Buchstabensuppen-Rätsel aus DSA-Zeiten

Fast sentimental könnte ich werden, wenn ich mir meine ersten Veröffentlichungen ansehe. Damals für einen örtlichen Verein, in dem hauptsächlich – so wie in meinen Runden – DSA gespielt wurde. Ach, was habe ich dieses Spiel geliebt!

Und weil ich das Vereinsmagazin, den „Neuen Runen-Almanach“, zu 80% im Alleingang geschrieben und gelayoutet habe (damals noch mit Word 2.0, Schere und Klebstoff und viiiel Zeit), bastelte ich auch das folgende irre Buchstabengitter-Rätsel, in dem sich 30 Begriffe verbergen, die einem Magier ganz sicherlich bekannt sind. Zumindest einem DSA-Magier, denn ich glaube mich zu erinnern, da auch Formeln hineinverpackt zu haben. Viel Spaß!

buchstabensuppe

P.S. Mal sehen, ob ich so etwas in naher Zukunft auch für Araclia hinkriege. 🙂

PORTAL ab heute erhältlich!

Es ist soweit: Das PORTAL ist fertig und ab sofort erhältlich! Für diejenigen, die nicht im Blog oder im Tanelorn mitgelesen haben: PORTAL ist ein Rollenspielsystem, das mit jedweder Fantasy-Welt kombiniert werden kann und von mir durchaus bewusst als Reverenz an DSA 3, BRP und andere Rollenspiele der späten 1980er-Jahre gedacht ist.

Zum Download!

Und ja, PORTAL ist zwar ein Heartbreaker, aber es tut durchaus einiges anders als andere Rollenspiele, zum Beispiel:

  • 8 Attribute sind mit fixen Werten in 84 Fertigkeiten integriert, was ein sehr differenziertes Charakterprofil ergibt,
  • Würfelproben erfolgen mit dem W30 (es wird übrigens nur 1x gewürfelt pro Probe)
  • Parade ist aktiv, allerdings mit halbierter Wahrscheinlichkeit, um Pattsituationen zu vermeiden,
  • alle 97 Zaubersprüche sind frei skalierbar, von 1 bis 30 Zauberpunkte,
  • Rüstschutz wird im Anlassfall gewürfelt, d.h. man kann auch mal eine Schwachstelle treffen,
  • Zaubersprüche können „erzwungen“ werden: Indem man doppelte Zauberpunkte investiert, kann man das Würfelergebnis bei der Probe halbieren,
  • Archetypen-Fähigkeiten steigen automatisch mit jedem Stufenanstieg, weil sie von der Stufe abhängig sind,
  • und, ach ja, bei den Archetypen habe ich nicht gespart: Es gibt derer 20!

Was ich mit PORTAL erreichen wollte, ist ein balanciertes, konsistentes und nicht von Ausnahmen durchsetztes Spiel mit vielen Möglichkeiten, Charaktere zu bauen, zu entwickeln und auszustatten. Es enthält viel Regelcrunch für Langzeitkampagnen, z.B. Zauberstäbe, magische Metalle, Vertrautentiere, alchemistische Erfindungen oder sammelbare Traktate. Einen Überblick über den Inhalt bietet das PORTAL Unwrapping Video:

Ich hoffe, ihr schaut euch das an und empfiehlt es bei Gefallen weiter – vielleicht auch an den einen oder anderen DSA/Aventurien-Spieler. Über Feedback freue ich mich natürlich immer! Viel Spaß!

Weiterführende Links: PORTAL im Polyeder Podcast, PORTAL Produktseite

DSA – Die Schreckliche Allmacht?

Puh, da geht es gerade ziemlich rund im Netz. Die DSA-Umfrage mit ihrem mE eher dünnen Fazit zieht weite Kreise. In Google+ wird heftig diskutiert, Arkanil outet sich in seinem Blog ziemlich heftig, im Tanelorn wird fleißig ge-rant-et (furchtbares Wort, übrigens), und und und. Grund genug, dass ich mir die Frage gestellt habe, warum DSA eigentlich so verdammt heftig polarisiert.

