MR#04 Das Drumherum

Nach dem fast schon philosophischen Themenblock in MR#03 soll es heute um etwas eher Weltliches gehen, und zwar um die Rahmenbedingungen des Rollenspiels, z.B. wann, wo und wie oft idealerweise gespielt werden sollte und ob und wie mit Pausen zu verfahren ist. Ich werfe wieder mal drei – freilich sehr subjektive – Gedanken in den Äther.

Lage und Länge der Sessions. Ich habe jahrelang eine Sonntags-Runde gehabt und war der Meinung, alle zwei Wochen von 14.30 bis 23.00 durchzuspielen, sei das einzig Wahre. Für große Abenteuer mit viel Inhalt, Spannungsbogen und strategischen Elementen war es auch so. Mittlerweile habe ich nur noch abendliche unter-der-Woche-Runden á 3 Stunden Nettospielzeit, und so schön sie auch sein mögen, ich fühle mich als SL oft eingeengt. Ich bemerke zwar, dass ich allmählich besser darin werde, episodisch zu leiten, aber irgendwie bleibt ein unbefriedigendes Gefühl, wenn es mal nicht gelingt, am Ende der Session einen Erfolg oder einen Höhepunkt zu inszenieren. Man muss dazu sagen, dass diese unter-der-Woche-Runden auch nur ca. alle 3 Wochen stattfinden; würde jede Woche gespielt, sähe die Welt vielleicht anders aus.

Örtlichkeit. Ich bin ja einer von diesen Stimmungsrollenspielern, die am liebsten in einer geheizten Grotte bei Kerzenlicht spielen würden und sich beim Rollenspiel in Küchen, Kleingärten oder Schulklassen gar nicht so wohl fühlen. Ich würde ja gerne dafür plädieren, sich den Spielort gut auszusuchen, aber die Realität ist, dass man oft schon froh sein kann, wenn man überhaupt einen Platz zum Spielen hat. Da treffen allerlei Bedürfnisse aufeinander (kurze Anfahrtszeit, keine Kinder im Hintergrund, Privatsphäre…), die nicht immer leicht zu erfüllen sind. Gasthäuser scheinen mir da auch nicht so attraktiv zu sein („Darf’s noch was sein, die Herren?“), und Vereine? Ja, wenn man Glück hat, gibt es ein nettes Vereinslokal in der Nähe. Aber was, wenn nicht? Wohin dann mit dem Spiel?

Pausendilemma. Wir hatten eine Zeit, da war die Immersion so wichtig, dass Pausen und off-topic-Geplaudere geradezu verpönt waren. Jede Minute war kostbar. Die Qualität des Spiels war unglaublich hoch, das muss ich schon sagen, aber rückblickend zweifle ich daran, dass es gut für die Runde war, blieb doch die soziale Interaktion irgendwo auf der Strecke. Im Vergleich sehe ich in Runden, in denen auch geplaudert oder sogar gemeinsam zu Abend gegessen wird, dass sich die gepflegte Chemie auch auf die Qualität des Zusammenspiels auswirkt. Ich bin daher mittlerweile ein Freund von off-topic-Zeit geworden und sehe die damit verbundenen Nachteile (postprandiale Müdigkeit, Zeitverlust) weniger kritisch angesichts des Mehrwerts an sozialer Interaktion.

Und… was denkt Ihr dazu?

5 Gedanken zu “MR#04 Das Drumherum

  1. Länge
    Ich stehe sehr auf Runden, die drei bis fünf Stunden dauern. Es könnte natürlich sein, dass sich Horror-Rollenspiel, wie ich es mag, am besten dafür eignet. Die Chance steht bei diesem Format sehr gut, dass alle Beteiligten praktisch die ganze Zeit konzentriert und engagiert sind, was für story-orientiertes Spiel schon wichtig sein kann. Wenn der Zeitrahmen knapp und bekannt ist, gibt es einfach einen anderen Fokus. Ich habe schon erlebt, dass ich noch die Kinder ins Bett brachte und die Spieler währenddessen bereits eigenständig die letzte Sitzung zusammengefasst und Pläne für den Abend geschmiedet haben. Es gilt auch hier das Parkinsonsche Gesetz (abgewandelt): Die Session dehnt sich in jenem Maße aus, wie Zeit für sie vorhanden ist. In meiner Erfahrung komme ich in konzentrierten vier Stunden in der Geschichte genau so weit wie in gemütlichen acht Stunden, wo halt mehr geplaudert, genascht und abgeschweift wird.

