Araclias Rassen oder: Fantasy ohne Elfen und Zwerge

Es war wohl eine meiner mutigeren Entscheidungen, bei meiner großen Fantasy-Welt Araclia genau das wegzulassen, was sich wohl viele Spieler erwarten: Elfen, Zwerge und Orks. Wenn man allerdings bedenkt, dass einer der Hauptzwecke Araclias der ist, eine neue Welt kennen zu lernen und als Spielerunde neu definieren zu können (etwas, das bei den althergebrachten Fantasy-Welten nicht mehr gut möglich ist), dann macht das wiederum durchaus Sinn.

Elfen, Zwerge und Orks sind – nicht zuletzt dank der jüngsten Tolkien-Verfilmungen – überaus stark besetzte Figuren. Und auch schon davor hat der durchschnittliche Rollenspieler viele davon gesehen und selbst gespielt. Kurz gesagt, jeder hat eine starke Vorstellung davon, wie ein Elf zu tänzeln und ein Zwerg zu rülpsen hat. Mit Araclia wollte ich aber eine Welt kreieren, in der die Spieler (und auch Spielleiter) die Chance haben, dem Rollenspiel ihren Stempel aufzudrücken. Sie sollten Möglichkeiten erhalten, sich und ihre Charaktere neu zu erfinden.

Der durchaus radikale Ansatz war daher: weg mit EDO (Elves, Dwarves, Orcs) und her mit ganz neuen Rassen. Na gut, sie sollten nicht so neu sein, dass niemand was damit anfangen kann. Vage Assoziationen sind schon okay, und ich wollte auch keine Freakshow á la Talislanta, sondern ein in sich geschlossenes Gefüge, in das diese Rassen behutsam eingebettet sind. Herausgekommen ist das folgende Set:

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(1) Die Cashataxa-Katzenmenschen sind wankelmütig, egozentrisch und eitel, ordnen ihren Stolz aber gerne unter, wenn es zu ihrem Vorteil ist. Die Gesellschaft steht ihnen gespalten gegenüber. (2) Die Colwulven stammen von den Eiswölfen ab und leben als Waldläufer in den nördlichen Provinzen und in den Wäldern um das Wolkengebirge. Sie haben untrügliche Instinkte, neigen aber auch zu brutalen Gefühlsausbrüchen und Kehlbissen. (8) Als Ssaka’ta werden Menschen bezeichnet, die die „alte Saat“ in sich tragen und einen oder mehrere reptilartige Atavismen aufweisen, z.B. gespaltene Zunge, lidlose Augen oder geschuppte Haut. Weil sie als verschlagen gelten, organisieren sie sich als Subkultur – oder umgekehrt? (6) Die kleinwüchsigen Trosh haben ihre Höhlenwelt im Troshgebirge erst vor kurzem durchstoßen. Man liebt sie überall wegen der Reichtümer, mit denen sie um sich werfen. Sie leben sehr kurz und erleiden immer wieder Anfälle von Amnesie. (7 und 5) Nuephyn und Lynueen sind die letzten Baummenschen-Völker. Sie können sich in Baum bzw. Menschengestalt verwandeln. Die Zivilisation der Menschen ist ihnen nicht ganz grün. (9) Die bleichen Nachtwandler sind die letzten Überbleibsel einer uralten Rasse, die mit einem verheerenden Fluch belegt wurde. Sie verbrennen im Sonnenlicht, weshalb sie ein Dasein in Düsternis suchen und vielfach dunkle Professionen ausüben. Ihr Wesen ist wenig heiter, dafür ist ihr Zynismus um so beißender. (3) Die Gamantulen, die der sterbende Felstitan Gamanto aus sich selbst erschuf, auf dass sie seine Reichtümer bewachen, sind ca. 3 Meter große Riesen mit steinfarbener Haut und langer Lebenserwartung. Sie schlafen viel und reden langsam, aber ihre Seelenruhe kann auch in ein Erdbeben umschlagen. (4) Die haarlosen, sehnigen Krelveten waren einst eine Hochkultur, in der die Menschen als Sklaven dienten. Doch nachdem ihr Gott sie im Stich ließ und ihr Imperium zerfiel, flüchteten sie in die Hochgebirge. Sie leben in gespenstisch stillen Siedlungen und beten scheußliche Geister an, und ihre Schamanen sind der Schrecken jedes catorischen Außenpostens.

