MR#15 Herausfordernde Elemente

Unlängst äußerte ein Freund, der auch schon sehr lange spielt, dass er im Rollenspiel schon alles gesehen habe und nur noch Abwandlungen des bereits Erlebten erwarten dürfe. Diese Äußerung möchte ich hiermit aufgreifen, um gemeinsam mit euch darüber zu reflektieren, ob da was dran ist, ob es etwa gewisse typische Elemente gibt, die tatsächlich – wenn auch in abgewandelter Form – immer wiederkehren.

Da ich Szenen-bezogen denke, habe ich beim Schreiben von Abenteuern ja auch die Angewohnheit, mir für jede Szene einen Schwerpunkt zu überlegen. Wenn ich nun in mich gehe (nicht zu tief, sonst tut’s weh), dann finde ich heraus, dass es tatsächlich so etwas wie einen „Numerus Clausus an Herausforderungen“ gibt, aus denen sich Abenteuer zusammensetzen – zumindest, wenn man bei den Spielern ansetzt:

  • Kampf: Hier gilt es, mit einer Mischung aus Taktik und Würfelglück, einen oder mehrere Gegner zu besiegen.
  • Interaktion: dient dazu, NSCs zu einem Handeln oder Unterlassen zu bewegen. Mittel der Wahl ist geschicktes Rollenspiel, Verwenden von Argumenten und Einsatz von Charakterwissen.
  • Rollenspiel ieS: Diese Szenen dienen dazu, den Spielern Gelegenheit, Zeit und Kulisse für die Darstellung ihrer Charaktere zu geben. Gemeint ist bitteschön nicht die berühmte Taverne, sondern interessante, „reibungsvolle“ Situationen.
  • Rätsel: Die Spieler lösen quasi für ihre Charaktere eine logische, assoziative oder sonstwie gestaltete Denkaufgabe.
  • Taktik: Die Spieler tüfteln den besten, schnellsten oder sonstwie effizientesten Weg zur Erreichung eines konkreten Zieles aus. Das kann von einer harmlosen Routenplanung bis hin zum Infiltrieren einer gegnerischen Anlage gehen.
  • Erkunden: Die Spieler ersinnen und beschreiben ein Procedere, wie ihre Charaktere Informationen über bestimmte Örtlichkeiten/Personen erlangen. Gefordert sind taktisches Vorgehen und Improvisieren, oftmals gepaart mit Proben (Spurensuche, Scouten, Beschatten…).
  • Dilemma: Die Spieler müssen für ihre Charaktere eine schwierige, u.U. moralisch verzwickte Entscheidung treffen.

Habe ich etwas vergessen, oder war’s das tatsächlich schon? Lassen sich wirklich alle möglichen Herausforderungen im Rollenspiel auf diese wenigen Typen von Herausforderungen herunterbrechen??

9 Gedanken zu “MR#15 Herausfordernde Elemente

  1. Mir fehlt hier, vom Kampf einmal abgesehen, die Action. Ein Beispiel:

    Flucht: Die Spieler müssen unter Zeitdruck einer (tödlichen) Bedrohung entkommen.

    Die klassische Horrorszene könnte man vielleicht noch herauslösen, sie gehört aber meist in die Kategorie „Rollenspiel“, schließlich gilt es „in character“ auf eine verstörende Situation zu reagieren.

    Soll ich auch in mich gehen? Ich weiß nicht, welche cthuloide Schrecken dabei hervorkommen könnten …

    Wer im Rollenspiel schon alles gesehen hat, sollte dringend mal ein neues System ausprobieren, dass bewusst gegen Rollenspielklischees spielt. Ich wiederhole mich ungern, aber DREAD oder FIASCO wirken hier Wunder.

    • Wenn solche Dinge aus deinem Inneren hervorkommen, verstehe ich, warum bei dir die Spieler fliehen müssen. 😉
      Ich hätte das unter „Taktik“ gesehen, da die Spieler hier eine Reihe von möglichst klugen Entscheidungen treffen (wohin sie laufen, was sie tun, wen sie mitnehmen, wen sie zurücklassen, wer sich opfert, damit der Aufzug doch noch unten ankommt etc.).

