DD#36 Gut Ding will Weile haben

Blöder Satz, aber er trifft irgendwie zu. Heute ist es offiziell: Ich habe meine selbstgesteckte Deadline nicht erreicht. Destiny Dungeon wird nicht zum 1.9. fertig werden. Anlässlich dieses Eingeständnisses habe ich versucht zu analysieren, woran’s gelegen hat.

  • Zum einen habe ich mich beim Regelwerk weiter von Destiny entfernt als ursprünglich erwartet. Mit den Archetypen-Gaben habe ich eine ganz neue Baustelle aufgerissen, weil eine ganze Menge Talente neu definiert und ausbalanciert werden musste. Auch das Gold-in-Erfahrung-Umwandel-Konzept hat einiges an Balancing gebraucht, ehe es hieb- und stichfest war.
  • Ich habe viel mehr Tabellen verfasst als ursprünglich gedacht. Mittlerweile gibt es Tabellen für Schätze, Handelswaren, Zufallsereignisse, Zufallsbegegnungen, NSC-Relationen, Haar- und Augenfarbe, äußere Merkmale von NSCs, Gerüchte, Elixiere, Artefakte usw. Das sind doch etliche Tabellenseiten mehr als geplant. Geplant war nämlich gar keine.
  • Es wird ein Kapitel über Strongholds (deutsches Wort weiß ich noch nicht) geben, das mit wenigen Würfelwürfen und Werten ermöglicht, Kontore, Gildenhäuser, Burgen oder Magiertürme zu verwalten. Das ganze wird eher kompakt sein, also keine Sims-Simulation, sondern einfach zur Inspiration.
  • Ich werde einen Dungeon Creator Mechanismus inkludieren, mit dem es mit wenigen Würfelwürfen möglich sein wird, einen Zufalls-Dungeon zu skizzieren. Mit Dreidimensionalität und Wasseradern! Wenn das Projekt fertig ist und ich ein bisschen Zeit habe, film’ ich das vielleicht ab und stell’s auf Youtube.
  • Ziemlich viel Arbeit steckt in den 27 Aufhängern, mit denen ich dem SL eine Idee geben möchte, welche Art von Abenteuer er in den einzelnen Städten inszenieren kann. Natürlich auch, um den Charakter der Städte zu unterstreichen.
  • Die Szenarien waren und sind wohl der größte Verzögerer in diesem Projekt. Das Ausarbeiten erfordert gleichzeitiges Arbeiten mit Kartenmaterial, und da ich so etwas weder in der U-Bahn, noch in der Mittagspause und auch nicht einmal am Computer tun kann (siehe DD#35), schiebe ich diesen Task bis heute erfolgreich vor mich her.

Dann gibt es natürlich noch eine Reihe von Faktoren außerhalb des Projekts, wie z.B.

  • Meine Frau macht sich dieses Jahr selbstständig, d.h. ich werde sehr oft und sehr viel gebraucht, um ihr dabei unter die Arme zu greifen, sei es mit Mutmacher-Gesprächen, sei es mit Marketing-Strategien, Begriffsfindungen u.v.a.
  • Meine Tochter kommt dieses Jahr in die Schule. Sie braucht momentan besonders viel Zuwendung.
  • Ich habe im letzten Jahr viele neue Freundschaften geschlossen und verbringe mehr Zeit als früher, um diese zu pflegen und zu nähren.
  • Ich muss geistig bereits die Veröffentlichung von Araclia vorbereiten, die auch für dieses Jahr geplant ist.

Lessons learned:

  • Über den Sommer sollte man nicht unbedingt knapp mit seiner Zeit kalkulieren.
  • Ein Aufschlag von mindestens 25% des Aufwands für unvorhergesehene Inspirationen, die man dann doch noch unbedingt umsetzen will, ist Pflicht!
  • Mehr Meilensteine und Zwischenetappen planen und konsequent einhalten.

Alles natürlich nicht so schlimm, ich bin ja kein hochoffizieller Verlag, und die Verspätung wird aus heutiger Sicht auch nicht gravierend ausfallen, aber dennoch verbesserungswürdig. Ich hoffe jedenfalls, ihr seid bereit, noch ein bisschen zu warten, bis Destiny Dungeon das Licht der Öffentlichkeit erblickt.