Und natürlich gibt es Menschen. Um die wegzulassen, war ich schlichtweg zu feige. (Dieses Experiment wage ich in Destiny Space, man wird sehen, wie es ankommt).

15 Gedanken zu “Araclias Rassen oder: Fantasy ohne Elfen und Zwerge

  1. Ich verstehe nicht, warum auch im deutschsprachigen Raum immer von „Rassen“ die Rede sein muss. Evtl. wird der Begriff in Bezug auf menschenähnliche Wesen nur noch in der Rollenspielszene verwendet, also im deutschsprach. Raum. Dungeonslayers z.B. benutzt „Völker“m aber auch Splittermond hat sich von „Rassen“ nicht verabschiedet.

    • Hm… ich gebe zu, mir gefällt der Ausdruck auch nicht, aber ich kenne keinen anderen. Völker passt nicht, weil es einfach nicht nur unterschiedliche Völker, sondern ähm, ja, Rassen sind. Innerhalb der Menschen unterscheide ich sehr wohl verschiedene Völker, aber die gehören ja alle zur selben, ähm, ja, Rasse. Wenn jemand ein besseres Wort kennt, bitte her damit.

      • Weil der Rassenbegriff halt einfach tauglich ist… Völker sind was Anderes als Rassen.
        Wollte man biologisch korrekt sein, müsste man z.B. bei Menschen und Elfen von „Unterarten“ oder „Subspezies“ sprechen, wenn es im Setting die Möglichkeit von Halbelfen gibt, während Zwerge und Menschen, zwischen denen es keine Mischlinge gibt, unterschiedliche Spezies bzw. Arten sind.
        Nur halte ich solte modernen taxonomischen Sortierungen in einem Fantasy-Setting für unpassender als dass es Schwierigkeiten macht, bei dem Wort „Rasse“ nicht gleich reflexhaft an die böse deutsche Vergangenheit zu denken… da sollte man wirklich die Kirche im Dorf lassen.

      • Es sind halt nun einmal Rassen und es gibt dafür afaik kein wirkliches anderes Wort, höchstens ähnliche. Es geht hier ja nicht um Rassentrennung und Euthanasie, da ist es bloß der „Oh, mein Gott, er hat Hitler gesagt“-Reflex, der gegen „Rassen“ spricht, sonst nichts.

  2. „Rasse“ ist in der Biologie angeblich nur noch im Bereich der Haus- und Nutztierzucht gebräuchlich. „Art“ ist vermutlich treffender (und weniger hochtrabend als „Spezies“). „Volk“ ist durch die Unschärfe des Begriffs vermutlich auch gar nicht so falsch, aber könnte eben auch irreführend sein (speziell in Verbindung mit biologischen Vorstellungen). „Ethnie“ trifft es wiederum nicht (finde ich). Andere Begriffe („Gruppe“, „Typus“…) bringen wohl auch wieder eigene Vor- und Nachteile mit sich.

    Eine weitere denkbare Konstruktion: Der Rassengedanke wird im Setting verankert. Die Bewohner der Welt unterteilen sich selbst in diese „Rassen“, und nur wenige (vielleicht auch eine einzelne „Rasse“ selbst) stimmen dieser Kategorisierung nicht zu. „Mischlinge“ bemühen sich, in einer bestimmten Rasse akzeptiert zu werden. Wenn es ihnen misslingt, werden sie zu Außenseitern. Hm, jetzt wird schon eine Regelidee daraus: Bei der Charaktererschaffung wählen die Spieler zwei Rassen aus, von denen sie jeweils Merkmale aufweisen, und müssen wählen, ob sie in einer der beiden akzeptiert sind, oder ob sie Ausgestossene sind. „Reinrassige“ Wesen kann man nicht spielen.

