DD#28 Ich seh‘, ich seh’…

Heute möchte ich inhaltlich aus dem Nähkästchen plaudern und ein Beispiel dafür geben, wie das Definieren eines einzigen Zauberspruchs einen ganzen Abend verbraten kann und welche komplexen Überlegungen hinter einer einzigen kleinen Regel stehen können.

Vorgestern traf ich mich mit meinem Trauzeugen Roland, der zugleich „Chef-Analytiker“ der Destiny-Talente war und mich schon vor so manch kapitalem Fehler bewahrt hat. So pendelten wir in der Wiener Innenstadt von Café zu Café, nur beim Thema kamen wir nicht von der Stelle: Der Seher in Destiny Dungeon.

Der Seher ist einer der problematischsten Archetypen, die es im Rollenspiel gibt. Was ihn eigentlich auszeichnen sollte, ist, dass er durch Zeit und Raum sehen kann, aber beides sind Dinge, die sich im Spiel schwer und in einem crunchigen Regelwerk wie Destiny noch schwerer abbilden lassen. Alle Talente, die mit Timing zu tun haben, sind extrem heikel (wer Magic The Gathering kennt, weiß, wieviele Fragen alleine das Thema Instant und Interrupt aufwirft), solche, die mit klassischer Hellsicht zu tun haben, haben enormes Spoiler-Potenzial.

Konkret ging es darum, dem Seher ein neues Grad 0-Talent angedeihen zu lassen, das ihm hilft, seine Rolle zu verkörpern, aber nur beschränkt mächtig ist. Man muss dazu sagen, dass in der momentanen Fassung von Destiny Dungeon die Archetypen-Talente ohne Probe, also jedenfalls gelingen und Grad 0-Talente zudem auch keine Destiny-Punkte kosten. Die Frage war also: Was kann man dem Seher quasi „frei Haus“ geben, ohne die Spielbalance zu gefährden?

  • Gefahreninstinkt? Lieber nicht. Ein Seher in der Runde, und jeder SL kann sich seine Überraschungsangriffe, Fallen und plötzlichen Entwicklungen an den Hut stecken. Und das nicht hin und wieder, sondern ständig. Wir erwogen kurz, den Seher nur seine Nachteile vermeiden zu können, aber das ist wenig kooperativ und könnte dazu führen, dass die Gruppe ihn anstelle des Diebes vorschickt. Lieber nicht…
  • Gedankenband? Der Seher als gedankliche Schaltzentrale zwischen den Gefährten? Eine Legitimation dafür, dass Spieler sowieso immer ein Quäntchen Spielerwissen in ihr Rollenspiel einbringen, zumindest unbewusst? Dauernd, ständig, unter allen Bedingungen? Sehr passiv, auch nicht das Gelbe vom Ei.
  • Telepathische Verständigung? Auf den ersten Blick ziemlich cool: Seher mit Schweigegelübde, der hauptsächlich telepathisch kommuniziert – warum eigentlich nicht! Auf den zweiten Blick ziemlich uncool, denn dann kann ich als Seher die NSCs mit ständigem un-ort-barem telepathischem Geschwafel zwangsbeglücken, ablenken und mobben. Geht als Grad 0-Talent nicht durch.
  • Letztendlich sind wir bei etwas ganz anderem gelandet, das ich bereits in Araclia implementiert hatte und nun wieder ausgrub: Der Seher hinterlässt an einem Ort einen Teil seiner (optischen) Wahrnehmung, ich nenne es sein Drittes Auge. Er kann dadurch jederzeit an diesen Ort (zurück)blicken und auf dortige Ereignisse – gleichsam wie auf Bewegungen im Augenwinkel – aufmerksam werden. Die genauen Details sind noch zu spezifizieren, wie lange, wie deutlich etc., aber im Grunde glaube ich damit, einen ganz nützlichen Utility-Zauber für den Seher gefunden zu haben. Normalerweise werden solche Zauber ja selten verwendet, weil man nur ungern Punkte für etwas ausgibt, von dem man nicht weiß, ob es relevant wird. Da aber Grad 0-Talente keine Punkte kosten, sollte das hier kein Thema sein.
    Und indem ich Audio ausspare und den Seher nur hellsehen, nicht aber hellhören lasse, bringe ich den SL nicht in die Verlegenheit, dauernd ausgefeilte Dialoge zwischen seinen NSCs wiedergeben zu müssen. Er beschränkt sich dann einfach auf Gesten, Gesichtsausdruck, Gegenstände, die übergeben werden, und wenn es wirklich wichtig ist, kann man ja immer noch Würfe auf INT/GES (Lippen lesen, Körpersprache deuten) zugestehen.
    Was mir an dem Dritten Auge auch gut gefällt: Es eröffnet dem SL die Möglichkeit, auch Interaktion zwischen NSCs darzustellen, vielleicht eine Alltagssituation oder einfach nur eine lustige Szene zu beschreiben oder gezielt Hinweise auszugeben, die er sonst nicht untergebracht hätte.

