DD#25 Meet Haugie

Bei den Aufräumarbeiten nach dem Destiny Dungeon Workshop fiel mir ein Zettel in die Hand, auf dem einer der Teilnehmer (Nerzenjäger) seinen Character, einen Uktaurer-Barbaren namens Haugror, verewigt hat. Looky here:

Ich weiß nicht, wie’s euch geht, wenn ihr das seht, aber ich würde sonstwas dafür geben, so zeichnen zu können. Und ich überlege ernsthaft, Nerzenjäger als Illustrator für meine nächsten Projekte zu buchen.

Noch dazu, da mir mein Haus-und-Hof-Illustrator wieder einmal vorwirft, meine Vorgaben seien zu groß gedacht, zu detailliert für den Tarif von Innenillustrationen, die Revidierungen würden zu viel Zeit kosten und so weiter. Wenn ich mir da anschaue, in welch kurzer Zeit Nerzenjäger seinen Haugie zu Papier gebracht hat…

Aber es ist wie es ist. Also beschwichtige ich nach allen Regeln der Kunst und versuche, das Maximum für Destiny Dungeon herauszuholen. Und ich lerne, dass man als Rollenspiel-Designer – wie in vielen anderen Berufen auch – duldsam und psychologisch sein muss.

Ideenfindung im Grünen

Alle Schreibwerkstätten und einschlägigen Bücher raten kreativ Schaffenden, Pausen zu machen, spazieren zu gehen, Sport zu treiben etc. Ich selbst habe das lange Zeit nicht verstanden und mir lieber krampfhaft Worte am Computer abgerungen als einen Fuß vor die Tür zu setzen. Wie bei allen Effekten, die man nicht messen kann, befürchtete ich auch hier, dass ich nur Zeit verschwenden würde, die mir letztendlich anderswo abging.

Zumindest im Sommer halte ich es mittlerweile konsequent anders: Ich nutze die Tatsache, dass wir ein Naherholungsgebiet vor der Tür haben, und verbringe so viel Zeit wie möglich in der freien Natur. In den letzten drei Tagen war das Wetter schön und ich so produktiv wie selten zuvor: Die NSCs sind fertig, die Gruppierungen sind fertig, die Städtebeschreibungen sind fertig, und ca. ein Viertel der abenteuerlichen Locations aka “Dungeons” sind konzeptionell auch fertig. Ich gehe dabei in 3 Stufen vor:

  • Stufe 1 ist die Ideenfindung. Ich sitze auf der Terrasse eines Schutzhauses mit Blick ins Grüne (siehe Foto) und habe ein Notizbuch bei mir. Ich nehme mir ein Thema vor, z.B. was fällt mir zu den Ayasyel-Ruinen ein?, und notiere mir Namen, spieltechnische Details, verbindende Elemente, Plot Hooks etc. Da ich nicht alles immer im Kopf habe, schaue ich Details, die ich bereits festgelegt habe, via Handy in meinem Arbeits-Wiki nach und kehre dann wieder zum Notizbuch zurück. Dazwischen schlürfe ich Kaffee und beobachte die Menschen und ihre Geschichten um mich herum.
  • Stufe 2 ist die Strukturierungsphase. Ich tippe all diese Ideen in mein Arbeits-Wiki, damit sie für mich überall elektronisch verfügbar sind. Meistens als Aufzählungspunkte, die ich bereits thematisch aneinander reihe. Das sieht dann wie im nebenstehenden Screenshot aus. Das mache ich meistens noch am selben Tag; weil es eher eine stupide Sache ist, eher am späten Abend.
  • Stufe 3 ist die Textierung. Ich verwandle die Punkte in einen Fließtext. Das Formulieren und kausale Verknüpfen der Elemente hilft mir dabei, die weniger tollen oder unpassenden Ideen zu erkennen. Ich streiche sie dann einfach adhoc, sie fließen also in den Text nicht ein. Wenn ich merke, dass noch Punkte fehlen, füge ich mir ein To-Do hinzu, über das ich zu gegebener Zeit nochmal nachdenke. Diese Phase ist ebenso zeitaufwändig wie Phase 1, braucht aber wesentlich mehr Konzentration, weil das ganze ja auch sprachlich attraktiv und präzise sein soll und vor allem so rüberkommen soll, wie ich mir die Elemente vorstelle. Und unterhaltsam sollte sich das ganze auch noch lesen, mit einer homöopathischen Dosis Humor bzw. Ironie.