  3. Hmm es gibt verschiedene Ebenen. a) Z.B. kann im Setting Rassismus eine Rolle spielen (spielt es bei Tolkien z.B. auch irgendwo, oder bei Drizzt, der hat zusätzlich auch noch eine dunkle Hautfarbe), und im verkauften b) Produkt könnte Rasse in Anführungszeichen gesetzt werden bzw. ein andere Begriff genutzt werden. was Jonas sagt: wo ist der Begriff sonst noch gebräuchlich? das ist auffällig in der Rollenspielszene… da er sonst fast nirgends gebraucht wird. Bei Hunden, Kaninchen und Pferden evtl….

    • Ich bin dir jedenfalls sehr dankbar für deine Beobachtung, denn es hat – unbewusst – einen wichtigen Aspekt von Araclia angesprochen, den ich in meinem nächsten Artikel gemeinsam mit dem Thema Rassismus nochmal aufgreifen werde. Danke dafür!

  4. DAS hasse ich so an der deutschen Rollenspielszene. Da macht sich einer Mühe, stellt seine Ideen dar… und es entbrennt eine Diskussion um die Verwendung des Wortes Rasse.

    Im Englischen sagt man auch races – und KEIN MENSCH stört sich daran. Aber Neusprech muss halt einkehren… koste es was es wolle.

    Zum Wesentlichen: guter Ansatz. Nach meinen Erfahrungen sehnen sich Spieler aber schnell nach Dingen, die sie kennen – also 80% Gewohntes (ala Tolkien, Forgotten Realms, whatever) nud 20% Neues. Das solltest du vielleicht vor Augen haben…
    Ich bin auf mehr Infos zu den Colwulven gespannt. Erinnert mich ein wenig an Palladium Fantasy – im positivem Sinne!

  5. Oh, und ich habe meinen Senf zur Verwendung des Wortes „Rasse“ im anderen Artikel hingeklatscht, dabei gab es hier schon eine Diskussion. Naja.

    Grundsätzlich ist die Auswahl, die Du getroffen hast, sehr interessant. Mich stört allerdings auch nicht, wenn es EDO gibt – sprich: es muß nicht auf Deubel komm‘ raus unbedingt was anderes, ganz toll und niemals nicht dagewesenes gemacht werden. Man kann ja die EDO-Rassen kulturell in einen anderen Kontext setzen (wie es Larry Elmore in „Sovereign Stone“ für meinen Geschmack ganz gut gemacht hat). Aber Menschen nicht außen vor zu lassen, finde ich (i.d.R.) richtig und wichtig, bieten sie doch einen gemeinsamen Nenner, um sich in ein neues Setting erstmal einzufühlen.
    Das Interesse an Araclia wächst und wächst! :)
    Achso: Katzenmenschen ftw! 😀

  6. Hallo,

    eine spannende Idee, auf komplett neue Rassen zu setzen. Allerdings – Trosh ähneln Zwerge, Lynueen ähneln Elfen, Nachtwandler ähneln Vampiren, die Krelveten sind so eine Mischung aus Ork und Oger etc. etc.

    Dass es EDO schon so lange im Fantasy-Genre gibt, hängt wohl damit zusammen, dass sie archetypisch bestimmte Eigenschaften des Menschen abbilden. Man kann diese Eigenschaften neu zusammenwürfeln, aber die ikonischn Urbilder bleiben dennoch im Hinterkopf – schließlich haben die sich aus seiner langen Märchen- und Mythentradition herausgebildet. Trotzdem, tolle Idee.

    • danke für die Rückmeldung! Lustigerweise sind die von dir genannten „Vorbilder“ gar nicht die Vorbilder gewesen. Ich denke, jede moderne Fantasy-/SF-Rasse lässt sich auf ein „Urbild“ zurückführen, je nachdem, worauf man als Spieler/Leser sein Augenmerk richtet. Ich versuche bei meinen Spielen zwar gewisse Archetypen zu bedienen, aber immer auch etwas Neues reinzubringen. Der Witz ist ja der, man soll als Spieler und Spielleiter Hemmungen abbauen, von einem bereits ausgelutschten Rollenbild abzuweichen und vielmehr sich Neues trauen. Neue Rassen, so bekannt sie auch scheinen mögen, haben den Bonus, dass sie unbeschriebene Blätter sind. Das ganze muss natürlich zumindest so verschieden sein, dass man nicht das Gefühl hat, einem Etikettenschwindel aufzusitzen.

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