Sind die 3W20 wirklich so schlimm? Ich habe bereits in G+ kommentiert, dass ich die 3W20 für ein Symptom halte, aber nicht für das eigentliche Problem. Völlig richtig wurde bemerkt, dass das Auseinanderfutzeln von Würfeln bei einem großen Dicepool mindestens ebenso „unhandlich“ ist, und auch dort sind die Wahrscheinlichkeiten nicht so super-intuitiv abschätzbar. Also nein, die 3W20 sind nicht das Problem. Aber was ist dann das Problem? Attacke-Parade? Ich glaube, das Problem ist auf einer ganz anderen Ebene zu suchen. Weil das jetzt gleich extrem unwissenschaftlich wird, möchte ich gleich  vorausschicken, dass ich DSA geliebt habe und es länger als jedes andere System gespielt habe, einschließlich meine eigenen (und das heißt was!).

Meine erste Überlegung: Da staut sich einiges an negativer Energie gegenüber der DSA-Redaktion. Bei mir war’s zumindest lange Zeit so. Ich habe mich immer sehr darüber geärgert, dass ich, was den Metaplot betraf, gegängelt wurde, dass die Fakten, die ich mir selbst zu Aventurien ausgedacht habe, nach dem nächsten Aventurischen Boten ganz anders aussahen, dass man mir als kreativen SL wenig Raum gab etc. Mein persönlicher Unmut richtete sich aber eher gegen „die dort“ als gegen DSA selbst.

Der allgemeine Zorn gegen „die Großen“. Wir erleben ja tagtäglich, dass große Konzerne (Google, Microsoft, Apple) von den jeweils anderen Fans angefeindet werden. Das war auch schon vor 30 Jahren so (Atari vs. Commodore, hach). Wer Marktmacht hat, hat eben Feinde. Und DSA hat nachweislich Marktmacht.

Ich selbst ertappe mich auch manchmal dabei, einen inneren Groll gegen DSA zu hegen, der aber nichts mit DSA zu tun hat, sondern purer Neid ist auf die Größe seiner Community, auf seine  finanziellen Ressourcen und und und. Vielleicht denken andere auch so wie ich zuweilen: „So eine Schande. Die haben so viele Käufer und so viel Kohle, und gehen mit Elementen hausieren, die steinalt und nicht mal genial sind“. Stimmt vielleicht oder auch nicht, aber jedenfalls sind diese Elemente über Jahrzehnte gewachsen und ein Teil dessen, was DSA ausmacht. Genauso wie jene 6 Attribute Teil von D&D sind und sich auch dort niemand traut, das über Bord zu werfen. Ist wie bei einer Schönheits-OP: Ein Mensch kann dadurch schöner werden, aber auch einen Teil seiner Identität verlieren. Ich persönlich möchte die Entscheidung nicht treffen, DSA zu verschönern. Ich bin froh, dass ich in der Position bin, etwas ganz Neues zu machen. Wenn auch mit deutlich kleinerer Käuferschicht…

Unbeweglichkeit ist das, was man DSA vielleicht noch am ehesten vorwerfen kann. Man sieht, D&D versucht, sich zu bewegen, auch wenn sie mit D&D Next Gefahr laufen, viele Stammspieler zu verlieren. Aber wohin wird sich D&D bewegen? Vermutlich dorthin, wo die Käuferschicht am dicksten ist. Nicht notwendigerweise dorthin, wo das System am elegantesten und innovativsten ist. DSA verfolgt hier wenigstens eine klare Linie: Sie bieten das, was sie immer schon geboten haben, und sie binden ihre Spieler exzellent. Kann man ihnen diese Spielerbindung wirklich vorwerfen?