Später, wenn all das ins Layout-Programm wandert, sehe ich erst, ob ich noch Platz zu befüllen habe oder Texte kürzen oder, wie ich immer sage: “eindampfen” muss. Aber das gehört nicht mehr zum kreativen Prozess (macht auch nicht wirklich Spaß) und soll daher nicht Gegenstand dieses Artikels sein.

Natürlich hat jeder seinen eigenen kreativen Prozess, aber ich hoffe, hiermit dem einen oder anderen Schreiberling unter euch Lust auf “draußen” gemacht zu haben.

DD#24 Bericht vom 1. Destiny-Dungeon-Workshop

Letzter Freitag war ein Mega-Meilenstein: Der erste Destiny-Dungeon-Workshop fand statt! Teilnehmer waren vier Rollenspieler, die möglichst wenig gemeinsam haben sollten: ein Cthulhu-Guru, eine D&D-Spielerin, ein Old-School-Jünger sowie ein bereits mit Destiny gut vertrauter alter Freund. Auf dem Plan standen 17.00 Beginn mit Mango und Melone, Regeln erklären, Character erschaffen, Abenteuer spielen und Nachbesprechung mit Cocktails. Sehr erfreulich: Ich konnte mein selbst auferlegtes Destiny-Zeitlimit – Erklärung der Regeln und Erschaffung binnen 1 Stunde – tatsächlich halten, sodass genug Zeit für das Abenteuer blieb:

Um 18.00 startet wir im wiedereröffneten Wirtshaus zum leuchtenden Würfel, dessen Hintergrundgeschichte man erst hören wollte, als ein rachsüchtiger, halb verdauter Magier auftauchte, einen Naraskius anrief und, nachdem dieser sich nicht meldete, das Wirtshaus mitsamt allen Anwesenden in den Sumpf teleportierte. Es folgten Gespräche mit Wirtin und Gästen und Durchsuchen der Gaststätte, dann brachen plötzlich Schatzsucher-Zwerge durch, aber den Vortritt in den geheimen Keller des Naraskius überließen sie dann doch den SCs. Da waren Fallen und Rätsel aller Art und Meister Naraskius selbst – bzw. sein Geist. Nachdem die SCs ihn losgeworden waren, fanden sie seinen Schatz und sein Tagebuch und die Hintergründe über die Fehde mit dem halbverdauten Einen. Da sich das Wirtshaus aber immer noch im Sumpf befand und kein Weg daraus ersichtlich war – zwei Tage waren die SCs unterwegs, wobei sie zumindest eine Ogerhöhle und ein Dorf nicht allzu offenherziger Elfen entdeckten – musste es noch ein anderes Problem geben: Ah! Man überredete/überwältigte die Wirtin dazu, ihr neu eröffnetes Wirtshaus wieder zu schließen. Das half! Der verdaute Eine tauchte tatsächlich auf, doch die Wirtin lief plötzlich Amok – und unglücklicherweise in ein Wasserloch. Und schon war der Eine hochzufrieden: Das Gasthaus seines Feindes war geschlossen, dessen Ur-ur-ur-Enkelin tot. Großmütig teleportierte er Wirtshaus plus Gäste wieder zurück.

Dafür, dass sich von den vier Spielern nur zwei kannten, lief das Rollenspiel sehr reibungslos, und ich glaube nicht, dass man spürte, dass es ein Alpha-Test war. Als SL hat’s jedenfalls viel Spaß gemacht. Die Nachbesprechung war extrem erhellend, alle Beteiligten konnten mir – teilweise dank schriftlicher Aufzeichnungen während der Session – präzise vermitteln, was für sie besonders gut funktionierte und was nicht.