DD#35 Zwischen Frühlingsrolle und Curry-Reis

Gerade eben ist mir so richtig klar geworden, dass ich, während ich vor dem Computer sitze, unheimlich unkreativ bin. Nicht nur, dass mich ein gemütliches Surrounding (Couch, Gasthaus, Bett, Balkon…) beflügelt; es ist mittlerweile – früher war das nicht so – absolute Voraussetzung dafür, dass ich etwas Neues kreiere.

Bewusst geworden ist mir das gerade eben in der Mittagspause, die ich Montag mittag immer alleine, i.e. ohne Kollegen, beim Chinesen verbringe, um meine Woche zu planen und diverse Notizen zu Papier zu bringen. Während ich da also saß und zwischen Frühlingsrolle und Curry-Reis Dinge binnen Minuten fertigstellte, die mir zuvor selbst in mehreren Stunden am PC einfach nicht von der Hand gehen wollten, erkannte ich, dass alles, was ich bisher für Destiny Dungeon konzipiert habe, abseits des PC passiert ist. Nur dort, wo es auf Struktur und Formulierungen ankommt, also vor allem Tabellen und natürlich die Textierung, werke ich direkt am PC. Sogar die Karte von Istarea habe ich erst einmal auf Papier entworfen und dann eingescannt und am Campaign Cartographer nachgezeichnet.

Was ist das Spannende daran? Eigentlich gar nichts, aber das hier ist ja ein Blog, also kann man ruhig mal auch Unspannendes von sich geben. 🙂 Dafür ein kleines Update: Die Aufhänger (vormals “Mumpfdiwumps”, danke übrigens für die Hilfe bei der Begriffsfindung!) sind fertig: 27 Adventure Hooks werden den 9 Siedlungen beigegeben, um den SL zu Szenarien in und um die diversen Städte Istareas zu inspirieren. Damit rückt auch das erste Teil-Preview von Destiny Dungeon in greifbare Nähe!

DD#34 Plotpoint, Fragment, Splitter, Teaser

Destiny Dungeon soll ja nicht nur eine Sandbox werden, sondern auch ein Campaign Setting, das den Spielleiter in großem Maß mit Inspirationen versorgt, die es ihm leicht machen sollen, auch bei kreativem Notstand schnell mal einen Plot zu entwickeln. In diesem Sinne habe ich mich – auch wenn es erheblichen Mehraufwand bedeutet – dazu entschlossen, für jede der 9 Siedlungen im Tal 3 Mumpfdiwumps zur Verfügung zu stellen.

Mumpfdiwumps deshalb, weil ich noch nicht weiß, wie ich sie nennen soll. Handelt es sich um Plotpoints, Fragmente, Splitter, Teaser, Abenteueraufhänger oder schlichtweg weiterführende Ideen? Hier ein solches Mumpfdiwump, wie es in Garavorn zu erleben sein könnte.

Traumbande: Die Weiße Schwester Viniria warnt vor einer finsteren Präsenz, einem Nachtmahr, der seit einigen Wochen stets in den Nachtstunden an Macht gewinnt und in den nächsten Tagen in die Welt treten wird. Wegbereiter für diesen Traumdämon Andurul sind die Träume einer Gruppe von Schlafenden, die das Rauschkraut Farbenblatt einnehmen, welches sie vom Barden Sikyando erhalten. Nur er kennt die Identität aller 18 Schlafenden, allerdings ist er nicht bereit, sein lukratives Geschäft einzustellen. Die Schlafenden selbst wehren sich mit dämonischen Kräften, und zu allem Überfluss giert die Schwarze Hydra nach dem Vorrat an Farbenblatt, in der Erwartung, Andurul beherrschen zu können.

Meine Erwartung wäre nun die, dass Spielleiter solche Mumpfdiwumps hilfreich und inspirierend finden. Ist das so? Oder ist die Granularität der Information zu grob, um irgendetwas damit anzufangen?