  2. Also ich finde, Rollenspiel ist total abwechslungsreich, immerhin gibt es mehr als ein halbes Dutzend verschiedene Grundplots, aus denen man variieren kann… habe den Eindruck, dass es im Kino weniger gibt :-) Im Ernst: auch in Büchern, Filmen, Theater, Oper, Musical oder was auch immer gibt es nunmal keine grundlegend anderen Geschichten und ganz oft läuft es dort auf Junge trifft Mädchen hinaus. Und man kann die Story nichtmal beeinflussen und muss zugucken, wie der dusselige Hauptdarsteller das Rätsel immer noch nicht gelöst hat (Doh!). Also: Gnade gegenüber dem Spielleiter und vielleicht mal eine Welt bespielen, wo man noch nicht jeden Gartenzwerg kennt.

  3. Hm, zwischen Kampf und Taktik sehe keinen großen Unterschied und Dilemma und Rollenspiel sind sich auch recht nah. Aber man kann es sicherlich getrennt auflisten. Ich vermisse noch Strategie, aber an und gute sich ist das kein einzelner Punkt, sondern Teil verschiedener Szenen oder fett Ausblick von einer Szene auf kommende Szenen. Ansonsten fällt mir auch nichts ein. D&D es eine endliche liste ist hätte ich aber vorher schon gesagt

    • Oje, ich glaube, ich hab’s nicht geschafft, meinen Gedanken rüberzubringen.
      Mein Gedanke war der, dass die Spieler nur auf endlich viele Arten gefordert werden können. Beim „Rollenspiel“ ist der Fokus der, meine Rolle darzustellen. Beim „Dilemma“ geht es nicht so sehr um das Darstellen, sondern um das Ringen um eine Entscheidung. Unterschiedlich auch der Fokus bei „Kampf“ (Würfelglück primär, Taktieren sekundär) und „Taktik“ (Taktieren primär, Würfelglück sekundär).
      Aber ja, wahrscheinlich könnte man die Punkte sogar noch weiter fassen und ihre Anzahl dadurch noch reduzieren.

  4. Ist es wirklich so schlimm, dass es sich auf so wenige Sachen beschränkt und diese sich immer wieder wiederholen? Wenn ja, wieso schauen dann millionen oder gar milliarden von Menschen täglich Sport? Beim Fußball hecheln halt 22 Leute einem Ball hinterher. Oder in der Kunst? Wie viele Landschaftsbilder gibt es? Im Augenblick lese ich auch einen interessanten Manga, der von zwei Mangakas (Manga-Autoren) handelt, die berühmt werden möchten, wozu sie bereits Dagewesenes neu kombinieren, die Leser neu faszinieren – das ist das Ziel („Solange es interessant ist, wird es veröffentlicht“).
    Zynisch und ganz stark zusammengefasst könnte man auch sagen, dass jedes Leben gleich ist; man wird geboren, man wächst auf, man arbeitet, um zu überleben, man stirbt. Und die einzelnen Schritte könnte man wahrscheinlich in genau die selben Kategorien wie oben aufteilen – man müsste das Würfeln halt rausnehmen.
    Die Kategorien an sich sind ein guter Anhaltspunkt an sich, aber man kann sie, wie einige bereits geschrieben haben, weiter zusammenfassen oder ausweiten und auch Verknüpfungen zwischen ihnen erstellen.
    In dem Sinne: Carpe Diem 😛

    • Fast schon philosophisch. Ich stimme dir insofern zu, als alles, wenn es weit genug abstrahiert ist, „dasselbe“ ist. Man darf halt nicht so weit abstrahieren, als damit der Kern der Sache unscharf wird. Aufs Rollenspiel bezogen hieße das, man müsste sich fragen, ob es für ein Abenteuer wirklich einen Unterschied macht, ob die SCs in die Burg auf einem Hügel oder in den Turm im Wald eindringen müssen, oder ob es letztendlich von den Spielern als „dasselbe“ (nämlich eine Herausforderung Marke „Taktik“) empfunden wird.

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