Den letzten Artikel meiner Meta-Rollenspiel-Serie möchte ich dem Thema Konflikte im Rollenspiel widmen. Ich hatte das Thema ja bereits im Themenspeicher, und ein aktueller Thread im Tanelorn hat mich nun noch zusätzlich inspiriert, meine Gedanken dazu zu ordnen und in 3 Thesen zum Besten zu geben.
1. Gemeinsames Rollenspiel ist ein Reibungspunkt. Es beginnt damit, dass es für die meisten Gruppen/Kampagnen wichtig ist, dass alle anwesend sind. Die Folge: lästiges Terminkoordinieren zwischen 5-6 Spielern ist keine seltene Herausforderung. Dann auch noch der ungleiche Vorbereitungsaufwand zwischen Spielern und Spielleiter: Wenn einer leiten will, der andere nicht, der eine sich das aber erwartet usw. Und da bin ich noch gar nicht beim eigentlichen Rollenspiel, wo man dann “in character” auch noch Meinungsverschiedenheiten ausspielen und lösen muss (Elfen vs. Zwerge, Diebe vs. Priester…) oder seine liebe Not mit dem Spielstil des SL hat, der ja doch prägend für das Gesamterlebnis ist und wo man weniger bereit ist, Kompromisse zu schließen als wenn einem nur das Nasenbohren des linken Nachbarn auf den Wecker fällt.
2. Gemeinsames Rollenspiel ist ein Katalysator. Vielleicht ist das nur eine Konsequenz aus 1., aber ich habe so ein bisschen den Verdacht, dass Rollenspiel gute wie schlechte Beziehungen im Positiven bzw. im Negativen verstärkt. Ein Grund dafür könnte sein, dass es leicht fällt, sich im Rollenspiel “hinter dem Charakter zu verstecken” und da z.B. Konflikte vom Zaun zu brechen, für die es auf normaler Ebene keine konkrete Zündung, sehr wohl aber einiges an Sprengstoff gäbe. Ein anderer Grund könnte sein, dass die meisten Rollenspieler dieses Hobby überaus hoch wertschätzen und da besonders sensibel auf Diskrepanzen reagieren.
3. Rollenspiel ist oft gar nicht der Punkt. Aber das Spiel bietet selbst auch Vorwand für Kritik – und die hat oft nur vordergründig mit dem Rollenspiel zu tun. So kann ich den SL wegen seines Spielleitungs-Stils kritisieren, obwohl mich in Wahrheit seine rechthaberische Art immer schon gestört hat. Oder ich ärgere mich über das “schlechte, unmotivierte Rollenspiel” eines anderen Spielers, beziehe mich damit aber in Wahrheit auf seine Art, Dinge einfach nicht ernst genug zu nehmen. Oder ich streite über das XP-Vergabesystem, ärgere mich in Wahrheit aber darüber, dass der Spielleiter mit dem Mitspieler rechts von mir besser befreundet ist und ihn bevorzugt. Kurz gesagt: Ich könnte mir vorstellen, dass oft über das Rollenspiel geredet und gestritten wird, in Wahrheit aber tiefer liegende Belange gemeint sind.
Spezifische Lösungsansätze gibt es ohnehin keine. Es gibt nur dieselben Regeln, die auch abseits des Rollenspiels für Konfliktbewältigung gelten: Missstände offen ansprechen, Kritik wertschätzend äußern, Ich-Botschaften, Grenzen setzen etc. Ich beende die Aufzählung, immerhin wollen die Autorenkollegen aus dem Bereich Ratgeber-Bücher ja auch noch ihr Geld verdienen.
Ist das nun alles ein Grund, sich zu überlegen, ob man sich so ein menschelndes Hobby überhaupt antun sollte? Ich sehe gerade darin den Mehrwert! Wer die Gelegenheit nutzt, kann beim Rollenspiel vieles über Menschen lernen, auch und vor allem über sich selbst. Was für ein großartiges Bonusmaterial!