Die Community ist sehr verschieden. Auf der einen Seite haben wir eine Spielerschaft, die Indie-Konzepte in sozialen Medien verbreitet, Kickstarter-Projekte backt (urgl) oder – so wie ich – selbst Rollenspiele veröffentlicht. Auf der anderen Seite haben wir die DSA-Stammspieler, die seit 30 Jahren DSA spielen und NUR DSA spielen. Die kennen jeden Weiler zwischen Paavi und Al’Anfa und fühlen sich richtig wohl. Und sie sind auch resistent gegen „Aufklärungsversuche“. Die anderen wiederum glauben, dass Rollenspiel sehr viel besser sein kann als mit DSA. Ich empfinde das auch so, aber es nutzt halt nichts, man kann niemanden zu seinem Glück zwingen. Wenn das so wäre, hätte ich meinen Kindern bereits den Reiz von Obst und Gemüse näher bringen können – worin ich übrigens ebenso gescheitert bin wie DSA-Spielern in meinem Bekanntenkreis DESTINY schmackhaft zu machen.

Wo Menschen miteinander interagieren, gibt es immer fortschrittliche und konservative Strömungen. Und es gibt politische Parteien oder in diesem Fall Verlage, die sich das eine oder andere zu Nutze machen. Meiner Meinung nach setzt DSA auf einen gewissen Konservativismus, was man nicht gut finden, aber akzeptieren muss. DSA- und DSA-Spieler-Bashing bringt nichts, sondern treibt die Fronten nur weiter auseinander. Besser wäre es, diese Spieler zu integrieren, sie zu wertschätzen (sie machen vermutlich den zahlenmäßig größten Teil unserer Community aus!) und ihnen Alternativen sozial verträglich anzubieten, und dabei vielleicht nicht gleich mit Fate oder PDQ ins Haus fallen, <Werbung> sondern ev. mit etwas Verdaulichem wie PORTAL. </Werbung>

Eine Diskussion über DSA und die Dinge, die es gut und richtig oder schlecht und falsch macht, kann fast nicht neutral und sachlich geführt werden. DSA ist ein über 30 Jahre gewachsenes Rollenspielsystem mit einer extrem immersiven Hintergrundwelt. Spieler eines solchen Produkts identifizieren sich derart damit, dass sie Kritik an „ihrem“ Spiel sehr persönlich nehmen. Ihnen diesen feinen Unterschied klar zu machen, ist ungefähr so aussichtsreich wie das berühmte „Ist nichts Persönliches“, das die Bösewichte im TV von sich geben, bevor sie dem Protagonisten ein Ohr abschneiden.

Lassen wir also den DSA-Spielern ihre Ohren und ihr geliebtes Spiel und sorgen wir lieber dafür, dass die Tore von und zum DSA-Flügel der Community weit offen stehen und keine abschreckenden Türsteher den gegenseitigen Austausch verhindern. Amen.

Happy Birthday, Portal!

Es war im Sommer vor 15 Jahren, dass ich zum ersten Mal Lust verspürte, ein eigenes Rollenspiel auf die Beine zu stellen, obwohl (oder gerade weil) ich damals noch tief in DSA verhaftet war. Unter den ersten Entwürfen war ein W%-System mit dem augenzwinkernden und recht zutreffenden Arbeitstitel Maths & Magic, mit dem man schlichtweg alles spielen hätte können sollen, oder ein charmantes System, das alle Würfel in einem nach oben offenen System verwendete (W4, W6, W8…), die man z.B. kampfrundenweise auf Angriff, Verteidigung, Initiative und Schaden verteilen konnte, was supertaktisch, aber für den SL leider nicht administrabel war. Daher verkaufte ich die Idee an Pinnacle, die daraus Savage Worlds machten. Scherz beiseite.

Und dann war da Das Portal. Es kam weit über seinen Arbeitstitel hinaus, war allerdings  eine frühe Rückkehr zu DSA-geprägten Konzepten, eine Art graues Auge, mit einigen sehr charmanten Ideen und Optimierungen, die ich selbst heute noch – wo ich doch deutlich anspruchsvoller geworden bin – verlockend finde. Die Entstehung von Das Portal vollzog sich in zwei Stadien, zwischen denen ich ein Zwischendurch-System entwarf, das später den Namen Destiny bekam. Das Portal wurde allerdings viel früher fertig und konnte einen nicht weniger intensiven Playtest für sich verbuchen. Es funktionierte so gut, dass das Ende der Testphase fast ein bisschen traurig war.

