DD#31 Sandkastenträume

Ich hänge. Nicht schmerzhaft, aber doch irgendwie in der Luft. Und zwar mit den für Destiny Dungeon geplanten Szenarien, die ja doch ein wichtiger Punkt in diesem Sandbox/World-in-motion-Paket sein werden. Im Urlaub hatte ich ein wenig Zeit darüber nachzudenken, wie ich die Dungeons/Szenarien/Plots gestalten und präsentieren soll. Nun habe ich das Gefühl, dass vieles davon gegensätzlich bzw. schwer zu vereinbaren ist.

  1. Die Dungeons sollen dramatisch möglichst unabhängig von einander sein, also keine „Perlenkette“ bilden. Umgekehrt möchte ich aber eine inhaltliche Verflechtung ermöglichen und nicht bloß 1-Session-Dungeons veröffentlichen.
  2. Sie sollen dynamisch sein, aber die Dynamik darf nicht „vorgekocht“ wirken. Will heißen: In den einzelnen Szenarien soll sich was tun können, aber ohne dass die Spieler das Gefühl haben, dass sich seltsamerweise immer dann was tut, wenn sie zu einem Dungeon hinzustoßen.
  3. Die Spieler sollen ganz offizielle Informationen über die Dungeons erhalten, um auch von sich aus Entscheidungen treffen zu können wie z.B. „Lasst uns zum Feuerwasser-See gehen, dort lebte ein Elementarist, vielleicht wusste der ein Gegenmittel gegen ewig brennendes Feuer!“ Zu wenig Information über die Dungeons nimmt den Spielern die Möglichkeit, sie aus Eigeninitiative anzusteuern, zu viel Information entmystifiziert sie allerdings wiederum. Ursprünglich hatte ich mir überlegt, einen Spielerinfo-Absatz zu jedem Dungeon zu verfassen, in dem sich Fakten und Gerüchte vermischen. Diesen Ansatz sehe ich mittlerweile kritisch, weil er die SCs in die Irre führen und sie im schlimmsten Fall (bei gefährlicheren Dungeons) das Leben kosten könnte.
  4. Auch der optimale Detailgrad will sich mir nicht so recht eröffnen. Mein Ansatz wäre gewesen, zu jedem Dungeon/Szenario – analog zu Flucht von Valmorca – ca. 1 Seite Material zur Verfügung zu stellen. Das reicht allerdings für nicht mehr als einen groben Plotpoint. Meine Idealvorstellung, dem SL auch gleich konkrete Ortsbeschreibungen, Rätsel, Fallen etc. in die Hand zu geben, lässt sich bei dieser Granularität nur schwer erzielen. (Bei Valmorca funktionierte das besser, weil es eher handlungsgetriebene Szenarien waren. Ortsbeschreibungen brauchen deutlich mehr Worte).
  5. Ich möchte keinen unsichtbaren Metaplot über die Dungeons legen, aber trotzdem Möglichkeiten für den SL einbauen, einen Plot aus einem Dungeon heraus zu einem zweiten weiterzuentwickeln. Die Herausforderung wird sein, Elemente so über die Dungeons zu verteilen, dass sich in jedem Dungeon zwei Optionen für den Besuch weiterer Dungeons anbieten, ohne dass sich das ganze nach einer Schnitzeljagd anfühlt. Der Punkt bereitet mir im Augenblick am meisten Kopfzerbrechen, noch dazu, weil ich ja (siehe 1.) keine zu starke Verflechtung möchte und (siehe 2.) keine Plots oder Entwicklungen vorwegnehmen kann/sollte.

Die eierlegende Wollmilchsau ist für den Designer wohl das, was der rasende Keiler für den Jäger ist. Ich melde mich, wenn ich einen Weg gefunden habe, diese 5 Punkte zumindest mehrheitlich zu adressieren. Wohlgemeinte Ratschläge natürlich jederzeit willkommen!