(Möglicherweise birgt der Podcast von PiHalbe zum Thema “Creative Constraint” die Antwort auf diese Frage. Ich weiß es nur nicht, weil es mir bisher noch nicht gelungen ist, den Podcast länger als bis zur Hälfte zu hören, weil dann immer mein Android-MusicPlayer abreißt und wieder von vorne zu spielen anfangt. Trotzdem gefällt mir der PiCast gut, weshalb ich diese Gelegenheit nutze, um ihn hier mal jenen ans Herz zu legen, die ihn noch nicht kennen.)

Die Frage, mit der ich also gerade hadere, ist: Bis zu welchem Detailgrad ist Information nutzlos, ab welchem ist sie hilfreich, und ab welchem Punkt ist sie überdeterminiert? Es ist mir ein großes Anliegen, mich mit meinem Material im “Hilfreich”-Bereich zu bewegen und die Grenzen weder in die eine noch in die andere Richtung zu übertreten.

DD#33 Gruppenproben

Ich schreibe gerade am “inspirierendsten” Teil des Regelwerks, nämlich jenem, der erklärt, wie Proben funktionieren und was passieren könnte, wenn ein SC eine Probe verhaut. Destiny Dungeon wird zwar kein dediziertes Anfänger-Produkt werden und daher auch nicht didaktisch darauf optimiert sein, Anfängern die rollenspielerischen Blumen und Bienen nahezubringen. Aber ein gewisses Maß an Basics muss eben sein.

Jedenfalls bin ich gerade beim Thema Gruppenproben gelandet und frage mich, ob ich dieses Thema in Destiny Dungeon anreißen soll. Worum geht es dabei? Es geht um die eigentlich unfaire Tatsache, dass eine SC-Gruppe, von denen einer sagen wir 75% Erfolgschance im Schleichen hat, zwei 50% und einer 25%, so gut wie keine Chance hat, ungesehen an irgendwelchen Wachen vorbeizuschleichen, wenn der SL von allen eine Schleichen-Probe verlangt und die Gruppe nur dann als erfolgreich ansieht, wenn jedem seine Probe gelungen ist. Juchu, das ist der Stoff, aus dem TPKs erwachsen. Ich habe mir daher bereits letztes Jahr beim Entwickeln von Destiny Gedanken darüber gemacht, wie man diesem “Problem” begegnen kann und ein Konzept ersonnen, das dem Ganzen die Schärfe nimmt. (Wen das Konzept nicht interessiert, der überspringe bitte gemächlich den nächsten Absatz).

Und zwar läuft es darauf hinaus, dass derjenige, dem seine Probe gelingt, seinen Erfolgswert aufteilen darf, indem er den großen Würfel für sich behält und den kleinen an einen anderen SC “abgibt”, diesem also quasi die Hand reicht. Mit der Konsequenz #1, dass jeder Probenerfolg auf abstrakte Weise zumindest 1 Misserfolg neutralisiert. Die Chance, insgesamt als Gruppe erfolgreich zu sein, ist dadurch wieder vorhanden.
Konsequenz #2 muss es leider geben, denn der Simulationist in mir sagt: Eine Gruppe ist einfach auffälliger als ein Einzelner. Daher soll sich die Qualität des Gruppenerfolgs im höchsten EW widerspiegeln. Der aber ist durch das Abgeben der Würfel meistens niedriger, was es NSCs wiederum erleichtert, den Erfolg der Gruppe beim Kräftemessen=Dagegenwürfeln zu kontern.
In Kürze: Bei der Destiny-Gruppenprobe kommt es öfter dazu, dass die Gruppe insgesamt erfolgreich ist, aber den NSCs wird dafür das Dagegenwürfeln erleichtert.

Dieses bisher unveröffentlichte Konzept für Destiny ist allerdings aus dem Blickwinkel eines erzählerischen Rollenspiels (eben Destiny) heraus geboren worden, und ich stelle mir jetzt schon die Frage, ob ich es in Destiny Dungeon featuren oder lieber weglassen soll. Eine kleine Stimme in mir sagt: Es ist absolut old-school, dass eine ganze Gruppe abschmiert, wenn sie alle dieselbe Probe würfeln müssen, also vergiss hier diese abstrakten Gruppenproben. Sollen die SCs sich doch aufteilen, den Dieb vorschicken, andere Wege finden?