Roland hatte am Ende unseres Brainstormings noch ziemliche Zweifel. Mal sehen, ob sie sich als berechtigt herausstellen. Das ist das Spannende am Designprozess: Bis zum Test weiß man nie, welche Regeln sich bewähren.

Da fällt mir ein: Ich seh‘, ich seh’… die Auflösung zum Fehlersuchbild von DD#27: Völlig zurecht haben einige festgestellt, dass es nicht nur 1 Ungereimtheit gibt – naja, niemand ist perfekt. Was aber zumindest für mich am schwersten gewogen hat, war die Tatsache, dass der Gaukler mit dem Rücken im Netz steht und auch noch die Hände hoch hält. Es muss sehr seltsam anmuten, wenn ein Gaukler mit hoch erhobenen Händen rückwärts durch einen Dungeon spaziert. Aber hey, vielleicht wich er vor Armbrustschützen zurück, die ihn ins Innere drängten! Scherz. John hat mittlerweile zugegeben, dass er beim Skizzieren nicht Herr seiner Sinne war, die (etwas) verbesserte Fassung zeige ich hier in Kürze.

DD#15 „Kleinere“ Anpassungen: Archetypen

Damit Destiny Dungeon nicht nur old-school heißt, sondern auch old-school ist, werde ich das Regelwerk Destiny nicht unverändert übernehmen (obwohl das für mich der leichtere Weg wäre), sondern es auf old-school tunen, also modifizieren. Wie das mit Anpassungen so ist, muss man dabei vorsichtig sein, denn ein kleines Rädchen zu drehen kann bedeuten, die gesamte Mechanik, das Spielgefühl oder die Balance im System zu gefährden.

Heute nehme ich mir – behutsam – das Thema Archetypen vor. Wie ihr vielleicht wisst, ist Destiny ein Archetypen-loses Rollenspiel, d.h. alles, was die SCs dort können, ergibt sich aus Attributwerten und gewählten Talenten (= Feats, Spells, Manöver…), wobei es den Spielern obliegt, die zu ihrem Character passenden Talente zu wählen; Restriktionen gibt es dort nicht. Für Destiny Dungeon schwebt mir hingegen mehr Exklusivität vor:

  • Es wird Archetypen geben: Waldläufer, Krieger, Magier, Hexer/Druide/Priester, Dieb, Seher, Mringaner(-Spielmann), Uktaurer(-Barbar) sowie Elfen und Zwerge. In Stein gemeißelt sind die konkret angeführten noch nicht, daher auch die Schrägstriche. Ich muss hier vorläufig flexibel bleiben und schauen, wie sich am Ende die Pakete schnüren lassen.
  • Jeder Archetyp wird einen primären Aspekt haben. Das wird beim Waldläufer Natur sein, beim Magier Magie usw. Der primäre Aspekt tut vorläufig mal nichts, aber ich behalte ihn in der Hinterhand, falls ich später Dinge steuern möchte, ohne die Archetypen zu bemühen (denn Regeln wie „Magier dürfen keine Waffen über W+2 TP führen“ mag ich bis heute nicht).
  • Jeder Archetyp wird ein Bündel Talente erhalten, die nur er lernen kann. Ein Bündel enthält je ein Talent des 0., 1., 2. und 3. Grades, also quasi 4 besondere Fähigkeiten. Ich bin noch am Überlegen, ob der Archetyp zumindest die ersten beiden Talente seines Bündels verpflichtend nehmen muss. Es hätte den Vorteil, dass der Archetyp dadurch überzeugend(er) dargestellt werden kann. Eine erste grobe Analyse der bereits vorhandenen Destiny-Talente (siehe Bild) hat mir gezeigt, dass sich entsprechend exklusive Bündel schnüren ließen.
  • Zusätzlich können SCs bei Stufenanstieg Talente aus einem allgemeinen Pool lernen, um sich zu differenzieren. Damit eben nicht alle Magier alles gleich können, sondern der eine vielleicht gut mit Menschen umgehen kann, der andere womöglich im Kampf irgendeinen Trick beherrscht o.ä.
  • Die Affinitäten, die in Destiny mit den Völkern gekoppelt waren, wird es in Destiny Dungeon nicht geben. Als Ersatz schwebt mir ein Konzept vor, welches die Motivation der Charaktere auf Archetypen-Ebene einbindet und für gewisse Ziele/Ereignisse Gold oder Erfahrung o.ä. bringt. Ich hab’s noch nicht durchgedacht, aber Sinn des Ganzen sollte sein, dass die Archetypen archetypische Ziele verfolgen, und zwar weil es ihnen auch spieltechnisch etwas bringt und nicht nur zur Rolle gehört. Vom Gedanken her in die Richtung „Dieb kriegt Extra-XP für Gold“, aber vielleicht doch subtiler und interessanter und vor allem so gestaltet, dass die Archetypen nicht zu goldgierigen, mordenden oder Zauberbücher fressenden Maschinen degradiert werden.

Formell werden die Archetypen jeweils 1-2 Seiten im Buch bekommen, auf denen sie äußerlich und charakterlich umrissen sind und ihre Rolle in Vergangenheit (Geschichte) und Gegenwart des Settings skizziert wird. Idealerweise braucht ein Spieler dann nur „seine“ 1-2 Seiten lesen und weiß trotzdem über die wesentlichen ihn betreffenden Dinge Bescheid, z.B. wo die Hauptstadt seiner Leute ist, welche Gottheit er verehrt, wo er erwünscht ist und wo vielleicht nicht so gern gesehen. Wenn es sich ausgeht, garniere ich das noch mit Tabellen zum Erwürfeln von Ereignissen in der Backstory des Charakters. So etwas macht immer Spaß und inspiriert beim Erschaffen.

DD#14 Menschenvölker im Istarea-Tal

Wie so mancher unter euch sicher schon in meinem Layout-Preview bemerkt hat, habe ich auch schon Völker für Destiny Dungeon skizziert. Dabei war es mir ein Anliegen, solche zu schaffen, die allerorts anzutreffen sind, sich von der Mentalität unterscheiden und trotzdem SC-Gruppen-tauglich sind. Hier sind sie (in Kurzfassung):

Istareer. Sie sind die Nachkommen der Siedler, die vor einem halben Jahrtausend das Istarea-Tal betreten und hier eine neue Heimat gefunden haben. Sie befürworten klare Strukturen und zeigen einen fast militärischen Gehorsam, ohne den sie als Volk im Krieg gegen die Horden nicht überlebt haben könnten. Ihre Lebensweise ist pragmatisch und aufs Überleben ausgerichtet, für komplizierte Zusammenhänge und Theoretisches haben sie keinen Sinn. Ihr Blick ist auf die Zukunft gerichtet, nicht auf die Vergangenheit. Regiert werden sie von einem König, seinen Grafen und deren Mumpfdiwumpfs (nach einem geeigneten Titel suche ich noch). Von allem, was gefunden oder ererbt wird, bekommt 1/3 das Königreich zum Bau von Straßen und Befestigungen und 1/3 die Kirche der Pakya.