6 Gedanken zu “DD#31 Sandkastenträume

  1. Du könntest dem SL eine Tabelle a la „100 Möglichkeiten Dungeons plottechnisch zu verknüpfen“ in die Hand drücken, in der dann Dinge stehen wie „ein wahnsinniger Magier hat vor langer Zeit mehrere Laboratorien errichtet“, „mehrere Gruppen von Banditen terrorisieren gemeinsam die Gegend, in den Lagern finden die Helden Verträge und Pläne“ oder „eine mächtige Schriftrolle wurde zerteilt, die Abenteuerer finden ein Teil und einen Hinweis auf einen/mehrere weitere“. So überlässt du dem SL ein praktisches Werkzeug, aber du schreibst ihm nicht alles vor.
    Oder du kannst in der Beschreibung für jeden Dungeon zwei, drei solcher Ideen reinschreiben und mit welchen anderen Dungeons man ihn verbinden könnte.

    Auch zu deinem zweiten Sorgenpunkt kannst du Tabellen erstellen, in denen dann kleine „Nebenplots“ stehen – z.B., man trifft auf einen Reisenden, der um Begleitung bittet, in der Nacht stellt sich heraus, dass er ein Werwolf ist.

    Zu 3.: Bei D&D gibt es Wissensfertigkeiten (Wissen Arkanes, Geschichte, Lokales, …). Dies ermöglicht dann, dass die Spieler per Würfelwurf Informationen erhalten können – je besser, desto mehr und genauere.

    Ja, der ideale Detailgrad/Umfang ist sehr schwer zu erfassen. Möchte man dem SL gleich einen fertigen Dungeon mit sämtlichen Gegnern, Fallen, Schätzen und Karten oder nur einige grobe Informationen, was man in dem Dungeon verwenden könnte, in die Hand geben? Ideal wäre etwas dazwischen, damit der SL selber auch einige Gedanken machen muss, aber einige atmosphärisch passende Ideen bekommt.
    Eine Möglichkeit wäre aber auch, den verschiedenen Dungeons Kategorien zuzuordnen und diesen Kategorien Auswahlmöglichkeiten zu Gegnern und Atmosphäre zu geben, z.B. Katakomben (modrige Luft, tief unter der Erde, Skelette und Fledermäuse als Gegner, …), magisches Verlies (gut versteckt, magische Fallen, magische Bestien, …).

    Dein 5. Problem taucht eigentlich nur auf, wenn du den Dungeon komplett planst – denn nur dann musst du dir überlegen, ob du das Symbol des verbotenen Frosch-Kultes in einem Dungeon platzierst und, wenn ja, ob es gut sichtbar über einem blutigen Altar oder versteckt in den Bücherei anbringst. Dann würde die Freiheit des SLs darunter leiden.
    Falls du die Dungeons aber nicht vollständig im Voraus fertigstellst, ist dein Problem 5 gleich deinem ersten Problem.

    Hui, wurde doch länger, als anfangs gedacht. Ich hoffe, ich konnte helfen und habe nicht zu verwirrend geschrieben. ;P

  2. ich gebe zu, es ist schwierig, alle punkte unter einen hut zu bekommen…vor allem dann, wenn der „hut“ seitenmässig so eng bemessen ist wie in dem vorliegenden projekt. ich persönlich denke, dass sich keiner ein „dungeon-rpgs“ kaufen wird, wenn es nicht zumindest 1 hervorragend ausgearbeiteten dungeon enthält. und natürlich die werkzeuge und ideen, weitere zu erschaffen. aber der eine vollausgearbeitete muss quasi die „visitenkarte“ und das aushängeschild sein. so nach dem motto „seht mal: mit diesen Tabellen/Ideen/Werkzeugen könnt ihr so einen Wahnsinnsdungeon machen!“ soweit meine 10 cent

    • Guter Punkt, TheOneKane. Einen Visitenkarten-Dungeon habe ich von vornherein eingeplant, das wird der Dämonenspalt werden. Danke aber, dass du mich daran erinnert hast, das ist mehr als 10 Cent wert. :)

  3. Hmm, keine ganz einfache Aufgabe. Für Pathfinder kommt demnächst ein Megadungeon-Almanach, bei dem 10 Megadungeons auf je 10 Seiten angerissen werden, womöglich ist das ja mal ganz interessant, um zu sehen, wie die das machen.

