Kostenlos ist nicht nur gut

Ich weiß, alle Welt freut sich darüber, dass Rollenspielbücher – wie gerade eben Cthulhu oder das neue D&D – immer günstiger oder sogar gratis werden. Als Alexander tue ich das auch, als AceOfDice denke ich aber auch an die Auswirkungen auf Kleinverlage und unabhängige Autoren und habe zumindest ein weinendes Auge.

Zum einen habe ich nicht die selben Möglichkeiten wie ein Verlag, z.B. Produkte zu welchem Zweck auch immer querzufinanzieren. Ich muss – ganz straight – mit dem Verkauf eines Produkts das hereinspielen, was ich dafür aufgewendet habe.

Zum zweiten wird der Preis-Range, innerhalb dessen ich meine Produkte platziere, sehr dünn. Von oben drücken Veröffentlichungen wie Shadowrun, die – zumindest im Preisvergleich – meine Produkte alt aussehen lassen. Ich kann um 20 Euro gerade mal so etwas wie Destiny Dungeon (150 Seiten, 8 Farbillus, Softcover) herausbringen. Shadowrun hat demgegenüber 400 Seiten, Vollfarbe, Hardcover! Ich könnte mir vorstellen, dass der Käufer im Laden bei Shadowrun das Gefühl hat, mehr für sein Geld zu bekommen. (Auch wenn das natürlich Quatsch ist.)

Nach unten hin aber kann ich auch nicht aus, denn um so günstiger ich anbiete, desto weniger interessieren sich Händler für mein Produkt, ganz einfach weil ihre Marge den Aufwand nicht rechtfertigt (das Produkt kennen lernen, bewerben, Platz im Regal reservieren). So geschehen bei Destiny Beginner. Das Buch hat sich, obwohl kaum beworben, in der ersten Auflage einige hundert Mal verkauft, was eigentlich Grund zum Jubeln wäre, aber a) Händler interessieren sich nicht dafür (mit Ausnahme des Sphärenmeisters, der hat halt Weitblick) und b) ich verdiene daran keinen Cent, da es mit EUR 7,- als Geschenk an die Community und deren Nachwuchs gedacht war. Nobel, aber dumm, könnte man sagen.

Dass sich die Preisspirale unaufhörlich nach unten dreht und alles nur noch für lau, gratis, umsonst etc. erhältlich ist, lässt mich in meiner Verbraucher-Euphorie kurz mal innehalten und stimmt mich als Content Provider zumindest skeptisch. Erst recht, als ich als AceOfDice noch nicht herausgefunden habe, wie ich diesen Trend so richtig für meine Spiele nützen kann. Die gute Nachricht für euch ist: Bis ich es weiß, bleiben Destiny & Co. erstmal gratis zum Download.

13 Gedanken zu “Kostenlos ist nicht nur gut

  1. Ich sehe das ähnlich wie Du – allerdings aus der bequemen Situation ohne meine Brötchen als Autor (dazu) zu verdienen. Genau genommen ist das was passiert eine Wettbewerbsverdrängung in dem ein Produkt zu unschlagbar günstigen Preisen erhältlich ist, sozusagen einem Dumpingpreis. Positiv ausgedrückt: Jeder der nicht in der Lage ist den Massenmarkt zu erschließen kann kein Geld mehr damit verdienen. Ähnlich ist das Verhältnis zwischen Supermarkt und Tante Emma Laden. Letztere gibt es praktisch nicht mehr.

    Ich bin mir nicht sicher ob dass den Verlagen bewusst ist, zumindest wird es billigend in Kauf genommen; immerhin ist deren Rechnung ja einen höheren Bekanntheitsgrad zu erlangen um mit Folgepublikationen dann Geld zu verdienen. Als Selbstverleger / Einzelautor kannst Du so aber gar nicht arbeiten. Lustig das gerade Shadowrun – dass ja genau so eine Dystopie in seinem Extrem zu seinem Inhalt gemacht hat – da mitmacht. Das nenne ich Realsatire.