Was meint die Leserschaft: Hat die kleine Stimme recht, oder ist eine wie oben beschriebene Gruppenprobe in Destiny Dungeon gar nicht so falsch?

DD#32 Lebenszeichen

Lang ist’s her, dass ich hier jeden Werktag einen Artikel schrieb. Zur Zeit aber bin ich Hals über Kopf im Entwicklungsprozess gefangen, sodass ich kaum Gelegenheit zu anderen Dingen finde, und natürlich knabbert der Sommer – z.B. Outdoor-Programme mit den Kids – ganz erheblich an der Zeit, die mir am Computer bleibt. Ein Rollenspiel wie Destiny Dungeon zu entwickeln, ist sehr viel Arbeit. Setting, Regeln und Szenarien – das kostet unheimlich viel Zeit, und das merkt man in jenen Momenten ganz besonders, in denen manche Puzzlesteine nicht recht zusammenpassen wollen, Sachen länger dauern als geplant und man vielleicht auch noch mit der eigenen Motivation und Disziplin zu kämpfen hat, weil man am liebsten schon wieder das nächste Projekt in Angriff nehmen würde.

Glücklicherweise kenne ich diese Phasen schon und weiß, dass sie am schnellsten vorbei gehen, wenn man sich ganz besonders tief in die Arbeit stürzt. Und genau das tue ich gerade. Ich skizziere 27 lokale Kurzplots, sauge mir Namen für die Völker aus dem Finger und schreibe Steckbriefe für Orte und Persönlichkeiten. Daneben instruiere ich meinen Illustrator bezüglich der verbleibenden Bilderchen. Ich schärfe die Archetypen, balanciere die Talente und eliminiere den primären Aspekt, den es bei Destiny gab, aus dem Regelwerk und ersetze ihn durch Archetypen-Affinitäten, die besser zu Old-School passen und Destiny Dungeon noch ein Stück mehr vom normalen Destiny abheben. Außerdem nehme ich mich des Geldes an und schaue, dass Warenpreise, Schätze, Kosten für die Herstellung von Spruchrollen und die QP-in-Gold-Umtausch-Ratio sinnvoll mit einander korrelieren. Und wenn mir Zeit bleibt, denke ich über das Thema Sandkastenträume nach (siehe letzter Artikel).

Ich bitte die geneigte Leserschaft dieses Blogs daher um Nachsicht für die unregelmäßigen Postings der letzten Wochen und gedenke, euch dafür in Bälde mit einem aussagekräftigen Zwischenstand des Projekts zu entschädigen. Besonderer Dank übrigens an dieser Stelle an die regelmäßigen und unregelmäßigen Kommentatoren, deren Input ich zu schätzen weiß und wirken und reifen lasse.

DD#31 Sandkastenträume

Ich hänge. Nicht schmerzhaft, aber doch irgendwie in der Luft. Und zwar mit den für Destiny Dungeon geplanten Szenarien, die ja doch ein wichtiger Punkt in diesem Sandbox/World-in-motion-Paket sein werden. Im Urlaub hatte ich ein wenig Zeit darüber nachzudenken, wie ich die Dungeons/Szenarien/Plots gestalten und präsentieren soll. Nun habe ich das Gefühl, dass vieles davon gegensätzlich bzw. schwer zu vereinbaren ist.