Nicht minder traurig war die Tatsache, dass Das Portal nie veröffentlicht werden würde, denn es war ein klassischer Heartbreaker, ein Labour of Love, ein idealistisches Projekt, das nie für den Markt bestimmt war. Heute, 15 Jahre nach den ersten Portal-Spermien, blicke ich etwas wehmütig auf die Anfänge dieses glänzenden Rollenspiels zurück, das den Grundstein für alle meine späteren Entwicklungen legte, mich vieles lehrte und uns viele interessante Spielstunden bescherte.

Happy Birthday, liebes Portal!
Ich glaube, ich werde dir zum 15. Geburtstag etwas ganz Besonderes schenken.

DD#37 Das alte Lied…

Es war und ist wohl eines der kontroversiellsten Themen: die Erfahrungspunkte-Vergabe. Ich arbeite gerade am Kapitel „Erfahrung“, im konkreten an der Passage, in der geschrieben steht, wofür der Spielleiter seine Spieler mit XP (bei mir: Questpunkte) belohnt. Ich persönlich sehe das mittlerweile eher entspannt und durchaus angebracht, XP mit der Gießkanne an die Gruppe zu vergeben, und keine meiner Runden handhabt es anders, als diese XP dann gleichmäßig nach Köpfen zu verteilen.

Das war allerdings nicht immer so. Ich erinnere mich noch gut an meine von DSA sozialisierte Handhabe, XP (damals „Abenteuerpunkte“) penibel nach „Leistung“ vergeben zu haben. Da wurden besondere Spotlights honoriert, geschickte Taktiken, bestandene Gefahren und – heutzutage höchst umstritten – „gutes Rollenspiel“, jenes Unding, in dem sich Spieldisziplin, stimmungsfördernde Aktionen und authentisches Darstellen des eigenen Archetyps widerspiegelten.

Ich kann nicht behaupten, dass ich das damals schlecht fand; es hat den einen oder anderen Spieler tatsächlich motiviert. Aber je älter wir wurden und je mehr wir spielten, desto mehr ging es uns auch auf den Nerv. Manchen mehr als anderen, aber stets aus gutem Grunde, denn wer möchte in seiner Freizeit schon „benotet“ werden, wo wir doch in der Schule, im Studium, ja selbst bei Mitarbeitergesprächen ständig irgendwelchen Wertungen ausgesetzt sind.

Nun, da ich umgeben bin von Archetypen, harter Regeneration, Gewichtspunkten und anderen Old-School-Konzepten, kommen mir automatisch diese angestaubten Formulierungen wieder in den Kopf, und ich muss doch tatsächlich aktiv dagegen angehen, sie nicht Eingang in das Destiny Dungeon Regelwerk finden zu lassen. Da soll noch jemand sagen, die Old School-Welle wäre nicht mitreißend…

DSA 1 – die 27 Jahre verspätete Rezension

Während auf der RPC vergeblich auf DSA5 gewartet und Lizenzgeschichten gewälzt wurden, beging ich gestern einen Seitensprung mit meiner ersten Liebe: Ich trommelte meine Sonntagsrunde zusammen für ein One-Shot mit DSA 1. Einige hatten schon angemerkt, das mal wieder spielen zu wollen, also schnappte ich mir das Buch der Regeln, zeichnete ein Dungeon á la Silvanas Befreiung, dichtete einen Plot und los ging’s.