    Örtlichkeit
    Es geht mehr oder weniger ideal. Am liebsten spiele ich bei mir zu Hause, wo alles griffbereit liegt und ich auch mal einen Special Effect einbauen kann. Aber es geht fast so gut bei lauten Conventions an einem von vier lauten Tischen. Letztlich hängt für mich alles an den beteiligten Personen, alles andere ist Staffage. Es gibt ja Leute, die Cthulhu mit mir prinzipiell nur in hell erleuchteten, stark belebten Räumen spielen … 😉

    Pausen
    Das gemeinsame Kochen und Essen hat mir damals bei unseren Wochenendsessions schon auch viel gegeben. Aber eben: heute spiele ich lieber kurz und konzentriert. Es gibt ja auch andere Gelegenheiten, sich auszutauschen: Brettspielabende, Geburtstagspartys, Filmabende etc.

  2. Örtlichkeit: Als früher Teen war ich da auch so, ein alter Weinkeller mit atmosphärischem Licht der sich im Gewölbe schwächlich glimmend verteilt, das wäre es gewesen! Unser Verein in Oberösterreich hatte sich dann tatsächlich etwas vergleichbares bauen lassen und es war dann auch richtig toll. Mittlerweile ist mir das allerdings völlig egal. Immersion und Stimmung sind Ansprüche, die ich an das Spiel selbst stelle. Nicht an das Drumherum und nicht an die Spieler. Schaffe ich es nicht, die Spieler in meinen Bann zu ziehen, habe ich als SL versagt und überlasse das lieber wieder eine Zeit lang jemand anderem.

    Lage und Länge der Sessions: Ich habe meine längste Kampagne oft mit 3-4h Sessions bezwingen dürfen und muss sagen, dass es prächtig funktioniert hat. Klar, je mehr Leute mitspielen, desto weniger bringst du weiter in dieser Zeit, aber wenn du wirklich wöchentlich spielst (bei größeren Intervallen glaube ich funktioniert es tatsächlich nicht so gut), sind 3-4h durchaus eine Menge Zeit. Da ist es dann auch oft so gewesen, dass die Leute spontan Zeit hatten und wir so gar ein zweites Spiel in der Woche einfügen konnten. Die Stimmung oder Immersion (was für Unwörter, sorry!) litt darunter ungefähr nie. Hier auch die Frage, Ace, wieso kommt bei dir immer ein Höhepunkt vor? Hast du nicht Angst, dass dein Szenario dadurch zu konstruiert wirkt? Wenn man eh immer weiß, dass am Schluss irgendein (um es mal im Gargon der Cthulhu-Jünger zu nennen) Showdown erfolgt, wo bleibt da das Gefühl einer organischen Kampagne? Bei einzelnen Abenteuern, ja, verständlich, aber in einer Kampagne? Ein Build-Up zu einem Peak im Abenteuer ist ja da dann quasi vorausgesetzt, oder? Reine Verständnisfrage hier. 😉
    Lange Sessions haben auch immer den fatalen Nachteil, dass sie für den Spielleiter manchmal interessanter sind als für die Spieler. Wenn du es nicht schaffst, die Spieler sagen wir 9 oder 10 Stunden „on-the-edge-of-their-seat“ zu halten, merkst du oft nicht, dass den Leuten die Puste ausgeht.

    Pausendilemma: Off-Topic-Gequatsche ist immens wichtig. Wie du schon sagst, das Soziale bleibt ansonsten auf der Strecke. Zudem halte ich es immer so, dass man Dinge nicht zu ernst nehmen sollte–auch und schon gar nicht Rollenspiele. Meine Kampagnen waren um kein Stück weniger episch, nur weil Fäkalhumor oder Running Gags in’s Spiel Einzug gehalten haben–ganz im Gegenteil. Es macht eher die Würze aus, da die Spieler sich anhand von Aussagen leichter an Geschehnisse, die womöglich schon Jahre zurückliegen, erinnern können.