    Eine Idee für 1.) wäre es, wenn es sich um alte Dungeons handelt, die vom selben Erbauer (bzw. Erbauerrasse) stammen. Hatte mal ne alte AD&D-Kampagne, wo man immer wieder auf Illithidendungeons stieß (also Grabmäler etc., die Illithiden selber waren ausgestorben) und nach und nach wurde klar, dass die Illithiden vor Urzeiten diesen Landstrich beherrschten etc. pp. Ähnlich von Pathfinder der Abenteuerpfad „Rise of the runelords“, wo man nach und nach auf thassilonische Dungeons stößt und langsam mehr über ihre Rolle in der Antike erfährt.

    @2.) Da kommt es immer auf den SL an. Gut ist z.B. eine Zufallsbegegnungstabelle, Prozentangaben (der NSC X ist zu 50% anwesend, zu 10% im Dungeon unterwegs und zu 40% gerade auf Beutetor außerhalb) oder Zeitpläne (der Eingang ist nachts von zwei Goblins bewacht, tagsüber allerdings von víeren). Also alles, was zeigt, dass bewegung im dungeon beherrscht. wenn Du zwei Fraktionen reinsetzt, beschreiben, wie sie zueinander stehen. Wenn z.B. würde die SC die Goblins angreifen und reduzieren, würden dann die Kobolde über die Goblins herfallen und sie vernichten, versklaven oder vertreiben, vielleicht sich gegen Geld zur hilfe überzeugen lassen etc. pp.
    @3: Sandboxing. Nicht leicht. Ich meine, eine Sache wäre sowas wie Setgegenstände (wie in DS), die man über verschiedene Dungeons zusammensammeln muss / kann, aber ich vermute, dass ist Dir zu oberflächlich.
    @4: Das schwierige an dungeons ist imho das Konkrete. Es gab eine deutsche Megadungeonbox, Underberg, wo 50 von 1.000 Räumen (als Beispiel) beschrieben waren. Hab ich nie benutzt. Etwas konkreter darf es sein!
    @5: Ich verweise (auch) auf 1.

  4. Hm, das klingt wirklich verdammt nach dem Gold-scheißenden, untoten Drachenrostmonster mit Eulenkopf. Mir ist nicht ganz klar, ob Du nun nur Dungeonideen liefern willst (1 Seite) oder nen ganzen Dungeon.

    Ich würde in jedem Fall folgendes vorschlagen: Du hast ja eh schon Deine Mainplot Dungeons. Das sehe ich als eine in sich geschlossene Reihe (evtl. mit Verzweigungen), ganz klassisch. Wenn Du eine Sandbox willst, solltest Du definitiv an einigen festen Orten auf der Karte ein paar Dungeons verteilen, über die dann auch die entsprechenden Infos verfügbar sind. Das finde ich auch generell ne Super-Idee. Bzgl. Gerüchten und irreführenden Infos kannst Du ja zu solchen Sachen immer 2 sich widersprechende Versionen reinpacken, das minimiert die Wahrscheinlichkeit einer Fehlinterpretation. Oder nur wahre Infos, nur müssen die Spieler ja nicht immer alle kriegen. Und wenn der Dungeon zu heftig ist: Es ist OSR. Charaktere sollen sterben.

    Ansonsten kannst Du noch ein paar Dungeons lose verteilen, die alle kleine Hinweise auf etwas größeres haben, vielleicht auch nen Megadungeon. Ähnlich dem, was Greifenklaue schrieb. Dann kann man die Dungeons immer noch unabhängig spielen, hat aber den „Thrill“ einer zusammenhängenden Geschichte, wenn man will. Vielleicht über eine besondere Info oder über ein besonderes Item, dass der SL dort verteilen kann, wo er will, wenn er merkt die Gruppe will die große Hintergrundgeschichte. Das Item oder die Info weißt dann deutlich auf die Geschichte hin, so dass die Spieler sie nicht verpassen können.

    Falls Du nur die Dungeons anreißen willst, fände ich Tabellen auch sehr cool mit denen man dann die Dungeons füllen kann. „Ein Raum voller Goblins mit ner Fallgrube“ und sowas. Vielleicht auch so, dass man es mit Geomorphs zusammen benutzen kann um in Nullkommanix nen Dungeon zu erschaffen (Ich empfehle „The Crooked Staff“ Geomorphs, http://crookedstaff.blogspot.com/). Ich denke, das würde dann auch den OSR-Charakter gut treffen.

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