DD#07 Schmierage

Die eigentliche Bedeutung des Wortes Schmierage ist laut Online-Wörterbuch Schmiererei, Geschreibsel. Es kam mir jedenfalls in den Sinn, als ich auf meinen ersten Bleistift-Entwurf des DD-Settings blickte. Macht noch nicht viel her, aber mit irgendwas muss man ja mal anfangen. Hier also die… Schmierage.

Was haben wir denn da alles:

  • zuerst mal viel Gebirge (schraffiert) drumherum; räumliche Abgegrenztheit war und ist ja ein Grundkriterium für das Setting.
  • ein gesellschaftliches Zentrum, in diesem Fall die Hafenstadt im Westen
  • unzugängliches Terrain in der Talmitte (entsprechend der Geschichte)
  • genügend Siedlungen am Rand, um die nötige Infrastruktur herzustellen (SCs müssen ja einkaufen, Ausrüstung erneuern, sich ausgiebig regenerieren usw.)
  • ausreichend Sümpfe, damit die Elfen auch überall irgendwie vertreten sind
  • 1-2 Hauptdungeons, jedenfalls mal der Dämonenspalt
  • viel Abenteuer-taugliches Terrain dazwischen (die wenigsten Abenteuer spielen auf offenen Blumenwiesen)

Wie man sieht, bin ich auch in der Wahl meiner Medien – Pen&Paper im wahrsten Sinn des Wortes – sehr Old-School unterwegs. Schönes Wochenende!

Dagegen sehen die Profis alt aus…

Wer sich noch erinnert: Vor einiger Zeit absolvierte ich einen RPG-Anfänger-Kennenlern-Marathon mit Interessierten, die in einem (ähm: dem einen österreichischen) RPG-Forum auf meinen Thread reagiert hatten. Gestern war’s soweit: Der erste Abend! Ich selbst war ziemlich fertig und musste mich mit Kaffee, Burn und Coke Zero dopen, immerhin galt es ja, den Neulingen einen besonders positiven Eindruck vom Rollenspiel zu bescheren.

Da ich die Leute “gecastet” hatte, kannte ich sie, aber einander sahen sie gestern zum ersten Mal (abgesehen von den Facebook-Profilfotos). Unterschiedlich unpünktlich wie wir waren (eine Spielerin kam gar nicht – wir hoffen, es fehlt ihr nichts!), wurden die Vorstellungsrunden einige Male iteriert. Aber das schadete nicht, ebenso wenig wie die Namenskärtchen, die Dennis anregte. Irgendwie peinlich, aber total sinnvoll!

Den Spielern war wichtig, ihre Charaktere gut zu durchdenken, daher kamen wir überein, an den ersten paar Abenden erstmal mit schnell-schnell-SCs zu starten und uns später richtige Charaktere zu erschaffen. Wir würden dann beschließen, ob wir DSA, D&D, Midgard, Savage Worlds oder was auch immer spielen würden, für den Anfang aber sollte es Destiny-Beginner werden, nicht zuletzt, weil wir damit gleich loslegen können würden.

Die Runde war ein Hit und ich war echt baff, mit welcher Fantasie und Vorstellungskraft die “Anfänger” an die Sache heran gingen. Julia erschuf eine rothaarige Halbelfen-Magierin, die den Gegnern Funkenregen aus einem Beutel entgegen streute (wer kommt auf so was!? Genial!). Patrick zimmerte innerhalb weniger Herzschläge einen Söldner Marke Good&Tough zusammen, gegen den meine Söldner Klischeefiguren ersten Ranges waren. Simon spielte einen super-ekligen und doch absolut Runden-tauglichen Gnom, dessen Hintergrund perfekt zu dem Lys Marrah-Setting passte, und Lisi wagte sich über einen Zwerg, der sehr interessiert daran war, gegen die Diskriminierung der Zwerge in Lys Marrah anzukämpfen. Dennis, der einzige Profi unter den Spielern, erschuf eine Priesterin der Mondgöttin Vinith mit dem wunderschönen Namen Merana Thelusiel. Wow!

Ich leitete wieder “Dunkelheit in Hmûr”, das Einführungsabenteuer aus dem Destiny-Beginner-Buch und modifizierte es Cthulhu-meets-Fantasy-mäßig, um das Szenario mit mehr Stimmung anzureichern. Die Spieler gingen voll mit. Gewisse Unsicherheiten waren noch zu spüren, so wurde oft während des Kampfes darüber philosophiert, wer denn nun am besten was tun sollte, aber ich gab den Spielern die Zeit, die sie brauchten, und freute mich über den kreativen Ausgang. Da wurde der Schwarzmagier einfach von einem Weinregal erschlagen, der Wächter besiegt, indem man die Runen des Drudenfußes mit antimagischem Tonikum wegwusch, und die Riesenratte verabschiedete sich unter einem Weg-Ätz-Zauber. Ein Fest für die Imagination!

Und eine große Freude für mich als Systementwickler zu sehen, dass absolute Anfänger mit Destiny-Beginner wirklich klarkamen, es sogar ausdrücklich lobten, weil die Große Gabe das Charakterdesign unterstütze und ihnen all die Möglichkeiten biete, sich einzubringen, ohne das lästige “Das geht mit diesem Feat aber nicht”, das man von crunchigeren Systemen kennt. Wer jetzt übrigens Lust bekommen hat: Destiny-Beginner ist seit heute im Handel erhältlich. Meine offizielle Ankündigung wird in den nächsten Tagen erfolgen, aber man kann es jetzt schon bei Amazon.de bestellen.

Kurz: Großartige Runde, großartige Menschen, großartiger Abend! Ein Dankeschön an das Genre Rollenspiel!