  • Mir besonders wichtig war das Grundfeedback, dass die Destiny-Engine absolut perfekt läuft und ausreichend Old-School-Spielgefühl heraufbeschwört. Das ist schonmal wichtig, denn sonst hätte ich das ganze Projekt hinterfragen müssen.
  • Positives Feedback gab es auch zu meinen Archetypen-Beschreibungen, die inhaltlich interessant, fantasievoll und “tongue-in-cheek”-ig erachtet wurden. Conclusio: Inhalt kann mal bleiben, Text muss natürlich noch sprachlich überarbeitet werden.
  • Leider spiegelten sich die Archetypen im Spiel nicht ausreichend wider. Es wurde bemängelt, dass alle Archetypen gleich viele KON und Destiny-Punkte hätten und sich in diesem Punkt zu wenig unterschieden. Conclusio: Alle Archetypen bekommen eigene Startwerte bei KON und Destiny-Punkten. Letztere sind nicht mehr an die Stufe zu binden.
  • Auch wurde negativ befunden, dass der Attribut-Range bei der Erschaffung zu gering sei und alle irgendwie recht “durchschnittlich” seien. Meine Vermutung, dass die nackten Wahrscheinlichkeiten ohnehin von niemandem als Differenzierungsmerkmal betrachtet würden, war somit schlicht falsch. Conclusio: Wertebereich nach oben und unten erweitern.
  • Psychodynamisch interessant und positiv bewertet wurde das Festlegen der Attribute bei der Erschaffung mittels Würfelwurf. Ich hatte befürchtet, dass dieses Zufallselement nicht so gut ankommen würde, aber Einflussnahme und Unberechenbarkeit dürften einander dabei gut die Waage gehalten haben.
  • Kurios: Die Freiräume, die ich bei der Erschaffung einräumte, damit man auch aus den Archetypen ausbrechen könne, wollten die Spieler gar nicht. Vielmehr rieten sie mir, meine Vorstellungen von den Archetypen einfach festzulegen und alles drumherum verpflichtend zu bauen. Conclusio: Mehr Mut zum Archetyp, spezifische Talente nicht optional, sondern verbindlich machen.
  • Zu Abenteuer und Welt erhielt ich das – für mich besonders erhebende – Feedback, dass man bereits anhand vieler Kleinigkeiten spüre, dass Istarea als eine schlüssige, lebendige Welt im Hintergrund existiert, die sich auch ohne Zutun der Spieler entwickelt. Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass die Limis-süchtigen Elfen und gewaltlosen Zwerge gut angekommen sind und nicht ins ausgelutschte Klischee kippten. Da bin ich offenbar auf dem richtigen Weg.

Insgesamt also noch vieles zu tun! Ob ich den September wirklich schaffe? Keine Ahnung. Eines ist aber sicher: Es wird noch einen zweiten Workshop, vermutlich im August, geben, in dem sich die adaptierten Erschaffungsregeln beweisen werden müssen und Steigerungs- und Ressourcensystem im Fokus stehen werden.

DD#23 Neue Illustrationen

Das ist echte Partizipation, liebe Freunde: Hier sind zwei Illustrationen, die von Kommentatoren dieses Blogs angeregt wurden und die ich prompt umsetzen ließ. Vielen Dank, Christoph, vielen Dank, TheOneKane!

Weitere Ideen für Illustrationen werden gerne entgegen genommen. Für den Regelteil brauche ich noch generische Bilder, d.h. auch Ideen ohne Kontext zu Istarea sind herzlich willkommen!

Freundschaften im Rollenspiel

Ein Thema, das mir in letzter Zeit öfters begegnet ist (z.B. im Tanelorn), dreht sich um die Frage, inwieweit Rollenspiel ein Hobby für Freunde ist, sein muss oder sein kann, oder ob es gar eine Zweckgemeinschaft ist, bei der die persönliche Bindung zu den Anwesenden in den Hintergrund tritt.

Zum Beispiel bemerke ich, wenn ich darüber nachdenke, dass ich alle zwei Sonntage die Mitglieder meiner Runde treffe und mit ihnen spiele, aber im Grunde genommen keine Ahnung habe, was die Leute in ihrem Leben so tun und treiben. Einen von ihnen kenne ich seit 26 Jahren, und doch erfuhr ich erst nach vielen Monaten, dass er eine Ausbildung zum Masseur macht. Traurig aber wahr: Über seinen SC wusste ich mehr!
Auch bemerke ich, dass die Leute unterschiedliche Zielsetzungen in die Runde einbringen. Einer meinte unlängst, für ihn sei die Runde wichtig, aber das Wichtigste sei ihm das Spiel selbst; ich habe ihn so verstanden, dass es ihm für ein positives Spielerlebnis weitgehend egal ist, mit wem er da am Tisch sitzt.
Ein Blick auf das Beziehungsgeflecht meiner Sonntagsrunde zeigt auch, dass manche untereinander wirklich Freunde geworden sind und sogar mit einander in Urlaub fahren etc., andere wiederum nicht einmal Telefonnummern getauscht haben.

