Ideenfindung im Grünen

Alle Schreibwerkstätten und einschlägigen Bücher raten kreativ Schaffenden, Pausen zu machen, spazieren zu gehen, Sport zu treiben etc. Ich selbst habe das lange Zeit nicht verstanden und mir lieber krampfhaft Worte am Computer abgerungen als einen Fuß vor die Tür zu setzen. Wie bei allen Effekten, die man nicht messen kann, befürchtete ich auch hier, dass ich nur Zeit verschwenden würde, die mir letztendlich anderswo abging.

Zumindest im Sommer halte ich es mittlerweile konsequent anders: Ich nutze die Tatsache, dass wir ein Naherholungsgebiet vor der Tür haben, und verbringe so viel Zeit wie möglich in der freien Natur. In den letzten drei Tagen war das Wetter schön und ich so produktiv wie selten zuvor: Die NSCs sind fertig, die Gruppierungen sind fertig, die Städtebeschreibungen sind fertig, und ca. ein Viertel der abenteuerlichen Locations aka „Dungeons“ sind konzeptionell auch fertig. Ich gehe dabei in 3 Stufen vor:

  • Stufe 1 ist die Ideenfindung. Ich sitze auf der Terrasse eines Schutzhauses mit Blick ins Grüne (siehe Foto) und habe ein Notizbuch bei mir. Ich nehme mir ein Thema vor, z.B. was fällt mir zu den Ayasyel-Ruinen ein?, und notiere mir Namen, spieltechnische Details, verbindende Elemente, Plot Hooks etc. Da ich nicht alles immer im Kopf habe, schaue ich Details, die ich bereits festgelegt habe, via Handy in meinem Arbeits-Wiki nach und kehre dann wieder zum Notizbuch zurück. Dazwischen schlürfe ich Kaffee und beobachte die Menschen und ihre Geschichten um mich herum.
  • Stufe 2 ist die Strukturierungsphase. Ich tippe all diese Ideen in mein Arbeits-Wiki, damit sie für mich überall elektronisch verfügbar sind. Meistens als Aufzählungspunkte, die ich bereits thematisch aneinander reihe. Das sieht dann wie im nebenstehenden Screenshot aus. Das mache ich meistens noch am selben Tag; weil es eher eine stupide Sache ist, eher am späten Abend.
  • Stufe 3 ist die Textierung. Ich verwandle die Punkte in einen Fließtext. Das Formulieren und kausale Verknüpfen der Elemente hilft mir dabei, die weniger tollen oder unpassenden Ideen zu erkennen. Ich streiche sie dann einfach adhoc, sie fließen also in den Text nicht ein. Wenn ich merke, dass noch Punkte fehlen, füge ich mir ein To-Do hinzu, über das ich zu gegebener Zeit nochmal nachdenke. Diese Phase ist ebenso zeitaufwändig wie Phase 1, braucht aber wesentlich mehr Konzentration, weil das ganze ja auch sprachlich attraktiv und präzise sein soll und vor allem so rüberkommen soll, wie ich mir die Elemente vorstelle. Und unterhaltsam sollte sich das ganze auch noch lesen, mit einer homöopathischen Dosis Humor bzw. Ironie.

Später, wenn all das ins Layout-Programm wandert, sehe ich erst, ob ich noch Platz zu befüllen habe oder Texte kürzen oder, wie ich immer sage: „eindampfen“ muss. Aber das gehört nicht mehr zum kreativen Prozess (macht auch nicht wirklich Spaß) und soll daher nicht Gegenstand dieses Artikels sein.

Natürlich hat jeder seinen eigenen kreativen Prozess, aber ich hoffe, hiermit dem einen oder anderen Schreiberling unter euch Lust auf „draußen“ gemacht zu haben.

6 Gedanken zu „Ideenfindung im Grünen

    • Ich kann nur schätzen, dass ca. 10 Stunden pro Woche am Computer und wahrscheinlich in Summe weitere 5 Stunden an gedanklicher Arbeit (in der U-Bahn, beim Spazierengehen, vor dem Einschlafen, während der Bildschirmpausen usw.) in meine Spiele fließen. Mehr geht sich neben Familie und meinen beiden Jobs nicht aus. In den letzten zwei Wochen war ich Strohwitwer, daher ging da ein bisschen mehr.

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