  1. Die Dungeons sollen dramatisch möglichst unabhängig von einander sein, also keine “Perlenkette” bilden. Umgekehrt möchte ich aber eine inhaltliche Verflechtung ermöglichen und nicht bloß 1-Session-Dungeons veröffentlichen.
  2. Sie sollen dynamisch sein, aber die Dynamik darf nicht “vorgekocht” wirken. Will heißen: In den einzelnen Szenarien soll sich was tun können, aber ohne dass die Spieler das Gefühl haben, dass sich seltsamerweise immer dann was tut, wenn sie zu einem Dungeon hinzustoßen.
  3. Die Spieler sollen ganz offizielle Informationen über die Dungeons erhalten, um auch von sich aus Entscheidungen treffen zu können wie z.B. “Lasst uns zum Feuerwasser-See gehen, dort lebte ein Elementarist, vielleicht wusste der ein Gegenmittel gegen ewig brennendes Feuer!” Zu wenig Information über die Dungeons nimmt den Spielern die Möglichkeit, sie aus Eigeninitiative anzusteuern, zu viel Information entmystifiziert sie allerdings wiederum. Ursprünglich hatte ich mir überlegt, einen Spielerinfo-Absatz zu jedem Dungeon zu verfassen, in dem sich Fakten und Gerüchte vermischen. Diesen Ansatz sehe ich mittlerweile kritisch, weil er die SCs in die Irre führen und sie im schlimmsten Fall (bei gefährlicheren Dungeons) das Leben kosten könnte.
  4. Auch der optimale Detailgrad will sich mir nicht so recht eröffnen. Mein Ansatz wäre gewesen, zu jedem Dungeon/Szenario – analog zu Flucht von Valmorca – ca. 1 Seite Material zur Verfügung zu stellen. Das reicht allerdings für nicht mehr als einen groben Plotpoint. Meine Idealvorstellung, dem SL auch gleich konkrete Ortsbeschreibungen, Rätsel, Fallen etc. in die Hand zu geben, lässt sich bei dieser Granularität nur schwer erzielen. (Bei Valmorca funktionierte das besser, weil es eher handlungsgetriebene Szenarien waren. Ortsbeschreibungen brauchen deutlich mehr Worte).
  5. Ich möchte keinen unsichtbaren Metaplot über die Dungeons legen, aber trotzdem Möglichkeiten für den SL einbauen, einen Plot aus einem Dungeon heraus zu einem zweiten weiterzuentwickeln. Die Herausforderung wird sein, Elemente so über die Dungeons zu verteilen, dass sich in jedem Dungeon zwei Optionen für den Besuch weiterer Dungeons anbieten, ohne dass sich das ganze nach einer Schnitzeljagd anfühlt. Der Punkt bereitet mir im Augenblick am meisten Kopfzerbrechen, noch dazu, weil ich ja (siehe 1.) keine zu starke Verflechtung möchte und (siehe 2.) keine Plots oder Entwicklungen vorwegnehmen kann/sollte.

Die eierlegende Wollmilchsau ist für den Designer wohl das, was der rasende Keiler für den Jäger ist. Ich melde mich, wenn ich einen Weg gefunden habe, diese 5 Punkte zumindest mehrheitlich zu adressieren. Wohlgemeinte Ratschläge natürlich jederzeit willkommen!

DD#30 Neue Illus

Ich weile zwar in Urlaub, aber dank der Möglichkeit, terminisert zu publizieren, verkürze ich euch, liebe Leser, die Wartezeit bis zum nächsten Artikel mit einem kurzen Update in Sachen Illustrationen.

Da mir immer wieder kritische Stimmen zu John’s Werken zu Ohren kommen, möchte ich kurz dazu Stellung nehmen und die anspruchsvollen Menschen da draußen darüber aufklären, dass Illustrationen wirklich, wirklich teuer sind (siehe meinen Artikel Kleine Kostenrechnung) und trotzdem am Ende eine Geschmacksfrage bleiben. Natürlich würde ich liebend gerne Ugurcan oder John Talbot oder Larry Elmore für meine Spiele verpflichten, aber ich fürchte, da käme ein einziges Bildchen so teuer wie alle 18 Illustrationen von John. Abgesehen davon haben die erlauchten Herren nicht einmal auf meine e-mails geantwortet. Wir werden uns damit wohl noch weiter mit John’s Werken bescheiden müssen (ich für meinen Teil mag sie durchaus gerne), bis sich jemand findet, der zu denselben Bedingungen höhere Qualität liefert.

Davon abgesehen: Wir Rollenspieler würden doch ein Spiel nicht nach der Qualität seiner Illustrationen beurteilen, oder würden wir das? 😉

DD#29 Ich hasse Tabellen – oder?