  3. Lage und Länge der Sessions: Lange Runden sind schon unheimlich schick. Egal ob mit Stimmungsspiel oder Haudrauf. Lange mit offenen Ende zu zocken ist einfach irrsinnig entspannend. Man kann so richtig perfekt abschalten. Aber man braucht viel Material und ein SL hat nun einmal nur begrenzt Zeit. Bei kurzen Sessions dauert es abteilmäßig eben länger, bis man wirklich drin ist. Darum finde ich lange Sessions besser, aber nicht unbedingt, weil ich da als SL die Dinge besser umsetzen kann. Das macht kaum einen Unterschied. Idealerweise am Wochenende ab Nachmittag in die Nacht hinein.

    Örtlichkeit: Da bin ich relativ flexibel. Solange es nicht die kalte geflieste Küche mit unbequemen Stühlen ist. Leiber sitze ich bequem, als dass ich viel Deko um mich habe, auch wenn die das Erlebnis sicher verbessert. Aber bitte auch kein „Wir richten den Raum so her, dass er ingame aussieht.“ Ein bisschen ist okay, Regelmeter mit Regebüchern auch, aber Kerzen geht gar nicht. Man kann kaum seinen Charbogen und Würfel lesen und der Stimmung hilft das bei mir kein bisschen. Spiele aber auch kein CoC. Bei D&D, auch mit Storyfokus, finde ich Kerzen blöd.

    Pausendilemma: Hm ja. Meine Zeitpläne sind meist sehr straff. Darum verzichte ich lieber auf Pausen und den sozialen Teil weitesgehend. Bleibt in Raucherpausen oder bis alle da sind ja immer noch genug Zeit. Aber eigentlich will ich zocken, zocken, zocken! Aber wenn man dne sozialen Teil abwürgt, dann wird das ins Spiel getragen und dort fehlt die Konzentration und man gewinnt nichts.

  4. Lage und Länge der Sessions: Mir persönlich – als reiner Spieler bis jetzt – gefallen längere Sessions besser. Je nach Tagesform, kann es mal länger dauern, mich in den Charakter reinzuversetzen. Vielleicht liegt es aber auch an der Frequenz (eine Runde ist zweiwöchig, die andere monatlich), in der wir spielen, dass es bei mir manchmal länger dauert. Aber es hilft mir beim Abschalten von der Welt da draußen.
    Es ist dementsprechend für mich auch angenehmer, wochenends zu spielen und wenn sonntags, dann nicht zu lang, damit man mit der Spielzeit flexibler sein kann.

    Örtlichkeit: Wie Jan bereits angedeutet hat, solange man sich nicht Fehl am Platz fühlt (zumindest würde ich mich in einer „sterilen“ Küche spielend so fühlen), ist der Ort relativ egal. Aber man kann – Betonung auf kann – dann doch noch einiges zur Atmosphäre mit kleinen Tricks beitragen. Mit richtig positionierten Kerzen kann man auch noch im Dezember um 22 Uhr den Charakterbogen prima lesen (kann aber auch praktische Gründe haben, z.B. die normale Raumbeleuchtung ist defekt^^). Was manchmal noch zusätzlich hilft, ist eine passende Hintergrundmusik.

    Pausendilemma: Man hat die anderen seit einiger Zeit nicht gesehen und möchte unbedingt etwas erzählen. Aus irgendeinem Grund ist in der heutigen Session der Wurm drinnen. Der Tee ist alle. Man hat nichts zu Mittag gegessen, kriegt Hunger und möchte sich nicht mit Süßigkeiten vollstopfen. Die Sucht ruft…
    Es gibt haufenweise Gründe, weshalb manchmal eine Pause einfach von Nöten ist, denn ansonsten lenkt der unkonzentrierte eine zweite Person ab, wodurch eine dritte zusätzlich abgelenkt wird und niemand achtet mehr darauf, was der SL sagt. Und es gibt Gruppen, die treffen sich fast nur zum Spielen, obwohl sie sich gut verstehen, weil die einzelnen Leute nicht viel Zeit haben

    • Selbst wenn ich mit Kerze meinen Bogen gut lesen könnte (ging noch nie besonders gut), trägt es für mich nichts zur Atmo bei. Leiber ohne.

      Das mit der Raumbeleuchtung ist eine andere – leidvolle – Erfahrung :-/

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