    • Ich bin in der Tat froh, dass ich nicht meine Brötchen damit verdiene. Aber ich habe zumindest den Anspruch, das, was ich investiere (Illustrationen, Datenhaltung etc. – meine Zeit rechne ich eh nicht) wieder einzuspielen. Und das wird bei diesem Trend zunehmend schwierig werden.

  2. Ich denke, der typische Rollenspiel-Kunde heute ist durchaus in der Lage, zwischen großen und kleinen Verlagen sowie zwischen Blockbuster- und Nischensystemen zu unterscheiden. Denke ich an die ersten LotFP-Heftchen waren die aufgerufenen Preise natürlich verhältnismäßig hoch, aber Jim hat halt kleine Auflagen hergestellt und selbst am Wohnzimmertisch gefaltet und getackert. Nach meiner Einschätzung resultieren aus kostenlosen PDFs (bei Grundregelwerken) höhere Verkaufszahlen für die gedruckten Bücher und damit auch mehr Geld für die Autoren. Vor zwei Jahren hat Exile Games das Hollow Earth Expedition Corebook-PDF einen Tag zum Gratis-Download angeboten, ich kenne mehrere Leute, die nach dieser Aktion alle Hollow Earth Expedition Bücher gekauft haben.

    • Zum ersten Satz: Ich bin mir da nicht so sicher. Wenn du dir die Threads in Tanelorn etc. ansiehst, welchen Ansprüchen meine Spiele da tw. ausgesetzt waren, dann herrscht da eher wenig Differenzierung zwischen „Großen“ und „Kleinen“ und wenig Verständnis dafür, dass die Illustrationen nicht perfekt sind oder sich ein Tippfehler auf Seite 18 eingeschlichen hat. Und es gab tatsächlich Stimmen, die die EUR 7,- für Destiny Beginner für überhöht gehalten haben.

  3. Hm, ich messe da mit unterschiedlichem Maß. Basic D&D ist für mich kein vollständiges System, sondern eher eine Demo zum ausprobieren. Ich hab auch eh schon das Starter Set vorbestellt, wobei mir da der Nutzen eher fragwürdig ist. Da ist das PHB eigentlich der Nachfolger, wenn Basic D&D gefällt. Ich finde so etwas grundsätzlich gut, weil ich es als “Demoversion“ verstehe. Finde ich hilfreich, gerade weil ich selten im Lagen kaufe und vorher nicht reinschauen kann, geschweige denn eine Proberunde finde.

    Sorgen macht mir so etwas wie Shadowrun, denn das ist wirklich ein komplettes und vollwertiges Regelwerk, kein “Appetithäppchen“ und das für einen lächerlichen Preis.

    • Du hast absolut Recht, Jan. Ein „Teaser“ ist das eine, ein komplettes Grundregelwerk das andere. Paradoxerweise empfinde ich es auch als weniger problematisch, wenn Verlage ihre GRW umsonst als PDF zur Verfügung stellen als wenn sie ihre Printprodukte zum Dumping-Preis raushauen. Insofern richtet sich meine Besorgnis sogar noch mehr gegen Shadowrun und Savage Worlds als gegen (Basic) D&D und das eben erst als PDF freigegebene Cthulhu.

      • Naja, Savage Worlds wird nicht kostenlos abgegeben und erscheint höchstens in der Taschenbuchausgabe als günstiges Produkt für 10€. Das vollständige Regelbuch mit dem SL-Teil kostet immer noch 35€.

        Trotzdem ist es ein Kampfpreis.

  4. Finde die Entwicklung auch eher bedenklich.
    Bei D&D Basic verstehe ich es. Das ist wirklich nur eine Demo.

    Bei Pegasus mit Cthulhu ist es schon etwas kritischer. Das System kann wohl neue Kunden gebrauchen, da es zumindest meinen Eindruck nach, hauptsächlich von Sammlern für Sammler gemacht wird. Die Version, die verschenkt wird, ist in ein paar Wochen veraltet da CoC 7.0 kommt, wo sich wirklich mal was ändert.