Ja, ich hasse Tabellen. Ich habe sie immer schon gehasst. Ich habe jahrelang DSA gespielt und trotzdem bei jedem Patzer nachschauen müssen. Rolemaster zu spielen wäre für mich wohl das Fegefeuer. Das ist einer der Gründe, warum meine Spiele – mit Ausnahme von Preisliste und Waffentabelle – ziemlich Tabellen-los geraten sind. Ich möchte es einfach keinem Spieler zumuten, während des Spiels ein Regelwerk konsultieren zu müssen, um zu bestimmen, ob der Feuerball rot- oder weißglühend ausfällt und ob bei einer Attacke die Milz oder der kleine Zeh getroffen wurde. Ich kann mir vorstellen, dass das einen gewissen Detailreichtum ins Spiel einbringen kann, aber ich mag’s halt nicht. Macht ja auch nichts.

Jetzt sitze ich also vor Destiny Dungeon und möchte dem Spielleiter die ultimativen Hilfsmittel für das Leiten einer Sandbox-Campaign in die Hand geben, da tauchen plötzlich vor meinem geistigen Auge wunderbar inspirierende Tabellen auf. Schätze, Inhalte von Lagerhäusern, Edelsteine, Artefakte, Elixiere, Begegnungen am Markt, Gefahren im Sumpf usw. Ich überwinde also meine Abneigung, sage mir: Nicht so schlimm, diese sind ja für den SL, nicht für den Spieler!, und schreite ans Werk. Ich muss übrigens zugeben, dass mich Vornheim (danke übrigens, Nerzenjäger, fürs Zurverfügungstellen!) in nicht geringem Maße dazu inspiriert hat, Destiny Dungeon mit ein paar Tabellen anzureichern.

Hilfsmittel der Wahl ist Google Docs. Da kann ich gute Einfälle auch während der Arbeitszeit schnell einpflegen, und – ganz besonders toll – ich kann Dokumente freigeben und sogar gleichzeitig mit jemand anderem daran arbeiten! Nicht, dass sich bis jetzt jemand gefunden hätte, der mir die Bürde des Tabellenbefüllens abnehmen wollte, aber die schiere Möglichkeit dazu zu haben ist cool genug! Und eigentlich, eigentlich sind Tabellen gar nicht so übel…

Ich geh’ jetzt übrigens eine Woche in Urlaub und versuche das schlechte Gewissen abzubauen, das ich habe, weil ich durch solche Kleinigkeiten wie Tabellen meine selbst auferlegte September-Deadline gefährde. Aber es macht einfach so viel Spaß…!!

DD#28 Ich seh’, ich seh’…

Heute möchte ich inhaltlich aus dem Nähkästchen plaudern und ein Beispiel dafür geben, wie das Definieren eines einzigen Zauberspruchs einen ganzen Abend verbraten kann und welche komplexen Überlegungen hinter einer einzigen kleinen Regel stehen können.

Vorgestern traf ich mich mit meinem Trauzeugen Roland, der zugleich “Chef-Analytiker” der Destiny-Talente war und mich schon vor so manch kapitalem Fehler bewahrt hat. So pendelten wir in der Wiener Innenstadt von Café zu Café, nur beim Thema kamen wir nicht von der Stelle: Der Seher in Destiny Dungeon.

Der Seher ist einer der problematischsten Archetypen, die es im Rollenspiel gibt. Was ihn eigentlich auszeichnen sollte, ist, dass er durch Zeit und Raum sehen kann, aber beides sind Dinge, die sich im Spiel schwer und in einem crunchigen Regelwerk wie Destiny noch schwerer abbilden lassen. Alle Talente, die mit Timing zu tun haben, sind extrem heikel (wer Magic The Gathering kennt, weiß, wieviele Fragen alleine das Thema Instant und Interrupt aufwirft), solche, die mit klassischer Hellsicht zu tun haben, haben enormes Spoiler-Potenzial.

Konkret ging es darum, dem Seher ein neues Grad 0-Talent angedeihen zu lassen, das ihm hilft, seine Rolle zu verkörpern, aber nur beschränkt mächtig ist. Man muss dazu sagen, dass in der momentanen Fassung von Destiny Dungeon die Archetypen-Talente ohne Probe, also jedenfalls gelingen und Grad 0-Talente zudem auch keine Destiny-Punkte kosten. Die Frage war also: Was kann man dem Seher quasi “frei Haus” geben, ohne die Spielbalance zu gefährden?