Für mich ist Rollenspiel in zwischenmenschlicher Hinsicht wirklich etwas Paradoxes. Auf der einen Seite sind die Spieler wie in wenigen anderen Hobbies eng mit einander verknüpft – man muss ja doch aus sich heraus gehen, sich öffnen, auf die anderen eingehen usw. -, auf der anderen Seite hat all das nichts mit den Spielern per se zu tun, ihrem wahren Leben, ihren Bedürfnissen, ihren Ängsten, Sorgen, Wünschen, Träumen.

Gestern hatte ich wieder das Glück und Privileg, für die Mädelsrunde leiten zu dürfen, und was ich wirklich nett fand, war, dass sie sich die Zeit nahmen, um mit einander abend zu essen und zu plaudern. Erst danach starteten wir ins Abenteuer. Ja, das kostete Zeit, und das Abenteuer wurde auch nicht fertig an dem Abend, aber dafür hatte man das Gefühl, sich in einem Kreis von Freunden zu befinden, die als solche auch abseits des Rollenspiels existieren. Für mich deutlich befriedigender als ein dramatisch hochspannender Abend mit “Fremden”.

Im Tanelorn gibt es mittlerweile zahlreiche Erfahrungsberichte und Meinungen zu diesem Thema, und ich selbst habe dort mein Fazit bereits von mir gegeben: Ich denke, Rollenspiel hat per se nichts mit Freundschaft zu tun, sondern ist eigentlich ein ziemlich neutrales Hobby. Ich glaube aber auch, dass es wie ein Katalysator wirkt und Freundschaften schneller wachsen oder zu Ende bringen kann.
Viel stärker hängt meines Erachtens die Qualität der Beziehungen in einer Runde von den beteiligten Menschen ab. Manche von uns schließen schneller Freundschaften, andere eher nicht, manche sind extrovertiert, andere introvertiert, manche kommen, um eine Geschichte zu erleben, andere, um mit Gleichgesinnten zusammen zu sein. Ebenso wenig wie es den typischen Rollenspieler gibt, gibt es das typische Beziehungsgeflecht in einer Rollenspielrunde.

Glücklich können sich jedenfalls jene schätzen, bei denen beides – gutes Rollenspiel und gute Freundschaften – zusammen fällt.

Maths & Magic

Eigentlich sollte dieser Artikel so eine Art Zusammenfassung von gebräuchlichen Würfelmechanismen im Rollenspiel werden, quasi Recherche für mein Projekt 2012. Aber daraus wird wohl (noch) nichts, denn ich bin bei einem faszinierenden Paper hängen geblieben, das ich euch nicht vorenthalten möchte. Ein Screenshot aus dem PDF zeigt, dass sich all das, was unsere großartigen Charaktere so treiben, auch in Formeln darstellen lässt.

O Schreck, o Graus. Varianz war eines der Dinge, die mich mein Informatik-Studium haben hinschmeißen lassen. (Modula2 war das andere…). Lustige Anekdote am Rande: Maths&Magic war der Arbeitstitel meines ersten Rollenspiels in 1998. Felix und ich ersannen ihn, weil die ersten Entwürfe in der Tat sehr formelintensiv waren. Das Projekt erblickte nie das Licht der Welt. Schade, denn bei dem Titel wäre es wohl der Klick-Hit schlechthin geworden.

Apropos Klicks: Mein Krull-Special hat meine Zugriffsstatistik ordentlich in die Höhe schießen lassen. Ich denke, ich werd’ eine Serie daraus machen und hier noch weitere Audio-Tipps bringen. Schönes Wochenende!

Am Anfang war… Krull

So ein Blog soll ja auch etwas Persönliches über den Bloggenden bringen, daher habe ich mich heute mal entschlossen, ein Juwel der Filmmusik auszugraben, das mich in vielerlei Hinsicht geprägt hat, um es euch hier vorzustellen. (Außerdem kann dieser Blog etwas Multimedia vertragen).