Mringaner. Sie sind Nachkommen der ersten Fahnenflüchtigen und bis heute rechtlos. Sie leben in den Wäldern und ziehen umher, um allerorts die Brosamen des Königreichs aufzupicken. Vor ca. 400 Jahren, als viele alte Elfen starben, wurden einige ihrer Familien als „Zuchtpartner“ erwählt. Die daraus entspringenden Elfen behielten die Elfenbabies, die menschlichen Kinder gaben sie wieder zurück. Deshalb schlagen bei den Mringanern zuweilen elfische Merkmale durch, z.B. äußerliche Attraktivität, Kunstsinnigkeit (besonders bei Schnitzereien), Musikalität und Rhythmusgefühl. Mringaner sind intuitiv und freiheitsliebend. Ihre Familien definieren sie nicht über Blutsbande, Obrigkeiten nicht nach Statuen, und Gesetz ist für sie, was sich richtig anfühlt.

Uktaurer. Die Uktaurerstämme lebten bereits in den Bergen, lange bevor die Siedler nach Istarea kamen. Sie sind ein extrem vitales Volk, breitschultrig und großgewachsen. Sie erhielten von den Elfen Zaubersaat, damit sie nicht ins Tal plündern kommen mussten, doch nach dem Einfall der Horden ging ihnen die Zaubersaat aus und sie kehrten zum Nomadentum zurück. Sie leben in einer archaischen, mit Tieren und Tiergeistern eng verbundenen Gemeinschaft und glauben auch an die Wiedergeburt als Tier. Sie sind extrem monogam und erwählen im Laufe eines Lebens nur einen einzigen Partner, dem sie über den Tod hinaus treu bleiben. Sie gelten grundsätzlich als umgänglich, nur wenn ihre Vorräte zur Neige gehen, ist niemand vor ihren Plünderzügen sicher.

Damit sollte ich jeden potenziellen Archetyp abdecken können. Barbaren, Bergläufer, Tiermeister sind Uktaurer; Barden und Gaukler sind Mringaner; die restlichen klassischen Heldentypen werden Istareer. Damit erhält jeder Archetyp auch einen kulturellen Kontext, der ihn von den anderen abhebt und interessant macht. Mit den Elfen und Zwergen wird Destiny Dungeon also 5 Völker anbieten – ich denke, das ist ausreichend für ein Setting dieser Größe und auch für Spieler verdaulich, die nicht gerne seitenweise Hintergrund lesen, bevor sie einen Character erschaffen.

DD#11 Tragische Zwerge

Für die vielen interessanten Rückmeldungen zu den Elfen bedanke ich mich herzlich und setze mein Design Diary gleich mal mit einem Zwischenstand zu den Zwergen fort. Auch hier gilt es das Klischee zu strapazieren, gleichzeitig aber den Archetypus zu wahren.

