrichtung (noch) nicht klar, manche Artikel sind mir auch ehrlich gesagt zu lang, andere wiederum sind sehr aufschlussreich und vielversprechend. Problematisch sehe ich das Kommentieren: Es passiert eigentlich viel zu wenig und wenn, dann nicht im Sinne eines Diskurses, und wenn doch, dann höchstens bilateral und selten multilateral.

Ergo komme ich zu dem Ergebnis, dass ich die Vernetzung der Community nicht optimal finde. Klar, jemand, der Unmengen von Zeit hat und Internetzugang in der Arbeit, der kann da irgendwie mithalten und mitleben, aber für viele andere ist die Vernetzung 1. zu schnell und 2. zu unübersichtlich geworden. Wobei das Paradoxon darin besteht, dass mehr Konzentration wiederum die Schnelligkeit und “Flüchtigkeit” aufheizt und darüber hinaus die Anonymität fördert. (So gesehen fühle ich mich im Tanelorn manchmal an eine Massenuniversität erinnert).

Gibt es überhaupt eine Lösung? Ich selbst habe mir schon überlegt, diesen Blog vom Netz zu nehmen und durch ein kleines, “entschleunigtes” Forum zu ersetzen, noch dazu, da immer wieder per e-mail Fragen zu meinen Spielen hereintrudeln, die man dann offen abwickeln könnte. Auch sind die (durchaus respektablen) Besucherzahlen meines Blogs ziemlich konstant, was auf einen gewissen Sättigungsgrad hinweist. Aber wäre ein Forum – noch ein Forum – der Weisheit letzter Schluss? Vielleicht zumindest ein Schritt in Richtung multilaterale Vernetzung?

Was sagt ihr? Was braucht die Community? Braucht sie überhaupt etwas? Gibt es überhaupt noch so etwas wie die Community? Und wo findet ihr eure Community?

Alina, 7 Jahre, Rollenspielerin

Urlaub ist immer ein guter Zeitpunkt, um Neues auszuprobieren. Auf einem Bauernhof in der wunderbar grünen (momentan Wespen-verseuchten) Steiermark, abseits von TV und Videospielen, habe ich endlich das getan, was ich schon längst tun wollte: Ich habe versucht, den Funken der Begeisterung für unser wunderbares Hobby Rollenspiel an meine Tochter Alina (7) weiterzugeben. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Ich glaube, es ist mir gelungen.

Bisher war es schon sehr geheimnisumwittert, was der Papa so treibt, wenn er wieder mal rollenspielen geht. Das erste Mal “darf ich auch rollenspielen?” habe ich schon vor 2 Jahren gehört, aber da kam das noch nicht in Frage. Dafür haben wir “so etwas ähnliches wie rollenspielen” gespielt, nämlich beim Geschichtenerzählen am Abend einen großen, Plüsch-W6 geworfen und die Geschichte danach verändert. War spannend genug.

Nachdem Alina im letzten Italien-Urlaub mit Yatzee den Umgang mit W6 erlernt hat, kam mir die Idee für ein Kinder-taugliches Rollenspiel mit Piraten-Thematik. Das Ding ist erst im Entstehen, hat aber jetzt schon einige recht innovative Ansätze, aber das ist hier eigentlich nicht Thema. Thema sind die Erkenntnisse, die ich aus diesem Experiment gewonnen habe:

  • Alina hatte unglaubliche Probleme damit, sich bei der Wahl ihres Charakters für einen Archetyp zu entscheiden. Sie wollte die Tiermeisterin, aber die musste auch schießen können, aber eigentlich die Piratenprinzessin, aber nur, wenn die auch gut “turnen” kann. Dass die per default einen hohen Charme-Wert haben musste, interessierte nicht. Daraus gelernt: Typenzwang und Priorisieren von Stärken, etwa beim Attributeprofil, ist für Kinder ein schmerzhafter Kompromiss.
  • Die Erschaffung, in unserem Fall das Erwürfeln von Startwerten, zauberte ein Fragezeichen auf ihr Gesicht. “Was machen wir denn da eigentlich?” Dass der Charakter ein variables Profil erhalten sollte, weil das ganze ja ein Spiel ist, konnte ich ihr nicht gleich so recht klar machen. Am Ende nahm sie es hin, aber diese Ausprägung von “Rollen & Spiel”, die für uns ganz selbstverständlich ist, war für sie keineswegs so selbstverständlich.
  • Probenwürfeln war dagegen was ganz Plausibles. Mit W6+x auf 7 oder mehr kommen, war kein Problem, auch wenn ich den Verdacht habe, dass sie das Rechnen übersprungen und das Ergebnis so mancher Probe lieber aus meinem Gesicht abgelesen hat. Was soll ich sagen, Alina ist recht pragmatisch veranlagt.
  • Was gut gefallen hat, war der Einsatz der Spezialfähigkeiten. Mit Energiepunkten befeuerte sie die Fähigkeit ihrer Tiermeisterin, mit Delfinen und Seepferdchen zu plaudern und auch mal einen großen roten Krebs auszuschicken, um die Insel im Nebel zu erkunden. Gewonnene Erkenntnis aber hierbei: Fähigkeiten müssen weit gefasst sein, sonst demotiviert das einfach nur. War in diesem Fall glücklicherweise breit genug angelegt.
  • Kampf gegen lebende Vogelscheuchen war spannend und cool und mit viel “Oh nein!” und “Oh ja!!” verbunden. Gewonnene Erkenntnis aber hierbei: Spaß macht’s nur, wenn man selbst würfelt. Das Gewürfle des Spielleiters ist nicht halb so spannend. Eigentlich klar, aber für uns nicht immer so evident.

Das waren mal die Hauptbeobachtungen, einige andere habe ich für mich selbst auch noch gewonnen, die mir bei künftigen Designs helfen werden. Aber abgesehen vom Nutzen, den diese Session für mich als Spielentwickler stiftete, ist da etwas passiert, das ich mir für uns alle wünsche: dass wir uns die Gelegenheit verschaffen, einer neuen Generation den Mehrwert dieses Hobbys zu vermitteln. Zuhören, Erzählen, Kombinieren, Empathie, Zusammenarbeit – Rollenspiel fördert so viele großartige Kompetenzen und verdient es ganz besonders, an die Spieler von morgen weitergegeben zu werden.

Wie steht es mit euch? Hattet ihr schon Gelegenheit, eure Begeisterung auf die Next Generation abstrahlen zu lassen? Erzählt davon!

Die kleinen Dinge

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mich freuen bei einem Rollenspiel vor allem immer die kleinen Dinge. Abbildungen von Münzen, Karten, Wappen oder Kalenderdarstellungen. Für Araclia habe ich ein Kalender-Dings in Auftrag gegeben, ohne es genauer zu spezifizieren, und Marco hat ein ganz zauberhaftes Ornament geliefert, das ich euch nicht vorenthalten möchte.

Inhaltlich handelt es sich um das in Araclia weithin gebräuchliche Schema des Naspatischen Kalenders, eingeführt von Königin Naspate während der Goldenen 100 Jahre. Anstelle von 5 namenlosen Tagen (ich habe mich immer schon gefragt, warum sich der Namenlose an einen von Menschen gemachten Kalender hält), habe ich lieber 5 Gedenktage eingeführt, an denen landläufig gefeiert und Andacht gehalten wird. Das Jahr beginnt übrigens nicht oben, sondern links mit der “Uxulawende”, an der die Leute üblicherweise Nüsse knacken und sich freuen, wenn sie eine leere Nuss finden. Die Leere symbolisiert ein offenes, noch nicht vorbestimmtes Schicksal, sozusagen ein Leben, in dem noch alles möglich ist.

Aber mehr dazu beizeiten im Araclia-Kompendium.