Der Film, von dem ich rede, heißt Krull. Er ist heute typisches Samstag-Nachmittag-Programm, aber 1983/84, als er in die Kinos kam, war er schon was Besonderes, zumal einer der wenigen Splitter an Fantasy, die man finden konnte, und auch deutlich besser als Sandalen-Fantasy made in Italy. Die Geschichte ist in einem Satz zusammen gefasst: Junger Königssohn Colwyn macht sich auf, um seine Prinzessin Lyssa aus den Klauen des Unglaublichen Ungeheuers zu befreien, (das im Original ein Drache sein sollte, aber umgeschrieben wurde, nachdem Disney kurz vorher mit Dragonslayer in die Kinos kam; das nur am Rande).

Ich erinnere mich noch gut, ich war ca. 10 Jahre alt, und saß im Gartenbau-Kino, damals das größte und best ausgestattete Kino Wiens, als die Main Titles über den Bildschirm donnerten. Bildgewaltig – die schwarze Festung, die durch den Weltraum auf den Planeten Krull zufliegt – und musikalisch das Eindrucksvollste, das ich jemals gehört hatte. Eine derartige dramatische Wucht habe ich bei Filmmusik seitdem kaum im Kino erlebt.

Der Eindruck, den der Film bei mir hinterließ, war in jeder Hinsicht prägend. Die Geschichte entfachte mein Interesse für Monster, Schwertkampf und Magie, und die grandios symphonische Musik von James Horner prägte meinen Konsum und auch mein musikalisches Wirken in den Jahren, die folgten, wie kaum eine andere. Ich kann ohne Übertreibung sagen, dieser Film und seine Musik haben mein Leben verändert.

Damit ihr wisst, wovon ich rede, hier ein paar Schnipsel aus dem Soundtrack, dessen limitierte Ultimate Edition ich das Glück hatte, in die Finger zu kriegen. Viel Spaß!

Krull (Audioexzerpt)

(Und weil’s so schön ist, gibt es das auch mit Bildern und etwas länger auf Youtube.)

DD#22 NSCs in Istarea

Pfingsten hat sich ohne Frage positiv auf meine Schaffenskraft ausgewirkt. Ich habe einige Anregungen aus den Kommentaren in meine Materialien eingearbeitet, vor allem aber  habe ich Istarea um einige NSCs erweitert, die bisher nur Namen waren:

König Maras ist nun im hohen Alter zu einem philosophischen, introspektiven Regenten geworden, der sein Lebenswerk kritisch hinterfragt und von vielen als zu nachgiebig gesehen wird. Seine Frau, Königin Averna, hat da schon mehr Power und engagiert sich intensiv in der Weißen Kirche, um das Königreich mit den Mitteln einer Frau zu gestalten. Der gemeinsame Sohn Mylius ist ein Träumer, ein Ritter Romantique, den es in die Ferne zieht, der aber von seiner Mutter nicht losgelassen wird und immer wieder von ihr gegen seinen Bruder Marcor aufgehetzt wird. Marcor, der dunkel-charismatische Thronfolger, dessen biologische Vaterschaft nie geklärt wurde, ist hingegen ein harter Taktiker und ein furchterregender Bogenschütze, dessen schwarze Pfeile im ganzen Land legendär sind. Er trägt das Mal des Hôr und opfert vor jeder Schlacht Blut, um siegreich zu bleiben – was aber niemand weiß, denn sonst wäre es wohl aus mit der Thronfolge. Und dann ist da natürlich Mavith, König Maras’ stolzer, hochmütiger Bruder und Todfeind, der dank elfischer Magie schon seit Jahren nicht mehr altert und eifrig konspiriert. Mavith war der Schlaue von den beiden Brüdern. Das Königreich Istarea, wie es jetzt existiert, war eigentlich sein Traum. Er wird alles tun, um ihn sich zurückzuholen oder notfalls zu zerstören.

Soweit die erste Riege der NSCs. Die zweite bilden die Grafen und Stellvertreter der Völker/Rassen. Da gibt es bereits einige, z.B. die korrupte, fette Gräfin von Usthir, die in ihre eigene Tasche wirtschaftet, oder den schwachen Grafen von Equiun, der aus Angst vor einem Konflikt mit den Vampiren koaliert. Mein Liebling: Graf Terus Schlangenblender, der die Riesenschlange unter Lovorn mit dem Schwert in der Hand konfrontierte und dabei sein Bein verlor, allerdings nicht, ohne der Schlange sein Schwert ins Auge zu rammen, wo es heute noch steckt. Dann wird es noch die Gräfin von Iphanir geben, die an ihres Mannes Statt über die Kornkammer regiert, seit dieser bei einer Expedition ins Elfenmoor verschwand. Die Ärmste erhält allerdings vom König den Titel nicht, da sich die Grafenwürde nicht/nicht auf Ehegatten vererbt.