Äußeres. Die Zwerge von Istarea mögen lediglich die Größe eines Kindes erreichen, doch ihre Gesichter sind alt und ihre Körper robust wie das Erz, das sie zu Tage fördern. Typische Merkmale sind tiefliegende Augen, breiter Nacken und kurzfingrige, schaffenskräftige Hände. Ihre dichten Bärte schützen sie vor Kälte und vor Sonnenlicht, auf das ihre Haut mit starker Rötung reagiert.
Geschichte. Schon frühzeitig litt das Zwergenreich an einem Mangel an Frauen. Neid und Inzest waren die Folge. Die Elfen boten den Zwergen an, für sie Tränke zu brauen, die dafür sorgen sollten, dass mehr Zwerginnen geboren würden, im Austausch dafür, dass sie ihnen Limis zu Tage förderten. Die Zwerge willigten ein, doch sie behaupten bis heute, betrogen worden zu sein: Zwar entfalteten die Tränke ihre Wirkung, doch schwand auch mit jeder Generation von Zwergen ein Quäntchen ihrer Fähigkeit zur Dunkelsicht. Misstrauisch lehnten sie daher weitere Tränke ab und werkten eine Zeitlang für Gold und Edelsteine, ehe die Schätze der Elfen zur Neige gingen. Als die Zwerge die Arbeit niederlegten und das Limis knapp wurde, fielen die Elfen über die Zwerge her und versklavten sie kurzerhand. Gegenwehr gab es keine, denn die Zwerge waren stets friedliebende Handwerker gewesen und hatten noch nie einen Krieg gefochten, und schon gar nicht gegen einen Gegner, dessen Waffe Zauberei war. Zwergenfürst Targax haderte lange mit sich, doch schließlich konnte er die Unterjochung und die Demütigungen durch die Elfen nicht mehr ertragen und ließ Haguls Horn blasen. Seine Hoffnung, die Zwerge wären in ihren unterirdischen Anlagen sicher, erwies sich als Irrtum: Die Horden fanden Wege in jede zwergische Anlage und trieben die Zwerge an die Oberfläche, jagten sie durch das Tal, bis sie eines späten Tages in den Gebirgen zur Ruhe kamen.
Lebensweise. Der Großteil der Zwerge lebt in den zwei großen Bergstädten Hagulsheim und Grorulsklamm in Sippen, die durch ihre weiblichen Angehörigen alle irgendwie mit einander verwandt sind. Jede Familie besitzt Gold, und wer mehreren Familien angehört, besitzt mehr Gold. Wer am meisten Gold besitzt, genießt das größte Ansehen und wird als Vongram (“Fürst”) akzeptiert. Zwergenfrauen stehen außerhalb dieser Ordnung: So angesehen sie sind, Eigentum am Familiengold steht ihnen keines zu. Das Tagwerk der Zwerge besteht in der Erhaltung und Erweiterung ihrer unterirdischen Anlagen und dem Zutagefördern von Rohstoffen. Mittlerweile haben die Zwerge auch die Notwendigkeit des Kriegshandwerks erkannt. In Grorulsklamm werden Zwergenkrieger zwar immer noch als fremdartig angesehen, aber in Hagulsheim hat ihr Ruf schon längst jenen der Handwerker überflügelt.
Charakter. Zwerge sind körperlich ausdauernd, fleißig und arbeitsam. Handwerk ist bei ihnen kein Beruf, sondern eine Leidenschaft, verbunden mit einer Liebe zu schönen und seltenen Dingen, die zuweilen in Geiz und Gier ausartet und immer wieder Zwergenbanden im Königreich Ruinen plündern lässt. Von anderen Völkern werden Zwerge als stur und unnachgiebig empfunden, wiewohl sie ihre Vorliebe für Wein, Weib und Gesang mit den Menschen verbindet. Alte Traditionen und Gebräuche haben bei ihnen großen Stellenwert; Freigeister gibt es unter ihnen kaum.
Besonderheiten. Zwerge werden ungefähr zehnmal so alt wie Menschen, ihr Reifeprozess ist jedoch sprunghaft und unberechenbar. Manche alten Zwerge haben das Gemüt eines Kindes, andere wiederum sind schon in jungen Jahren sehr weise. Einschätzen kann man sie schwerlich, da ein Zwerg mit 50 Jahren bereits alt aussieht und sich danach nicht mehr stark verändert.

Die größte Besonderheit der Istarea-Zwerge ist, dass sie ein sehr friedliebendes Volk sind, das eine tiefe Abneigung gegen Krieg hat und sich trotz der Ereignisse nur schwer von dieser Überzeugung trennt. Ich hätte den Gedanken ja noch gerne weiter gesponnen, aber ich denke, dass Spieler, die einen Zwerg spielen, auch zuschlagen können wollen, daher darf der Zwergenkrieger kein Unikat seiner Rasse sein. Persönlich sehe ich bei den Zwergen noch etwas kreativen Bedarf, aber als Version 0.1 muss es mal reichen.