Ich muss sagen, DSA 1 fühlt sich nachwievor wie ein gutes Produkt an. Ich mag immer noch das Artwork, vor allem außen, aber auch innen, nur das Layout ist für heutige Maßstäbe eher kläglich. Der Schreibstil spricht mich ebenfalls an, auch wenn ich heute verstehe, warum ich als 11-jähriger Mühe hatte, das Ding zu begreifen. Das Buch der Regeln enthält Schnellstart-Regeln, normale Regeln, Detailregeln und optionale Regeln, und nicht alle sind deutlich von einander abgesetzt. Aber viel interessanter war es, das Buch der Regeln nicht nur zu lesen, sondern zu spielen, und zwar hardcore, ohne Ergänzungen oder Weglassungen. Dabei kamen interessante Erkenntnisse:

Das Erwürfeln der Helden zwingt einen zum Verkörpern von Konzepten, die man sonst vielleicht nie spielen würde. Für One-Shots okay, aber für längere Campaigns wollen die Spieler doch eher einen Wunschcharakter spielen und keinen Abenteurer. Ebenfalls bemerkt: Einen Elf, Krieger, Elf oder Zwerg „zusammen zu bringen“ ist gar nicht so einfach, fühlt sich dafür aber sehr besonders an. Wir hatten gestern 2 Abenteurer und einen Elfen, und der war glaub‘ ich durchaus glücklich, einen Elfen „geschafft“ zu haben. Das vermittelt einem irgendwie auch das Gefühl der Welt, dass Magier und Elfen nicht an jeder Straßenecke stehen, und auch ein Krieger ist in DSA ja durchaus etwas Ritter-ähnliches, Besonderes. So gesehen spiegelt das Erwürfeln die Welt wider.

Positiv überrascht war ich von der Länge der Kämpfe. Ich hatte DSA-Kämpfe als lang in Erinnerung, aber die Orks, Goblins und besessenen Abenteurer, die ich den Spielern in den Weg stellte, waren recht flott Geschichte. Was hier zweifellos dazu beiträgt, ist die Regel des mörderischen Schlags, die auch heute noch eine gute Regel ist, weil sie das Spiel beschleunigt und nicht verkompliziert. Gar nicht schlecht fand ich auch die Bruchfaktor-Regel, die bei jeder Parade (!) gewürfelt wird und den BF eigentlich zum wichtigeren Wert macht. Schade nur, dass die Balance der Waffen so schlecht ist: Das Schwert macht am meisten Schaden von den Einhandwaffen, hat den besten Bruchfaktor und noch dazu keinen AT/PA-Malus. Da ist jeder blöd, der sich einen Kriegshammer nimmt.

Was ich auch nicht mehr wusste: Zaubersprüche gelingen teilweise ohne Würfelwurf. Balsamsalabunde und Armatrutz etwa funktionieren automatisch, nur bei den Save-or-Die-Zaubern werden Würfel gerollt und alle möglichen Stats vermanscht, aber dazu kam’s bei uns gestern nicht. (Unser Elf zog sich auf Fulminictus zurück, um mit 12 ASP einen Ork zu vernichten, der nur noch 2 LP übrig hatte, aber das ist eine andere Geschichte…)

Dieser Punkt ist übrigens im Zusammenhang mit dem Regenerations-Konzept von DSA 1 zu sehen. Dieses lautet nämlich: zipp. Genau. Es gibt keins. Ist das nicht kurios? Keine Regeneration!? Voll krass, aber es hat gepasst: Der Dungeon war plötzlich echt gefährlich, da es keine Möglichkeit gab, sich aufs Ohr zu legen und auf neue LP oder ASP zu hoffen. Was mir als SL sehr gut gefiel, denn solche Aktionen („Ich hab‘ nur 2 ASP, können wir nicht irgendwo mal ein paar Stunden schlafen?“) stören das Pacing.

Ich war natürlich auch als Meister voll retro und habe das Abenteuerkonzept so angelegt, dass auch Fackeln Mangelware sind, in der Hoffnung, dadurch die Charaktere zu einem gewissen „Zug“ zu verhalten, und ich muss sagen, es hat auch gewirkt: Sie sind nicht blöd mal da lang, mal hier lang gelaufen, sondern haben sich genau überlegt, wie und in welcher Reihenfolge sie die Kammern abgehen, wie sie Fackeln sparen usw. Gefiel mir sehr gut, aber ich könnte mir vorstellen, dass es nur einmal funktioniert und die Helden ab dem nächsten Abenteuer jeweils 10 Fackeln im Rucksack tragen.