Zumindest in meiner Vorstellung ist Istarea bereits ein sehr lebendiges Setting geworden. Jetzt sind raffiniert ausgearbeitete NSCs zwar nicht unbedingt die conditio sine qua non für ein gutes Sandbox-Setting, aber ich denke, es hilft, wenn man als SL eine Anzahl an Personen zur Verfügung hat, die das Geschehen vorantreiben, wenn die SCs das gerade nicht tun, oder ihnen in die Hände spielen oder aber gegen sie agieren.

Worauf man, glaube ich, aufpassen muss, ist, dass die NSCs nicht interessanter werden als die SCs und sich zwischen ihnen ein “inzestuöses Drama” bildet. Wenn sich plötzlich alles seifenopern-artig um die Königsfamilie dreht, kann es leicht geschehen, dass man als Spieler zum Statisten wird, und das wäre natürlich nicht im Sinne des old-school/Sandbox/World-in-Motion-Gedankens. So gesehen möchte ich zum Thema NSCs in Istarea gar nicht viel mehr als das eben Skizzierte einbringen, um den SL nicht in Versuchung zu führen, sein eigenes Drama zu spinnen. Das sollte nachwievor von den SCs ausgehen.

Der Schmerz der Innovation

Heute möchte ich über den “Schmerz der Innovation” schreiben. Es geht um die Rückschläge und moralischen Setbacks, die man zuweilen erleidet, wenn man versucht, etwas neu, anders zu machen oder innovativen Konzepten zum Durchbruch zu verhelfen.

Bei mir zumindest ist es so, dass ich beim Entwerfen eines neuen Settings, neuer Regeln oder neuer Szenarien zuerst einmal ziemlich blind Ideen runterschreibe. Viele davon gänzlich unreflektiert und auch unhinterfragt. Das entspricht meinem Brainstorming-Prozess. Das Problem daran ist, dass ich schon während dieses Prozesses, der eigentlich noch gänzlich ohne Wertungen ablaufen sollte, beginne, mich mit diesen unreflektierten Konzepten zu identifizieren. Viele davon stelle ich mir schon extrem cool vor, bevor sie überhaupt richtig auf die Welt gekommen sind.

Dann kommt das Erwachen. Oft merke ich selbst, dass etwas daran nicht stimmt; manchmal weisen mich auch meine teuren Freunde darauf hin. Ihnen fällt es leichter, objektiv und nüchtern zu bleiben und sich nicht, wie ich, durch Innovations-Enthusiasmus blenden zu lassen. Gottseidank gibt es sie, diese Freunde! Sie ersparen mir wertvolle Zeit, indem sie mich schon frühzeitig wieder “auf den rechten Weg” zurückführen.
Aber trotzdem – es schmerzt einfach ein wenig, wenn man eine Idee gebirt und sie andere dann schlecht finden. Oder man selbst sich eingestehen muss, dass sie eigentlich Mist ist.

Ich werde trotzdem nicht aufhören, mir mit meinen Ideen blutige Nasen zu holen, denn auch wenn auf 10 Ansätze vielleicht 9 untaugliche kommen, ist das immer noch besser, als immerzu bewährte Pfade zu beschreiten, nichts anders zu machen, nichts zu riskieren und letztendlich aber auch nichts Neues zu schaffen. Ob ich dabei vielleicht lernen muss, mehr Distanz zu meinen Konzepten zu haben? Vielleicht. Andererseits könnte ich mir Rollenspiel-Design ohne das enthusiastische Naheverhältnis zu meinen Werken nicht vorstellen. Ist das bei euch anders?