DD#10 Elfen á la Sumpf

Ob ich für Gnome und Orks einen Platz in Istarea finden möchte, ist noch immer ein offener Punkt; aber wenn, dann sicherlich nicht als Spieler-Rasse. Feststeht, dass man zwischen Elfen und Zwergen und einer Handvoll Völkern wird wählen können. Heute möchte ich mal einen Zwischenstand zu den Elfen ziehen.

Äußeres. Das Erscheinungsbild eines Elfen erinnert an den Nimbus der Vollkommenheit, der diesem Volk einst anhaftete. Immer noch sind es die hohen Wangenknochen, die ihren Gesichtern Würde verleihen, und immer noch unterscheiden sie die exotisch gefärbten Augen und spitz zulaufenden Ohren von den Menschen. Doch ist ihre Haut mittlerweile fleckig von den Kräutern, die ihnen als Ersatz für das Limis dienen, und ihre animalische Körperspannung zeugt eher vom Leben in der Wildnis als von den Früchten ihrer einstigen Zivilisation.
Geschichte. Die Geschichte der Elfen geht weiter zurück als Menschengedenken, und auch Elfen erinnern sich nur bis zum Goldenen Zeitalter, in dem Limis buchstäblich aus der Erde quoll und die elfische Kultur zu ihrem Zenit führte. Später brauchten die Elfen die Zwerge, um das Limis zu fördern, und eines Tages verrieten diese sie, indem sie Haguls Horn bliesen und die Horden nach Istarea brachten. Die Horden kamen von überall und vernichteten in wenigen Monden, was die Elfen über Jahrhunderte hinweg aufgebaut hatten.
Lebensweise. Heute leben die Elfen zurückgezogen in den Sümpfen und Mooren, deren Dämpfe zumindest Spuren von Limis enthalten. Sie kultivieren dort ihr magisches Erbe und kehren zu manch archaischer Tradition zurück. Nur in kleiner Zahl suchen sie die Nähe der Menschen, handeln mit ihnen oder stellen sich als Ortskundige zur Verfügung. Viel öfter geschieht es, dass sie ihrer magischen Künste wegen aufgesucht werden. Tatsächlich haben die Elfenmagier auch den größten Einfluss innerhalb eines Stammes. Sie sind Heiler, Priester, Seher und Ratgeber mit weit größerer Macht als der Erendayn (“Verdienteste/r”), auch wenn dessen Wort als Gesetz gilt.
Charakter. Elfen wertschätzen ihr (langes) Leben in einem für Menschen nicht nachvollziehbaren Ausmaß und sind nach deren Maßstäben übervorsichtig und misstrauisch zu nennen. Auf die jüngeren Völker blicken sie mit den Augen einer alten Rasse, die sich für erfahren hält und aus der mildtätige Güte ebenso wie kalte Geringschätzung entspringen kann. Da die Zeit üblicherweise für sie spielt, sind sie äußerst geduldig und nicht leicht aus der Reserve zu locken. Von Menschen werden sie üblicherweise als in sich gekehrt, gefühllos und berechnend empfunden.
Besonderheiten. Elfen erfreuen sich der zehnfachen Lebenserwartung eines Menschen, d.h. schon ein Elfenkind hat mehr Lebenszeit verbracht als ein Mensch im hohen Alter. Aufgrund ihrer Lebensweise sind es jedoch vorwiegend spirituelle Erfahrungen, die die Elfen in diesen ersten Lebensjahrzehnten erlangen, während sie körperlich erst mit 250 ihren Zenit erreichen.

Kurz gesagt: Die Elfen sollen mystischer, okkulter werden. Für das Klischee des Vulkanier-Besserwissers ist kein Platz, weil sie als Hochkultur zwar alles hatten, aber auch alles verloren und nun Trost in alten Traditionen suchen. Der Sumpf als Lebensraum hilft dabei, das Klischee zu biegen, und dass die Menschen die Retter des Settings sind und nicht die Elfen, sollte ebenfalls dazu beitragen, dass sie eher neidisch und leicht feindselig denn arrogant und superior rüberkommen.