Das führt mich zur Tragkraft. Wir haben auch die Gewichte zusammenaddiert und protokolliert. Der Aufwand war nicht so sehr das Problem (auch wenn keiner der Spieler explizit Spaß dran hatte), aber vor allem die Relevanz: Die Tragkraft in DSA ist so bemessen, dass man sich (zumindest als durchschnittlich berüsteter Held) keine Gedanken über Seile, Fackeln, Proviant etc. machen muss. Das geht sich locker aus, und da wird das Addieren der Unzen bald eine unnötige Geschichte, die nur lästig fällt. Definitiv ein Punkt, den ich bei Destiny Dungeon anders lösen werde.

Gespielt hat sich das Ganze übrigens sehr locker und flüssig. Ich hatte als Meister jede Freiheit und nicht das Gefühl, mir Dinge aus dem Finger saugen zu müssen, die gegen das Regelwerk sind oder sein könnten. Die zwei Schienen – AT/PA versus Eigenschaften – waren kurz mal ein Thema („Warum kann ich mit Geschick nicht ausweichen?“), aber ansonsten gab’s keine Missverständnisse oder regeltechnische Unwegbarkeiten.

Der gestrige Abend hat mir eines wieder deutlich vor Augen geführt, nämlich dass man ein System keinesfalls nach seinen einzelnen Bestandteilen beurteilen sollte. Mehr als sonst ist bei einem Rollenspiel das Ganze mehr als die Summe der Teile. Erst wenn alle Rädchen ineinander greifen, zeigt sich, ob es gut ist oder schlecht. Und DSA 1 ist definitiv ein gutes System gewesen. Ich sage „gewesen“, weil einfach die Ansprüche – zumindest meine – im Laufe der Zeit gestiegen sind. Ich mag keine unbalancierten Waffen, ich mag keine „höchstens RS:2“-Beschränkungen, ich mag keine Abenteurer spielen, wenn Magier mein Lieblings-Heldentypus sind, keine Dump-Stats wie MUT, und ich möchte mehr Entwicklung sehen als nur hier ein Punkt und da ein Punkt. Das sind Dinge, die für mich nicht (mehr) funktionieren. Aber das Grundsystem ist rund und stimmig und ermöglicht mit wenigen Elementen große Vielfalt. Jetzt weiß ich wieder, warum ich über 15 Jahre DSA gespielt – und geliebt – habe.

Sinnesschärfe im Spotlight

Gestern kam die Frage: Wie spiele ich denn Sinnesschärfe  aus, ohne die Würfel zu bemühen? Gute Frage, die mich daran erinnert, dass das Thema Wahrnehmungs-Skills eine der härtesten Nüsse war, die ich bei der Entwicklung von Destiny zu knacken hatte, zumal auch wir beim Testen der ersten Entwürfe bemerkten, was wir von DSA schon kannten, nämlich dass gefühlte 25% aller Proben Sinnesschärfe-Proben waren. Das war mir als Entwickler ein Dorn im Auge, denn bei mir sollte kein Skill derart dominieren.

Kurios ist, dass es in DSA1 keine Sinnesschärfe  gab. Da waren MU, KL, CH, GE und KK, aber ich glaube nicht, dass das Buch der Regeln Wahrnehmung unter eine der Eigenschaften subsumierte. Wie spielten wir also? Wir beschrieben wohl mehr, worauf wir achteten, SC-Wahrnehmung hatte schlicht wenig Bedeutung. Fallen waren Fallen, die man nicht kommen sah, es war wichtiger, wie man darauf reagierte. Aus Überfällen war einfach das Beste zu machen, und Geheimtüren und Schätze fand man mittels Zwergennase.