  • Gefahreninstinkt? Lieber nicht. Ein Seher in der Runde, und jeder SL kann sich seine Überraschungsangriffe, Fallen und plötzlichen Entwicklungen an den Hut stecken. Und das nicht hin und wieder, sondern ständig. Wir erwogen kurz, den Seher nur seine Nachteile vermeiden zu können, aber das ist wenig kooperativ und könnte dazu führen, dass die Gruppe ihn anstelle des Diebes vorschickt. Lieber nicht…
  • Gedankenband? Der Seher als gedankliche Schaltzentrale zwischen den Gefährten? Eine Legitimation dafür, dass Spieler sowieso immer ein Quäntchen Spielerwissen in ihr Rollenspiel einbringen, zumindest unbewusst? Dauernd, ständig, unter allen Bedingungen? Sehr passiv, auch nicht das Gelbe vom Ei.
  • Telepathische Verständigung? Auf den ersten Blick ziemlich cool: Seher mit Schweigegelübde, der hauptsächlich telepathisch kommuniziert – warum eigentlich nicht! Auf den zweiten Blick ziemlich uncool, denn dann kann ich als Seher die NSCs mit ständigem un-ort-barem telepathischem Geschwafel zwangsbeglücken, ablenken und mobben. Geht als Grad 0-Talent nicht durch.
  • Letztendlich sind wir bei etwas ganz anderem gelandet, das ich bereits in Araclia implementiert hatte und nun wieder ausgrub: Der Seher hinterlässt an einem Ort einen Teil seiner (optischen) Wahrnehmung, ich nenne es sein Drittes Auge. Er kann dadurch jederzeit an diesen Ort (zurück)blicken und auf dortige Ereignisse – gleichsam wie auf Bewegungen im Augenwinkel – aufmerksam werden. Die genauen Details sind noch zu spezifizieren, wie lange, wie deutlich etc., aber im Grunde glaube ich damit, einen ganz nützlichen Utility-Zauber für den Seher gefunden zu haben. Normalerweise werden solche Zauber ja selten verwendet, weil man nur ungern Punkte für etwas ausgibt, von dem man nicht weiß, ob es relevant wird. Da aber Grad 0-Talente keine Punkte kosten, sollte das hier kein Thema sein.
    Und indem ich Audio ausspare und den Seher nur hellsehen, nicht aber hellhören lasse, bringe ich den SL nicht in die Verlegenheit, dauernd ausgefeilte Dialoge zwischen seinen NSCs wiedergeben zu müssen. Er beschränkt sich dann einfach auf Gesten, Gesichtsausdruck, Gegenstände, die übergeben werden, und wenn es wirklich wichtig ist, kann man ja immer noch Würfe auf INT/GES (Lippen lesen, Körpersprache deuten) zugestehen.
    Was mir an dem Dritten Auge auch gut gefällt: Es eröffnet dem SL die Möglichkeit, auch Interaktion zwischen NSCs darzustellen, vielleicht eine Alltagssituation oder einfach nur eine lustige Szene zu beschreiben oder gezielt Hinweise auszugeben, die er sonst nicht untergebracht hätte.

Roland hatte am Ende unseres Brainstormings noch ziemliche Zweifel. Mal sehen, ob sie sich als berechtigt herausstellen. Das ist das Spannende am Designprozess: Bis zum Test weiß man nie, welche Regeln sich bewähren.

Da fällt mir ein: Ich seh’, ich seh’… die Auflösung zum Fehlersuchbild von DD#27: Völlig zurecht haben einige festgestellt, dass es nicht nur 1 Ungereimtheit gibt – naja, niemand ist perfekt. Was aber zumindest für mich am schwersten gewogen hat, war die Tatsache, dass der Gaukler mit dem Rücken im Netz steht und auch noch die Hände hoch hält. Es muss sehr seltsam anmuten, wenn ein Gaukler mit hoch erhobenen Händen rückwärts durch einen Dungeon spaziert. Aber hey, vielleicht wich er vor Armbrustschützen zurück, die ihn ins Innere drängten! Scherz. John hat mittlerweile zugegeben, dass er beim Skizzieren nicht Herr seiner Sinne war, die (etwas) verbesserte Fassung zeige ich hier in Kürze.