DD#21 Städte braucht das Land

Mittlerweile geht es, was die Details des Settings angeht, ans Eingemachte. Ich habe mir bereits umfangreiche Gedanken zu den Städten gemacht. Jede soll einen eigenen Charakter haben, und es soll unterschiedliche Gründe geben, warum man als SC hierhin und nicht dorthin zieht. Letzteres ist noch ein offener Punkt, aber die grundlegenden Charakterisierungen der (Klein-)Städte sind fertig. Ich eröffne wieder mit einem Beispiel:

Aeliun ist die größte und älteste Stadt des Königreichs. Sie war die erste Befestigung der Siedler und liegt vergleichsweise unzugänglich auf einer großen und mehreren kleinen Felsinseln, die mehrere Meter hoch aus dem sumpfigen Delta der Unagke herausragen und durch steinerne Brücken mit einander verbunden sind. Der größte Bezirk Aeliuns, auch der Alte Distrikt genannt, beherbergt die Halle des Mondrith, ein ehrwürdiges Gemäuer, das anlässlich der Stadtgründung errichtet wurde und in dem heute die Stadtverwaltung ansässig ist, weiters den Königspalast, den Kerkerturm und den Hochtempel der Pakya.
Die Herrschaft über Aeliun liegt bei Prinz Mylius, der allerdings viel lieber mit seinem Bruder tauschen und die königlichen Reiter im Herzen des Tales kommandieren würde. Dementsprechend halbherzig ist sein Engagement als Stadtherr, und so kommt es, dass sich in Aeliun, direkt unter den Augen des Königs, allerhand Gesindel tummelt und die Diebesgilde der Silberschlangen wirkt und gedeiht. Angeblich besitzt sie bereits ein Zehntel aller Gebäude, vornehmlich solche mit unterirdischen Gängen und Kellern aus der Blütezeit der Schwarzen Hydra.
Die weitläufigen Sümpfe um Aeliun sind tückisch und gefährlich: Schwarze Irrlichter schwirren hier umher und quälen den nahen Elfenstamm der Alethiên. Manchmal, wenn die Alethiên die Oberhand gewinnen, kommen die Schwarzen Irrlichter in die Stadt, und einige Einwohner erwachen nicht mehr aus ihrem Schlaf – der Zorn des Hôr, so die Geweihten der Pakya, die darin nur einen weiteren Grund sehen, dass sich die Bevölkerung allein ihnen zuwenden sollte.

Demgegenüber wird Usthir die Stadt der Handwerker werden, gelegen auf einer Anhöhe, die nur über eine Felsbrücke zu erreichen ist. Unter der Klippenstadt Lovorn wird es ein Tunnelsystem geben, in dem eine Riesenschlange haust, der man in alten Zeiten Opfer darbrachte (die heute noch als Schätze herum liegen). Irrilnir wurde ursprünglich von den Zyklopen erbaut, weshalb alles sehr flach, groß und geräumig ist. Die Nähe zum Lavatempel sorgt für exzessive Verwendung von Glas in der Architektur der Stadt. Iphanir wird in drei Etagen existieren, unten die verlassenen Ruinen, oben die befestigte Stadt und noch weiter oben die magischen Terrassenfelder, die die Stadt zur Kornkammer des Tals machen. Garavorn wird auf einem Plateau liegen, neben dem ein Wasserfall in die Tiefe rauscht. Die Flusshöhlen oberhalb werden von Salamanderlingen bewohnt sein. Und die ehemalige Friedhofsstadt Equiun nahe den Ewigtoten Türmen wird den Flair einer Stadt im Wald haben, allerdings von Vampiren heimgesucht werden, die sich allabendlich Opfer suchen, diese halbleer saugen, einen Vergessenszauber hinterlassen und wieder abziehen. Der Stadtfürst weiß das, ist aber schwach und hat einen Pakt mit der Vampirfürstin geschlossen. Die Zwergenstädte Hagulsheim und Grorulsklamm fehlen mir leider noch; Zwerge sind nicht unbedingt meine Spezialität…

Alle Städte, so der Plan, sollen 1-2 eigene Tabellen erhalten mit Zufallsbegegnungen und -ereignissen sowie einen Statblock, in dem z.B. Preise und Verfügbarkeit modifiziert werden. Usthir wird z.B. sehr teuer sein, dafür wird man dort besonders gute Waren erstehen können. Letztendlich wird jede Siedlung 1 Seite einnehmen; lokale Szenarien werden ausgelagert in den Szenarienteil, auf den dann nur verwiesen wird.