Heute hingegen ist v.a. das Verständnis der Spieler von ihren SCs ein anderes. Glauben wir ein Anrecht auf eine rettende Probe zu haben, um uns geistig-seelisch für das zu wappnen, was auf uns zukommt? Oder vielleicht um als Spieler weiterhin das Hirn ausgeschaltet zu lassen und unsere Charaktere walten zu lassen?

Als SL achte ich mehr und mehr darauf, die obligatorischen Wahrnehmungs-Proben zurückzufahren. Das bedeutet vor allem Informationen ohne Probe herzugeben, was für die Story ohnehin oft besser ist. Kurioserweise wundern sich die Spieler dann, dass sie nicht würfeln müssen. Und wenn ich sage: „Im trockenen Waldboden findest du in der Nacht ohne Fackel vom Pferd aus sicher keine Spuren, vergiss es“, reagieren sie mit: „Nicht einmal bei einem Glückswurf??“ Da ist also noch Arbeit zu leisten.

Systemseitig gibt es in Destiny jedenfalls keine dedizierte Wahrnehmung, gewürfelt wird auf das thematisch betroffene Intelligenz-Attribut: INT/Natur, wenn es darum geht, einen Vogel am Horizont als Drachen zu erkennen, oder INT/Gesellschaft, wenn man die Schweißperle auf der Stirn des Hochstaplers bemerken soll, INT/Kampf, wenn man einen Hinterhalt entdecken will oder INT/Magie, wenn einem Runen in Ornamenten oder Pilzkreise auf einer Lichtung auffallen sollen. Theorie und Wahrnehmung sind hier also gekoppelt. Damit habe ich zumindest systemseitig eine Streuung erreicht. Mehr kann ich nicht tun, um der Allmacht der Wahrnehmung entgegen zu treten.

Die guten alten Zeiten

Was war dein erstes Rollenspiel? Meines war DSA 1, und wenn ich das Buch der Regeln heute in die Hand nehme, erinnere ich mich sogleich, nostalgisch verklärt, an Felix‘ und meine ersten Erfahrungen mit dem Genre. Ich erinnere mich an ein Haus in Havena, in dem sich wenig Sinn, aber dafür massenhaft Fallen und Monster befanden. Ich erinnere mich daran, wie ich Silvanas Befreiung auf dem Atari 800 XL nachprogrammierte. Seufz.

Nostalgie ist eine mächtige Kraft, die stärker wird, je mehr Zeit vergeht. Und sie ist ein potentes Marketing-Instrument. Retro-Klone und Back-to-the-Roots-Tendenzen beweisen das. Ich gestehe gerne, dass auch Destiny nicht zufällig in traditionellem Gewand daher kommt, mit nur wenigen Attributen, keinen Skills und den zwei üblichen verdächtigen „Energien“.

Ebenso mächtig wie Tradition ist aber auch die Evolution. Man kann nicht leugnen, dass die Anforderungen an ein Rollenspiel heute andere sind als damals:

  • Spielfluss ist oberstes Gebot, Wundbrand und lange Regeneration sind ein No-Go (daher in Destiny: Szenenregeneration)
  • Spieler wollen Freiheit bei der Entwicklung ihrer SCs und kein „Magier dürfen nur RS 2 haben“ (daher in Destiny: frei wählbare Talente anstatt Archetypen)
  • Spielleiter wollen ihre NSCs einfach und schnell erschaffen können, Abhängigkeiten und Formeln gehen gar nicht (daher: Destiny-Beginner für NSCs)
  • der gnadenlose Zufall wird überall, wo man hinsieht, entschärft: Bennies & Co. lösen Patzertabellen ab (daher in Destiny: Affinitäten und Destiny-Punkte)

Angesichts solcher Errungenschaften könnte man fast der Meinung sein, dass die Zeit zwar „gut und alt“ war, die Spiele von damals aber nur „alt“. Ich jedenfalls würde lieber jenes Rollenspiel spielen, das ich letzte Woche im Handel erstanden habe, als nochmal das Dokument der Stärke zu befüllen. Retro-Feeling trotzdem nicht ausgeschlossen.