    Shadowrun, ebenfalls von Pegasus, ist aber eine wirkliche Kampfansage. Vor allem sind die Folgeprodukte nicht wirklich besser. Dicke Abenteuer für 10€ und die limitierte Druckfassung aller aktuellen PDFs + Bonusmaterial für SR5 für 20€ im Hardcover. Der Witz ist, dass die PDFs kombiniert 26€ ohne Bonusmaterial kosten. Da werden gerade Fakten geschaffen die ich nicht lustig finde. Ja für mich als Kunden müsste das toll sein, ist es aber nicht.

    Wenn sich das durchsetzt, dann bleiben Ulisses und Pegasus übrig und dann leidet meine Auswahl. Ich möchte weiter Savage Worlds auf deutsch haben. Ich möchte weiter Produkte wie Destiny haben, gibt es dafür aber noch einen Markt wenn das Beispiel Schule macht oder endet es wie bei Prometheus, dass die Fans jedes Produkt vorfinazieren müssen?

    • Schön, dass du weiter Destiny haben willst, Chrischie. Dem kann entsprochen werden. :)
      Zur Vorfinanzierung: Der Trend ist mir ehrlich gesagt auch nicht geheuer, aber vielleicht ist das alte System tatsächlich überkommen und Crowdfunder sind die Zukunft. Durch den Preisdruck werden die Margen ja geringer, die Verlage haben weniger Spielraum für riskante Veröffentlichungen und müssen das Risiko daher durch Crowdfunding umwälzen bzw. neutralisieren. Könnte also alles irgendwie zusammenhängen.

    • Durchaus. Meine Erfahrungen decken sich mit jenen von Georg Mir, der auf diesem Kanal auch „Michtim“ vertrieben hat: Die Bereitschaft, adäquate Beträge zu zahlen, ist da draußen gelinde gesagt gering. Man zieht eine größere Menge an Leuten an, die dann sowas wie „0,10“ eintragen, aber ich bezweifle, dass die sich überhaupt das in depth anschauen, was sie da kaufen. Die Anzahl derer, die wirklich größere oder sagen wir: faire Beträge zahlen, fällt in die Kategorie Einzelfälle. Es ist ein bisschen wie beim Polyeder Podcast: Da haben wir auch 2-3 sehr edle Spender gehabt, die uns mit 10-20 Euro unterstützt haben, und der Rest waren micro donations. Nur dass das bei einer Podcast-Folge noch irgendwo verständlich oder sogar als luxuriös zu betrachten ist, aber bei einem Spiel-Produkt, das Illustrationen, Layout, Hirnschmalz und mehrere Monate Entwicklungszeit gekostet hat, tut das dann fast ein bisschen weh.

  5. Hallo! Danke für den Hinweis auf den Kommentar. Ich stimme Alex zu.
    Mein Ansatz für Pay What You Want ist Folgender:

    1) Mach was PWYW, wenn du bereit bist, es zu verschenken.

    2) Betrachte es als freiwillige Spende.

    3) Versuch ein Event draus zu machen. Eine Geschichte, irgendeine Promo. Erkläre den Leuten, wieviel Herzblut du in das Projekt gesteckt hast. Dann hast du eine Chance, dass es ein paar Leute wirklich interessiert dir Geld zu geben.

    4) Je länger PWYW offen läuft, desto unrentabler wird es. Ich dreh es also immer wieder ab und verknappe so das Angebot. Wenn ich dann wieder bereit dazu bin, mein Spiel herzuschenken, dann mach ich’s wieder auf.

    Ich glaub das war’s für’s Erste. Wenn mir noch was einfällt, sag ich Bescheid.

    LG
    Georg

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