So weit mal ein erster Schnappschuss von meinen Elfen. Ich betrachte das als Arbeitshypothese, auf der ich Örtlichkeiten, Persönlichkeiten und Szenarien und letztendlich dann auch die Heldentypen aufbaue. Ich spiele noch mit dem Gedanken, das Klischee stärker zu brechen, aber ich möchte es auch nicht übertreiben, immerhin soll Destiny Dungeon ja einen traditionellen Kern haben.

DD#09: Rasse und Klasse oder Rasse als Klasse?

Bisher entwickelte ich meine Spiele hauptsächlich nach der Prämisse: Jeder soll alles können können und nicht durch Archetypen eingeschränkt werden. Bei Destiny kann man etwa seine Attribute frei wählen, man sucht sich dann ganz flexibel Talente zusammen und kann so (wenn man will) auch schwache Krieger oder zauberkräftige Diebe verkörpern. Der Spieler hat die Freiheit, alles zu verkörpern, vom Henker über den Schmied bis zum geisteskranken religiösen Fanatiker. Freilich liegt die Verantwortung, „sinnvolle“ Figuren zu bauen, auch beim Spieler.

Dieser „reife“ Ansatz resultiert vor allem aus den langen Jahren DSA, in denen wir alle verfügbaren Heldentypen tot spielten und endlich andere spielen wollten, auf deren Konzepte der numerus clausus an Archetypen jedoch nicht passen wollte. Jetzt, in Destiny Dungeon, aber stehe ich vor einem Umdenken: Old-school bedeutet für mich, dass sich Charaktere traditionellen Herausforderungen widmen, und ich möchte in Destiny-Dungeon nicht den Anschein erwecken, man könne jede Art von SC erschaffen, aber ohnehin nur ein kleiner Teil davon hätte eine realistische Chance, sich einzubringen bzw. zu überleben. Freilich könnte ich diese Wertigkeit auch in die Hände der Spieler legen, aber für mich ist das nicht Old-School. Ergo: Archetypen müssen wieder her.

Und da stehe ich nun und frage mich: Wie bilde ich Rassen ab? Ich habe gestern mit meinem Chef-Analytiker ein bisschen darüber sinniert und einige Varianten durchgespielt. Ich komme immer wieder zu dem Punkt, den ich bei DSA immer verteufelt hatte, nämlich, dass es durchaus Sinn macht, Rassen als Klassen anzubieten. Man erinnere sich: Buch der Regeln, Kapitel Heldentypen, da gab’s Magier, Krieger, Abenteurer, Elf und Zwerg. Der Vorteil dieser Variante, von der ich immer dachte, hier würden Äpfel und Birnen gemischt, ist nicht so offensichtlich: Hier werden nicht etwa unzulässigerweise Berufe und Rassen vermischt, hier werden Pakete geschnürt. Sinnvolle, unterscheidbare Pakete, die sich auf das Wesentliche, eben Archetypische beschränken. Mag sein, dass es irgendwo tief in den Bergen einen Zwergenmagier gibt, aber wie typisch ist er für die Rasse und welche Berechtigung hat er, als SC ins Spiel zu treten und das Bild, das die Spieler von den Zwergen haben, zu prägen?

Vor allem, was ist die Alternative? Ich könnte á la AD&D zwei Dimensionen einführen (Rassen, Klassen), aber dann müsste ich erst wieder künstliche Beschränkungen aufziehen (keine Barbaren-Elfen, keine Magier-Zwerge…) oder aber wir sind wieder bei dem Punkt, dass es in der Verantwortung des Spieler liegt, sinnvolle Kombis zu wählen; und sobald das der Fall ist, brauche ich gar keine Archetypen mehr.

Ich tendiere also zur Zeit sehr dazu, die Rassen in Istarea als Archetypen abzubilden und nicht über oder unter, sondern neben die klassischen „Berufe“ Krieger, Magier, Waldläufer usw. zu stellen. Freilich müssen sie in dieser Form breit genug angelegt werden, dass man als Spieler ausreichend Gestaltungsspielraum hat.

Aber was meint ihr? Rasse und Klasse als zwei unabhängige Dimensionen, oder Rasse als Klasse?