DD#06 Kleine Geschichtsstunde II

Wer’s nicht gelesen hat, in DD#05 beschrieb ich die ältere Geschichte des Istarea-Tals von der Versklavung der Zwerge über Haguls Horn und den Einfall der Horden bis hin zur Ankunft der Menschen, die ein halbes Jahrtausend brauchten, ehe die Brüder Maras und Mavith zum Monsterführer Arkhor vordrangen und diesen besiegten. Das war die Geburtsstunde des Königreichs Istarea, dem der zweite Teil der Geschichte gewidmet ist:

Königreich Istarea. Maras und Mavith war bewusst, dass nur einer von ihnen König sein konnte. Sie beschlossen also nur so lange gemeinsam zu regieren, bis der erste von ihnen eine Frau fände, die ihm einen Erben schenkte. Allein, so ungleich die Brüder waren, sie verliebten sich in dieselbe Frau. Yandira hieß sie, und sie erwählte Maras als ihren Geliebten und Ehemann. Mavith, zerfressen von Ehrgeiz und gekränkt in seinem Stolz, schlich sodann am Morgen nach der Hochzeitsnacht in Yandiras Gemächer – mit gar schändlicher Absicht…
Schon am nächsten Tag zog Mavith in den Krieg gegen die Horden. Yandira hoffte, ihn nie wieder sehen zu müssen, doch er kehrte rechtzeitig zur Geburt des Kindes wieder heim. Am Grafentag, auf dem Maras’ Krönung beschlossen werden sollte, erhob er Anspruch auf die Vaterschaft und damit auf das Königreich. Maras zerbarst beinahe das Herz in der Brust, doch er handelte mit dem Weitblick eines Königs: Indem er das Kind unabhängig von den Umständen seiner Zeugung als das Seine akzeptierte, machte er es zu seinem Erben und zukünftigen Regenten des Landes.
Maviths verzweifelter Plan war nicht nur gescheitert, sondern brachte ihm auch Schande ein. Man beschimpfte ihn im ganzen Land, und seine Getreuen verließen ihn in Scharen. Yandira brachte ihren Sohn Marcor gesund zur Welt, doch die Ungewissheit plagte sie so sehr, dass sie sich nach der Geburt von den Zinnen in den nassen Tod stürzte. Maras brauchte viele Jahre, um Yandiras Tod zu verwinden, doch nur wenige Herzschläge, um über seinen Bruder den Königsbann zu verhängen. Mavith blieb nichts anderes übrig, als sich mit seinen Schergen in die Wälder zurück zu ziehen, doch er schwor, eines Tages wiederzukehren und Maras die Herrschaft zu entreißen.
Heute. Seit der Gründung Istareas ist fast ein halbes Jahrhundert vergangen, und König Maras ist sehr alt geworden. Seine beiden Söhne Marcor und Mylius, letzter stammend aus zweiter Ehe mit Königin Averna, stehen als Marschalle den königlichen Reitern vor, die noch immer im Zentrum des Tals gegen die Reste der Horden kämpfen. Währenddessen sind überall im Land tapfere Helden am Werk, alte Ruinen zu erforschen, Monster zu vertreiben und Schätze zu bergen, mit denen das Königreich neue Straßen, Burgen und Dörfer errichten kann.
Auch Mavith, so munkeln manche, sei noch am Leben. Er beziehe von den Elfen seltene Essenzen, die ihm seine Stärke und Jugend erhielten. Wie Geister tauchen er und seine stummen Reiter allenthalben auf, um Schätze zu rauben und Ruinen zu plündern…

Soweit mal der erste Entwurf. Ich rechne damit, die Geschichte noch 1-2 x revidieren zu müssen, um Elemente einzubauen, die sich im Laufe der Entwicklung des Settings ergeben werden. Aber als grundlegendes Konzept liefert sie mir schon mal alles, was ich brauche: alte Ruinen, Monster, Schätze, Intrigen, Fraktionen, einen mythologischen Bösewicht (Arkhor), einen aktuellen Widersacher (Mavith) und einige unberechenbare Elemente, durch die sich die Geschicke des Settings sehr verändern können.

Wie sag’ ich’s meinem Spielleiter?

Spielleiter-Sein ist ein oft ungedankter Job. Man bereitet Campaigns vor, bekommt weniger Chips und moderiert stundenlang hochkonzentriert, um es allen Recht zu machen. “Na, wie hat’s euch gefallen?”, fragt man dann am Ende und erntet vielleicht ein “Eh gut!”, wenn’s blöd hergeht aber “Sorry, aber mich hat’s nicht umgehauen.” Das muss in der Form nicht sein. Weil man damit motivieren, aber auch demotivieren kann, widme ich meinen heutigen Artikel dem Feedback.

1. Empfangsbereitschaft. Sinn eines Feedbacks ist nicht, sich Frust von der Seele zu reden oder zu speichellecken, sondern dem anderen zu einer neuen Sichtweise zu verhelfen. Dazu muss aber dieser zuerst Empfangsbereitschaft signalisieren. Ist das nicht der Fall, aber der Leidensdruck beim Spieler zu groß (ein tyrannischer Spielleiter oder eine nicht abreißende Serie von todlangweiligen Abenteuern), dann sollte man das unter vier Augen besprechen, aber nicht als Feedback coram publico erörtern.

2. Feedback geben. Damit der kritische Punkt leichter angenommen werden kann und nicht reflexartig abgelehnt wird, kann man ihn einbetten, z.B. zuerst einen Punkt ansprechen, der einem sehr gut gefallen hat, danach den kritischen Punkt und als drittes einen Verbesserungsvorschlag. Man sollte dabei Ich-Aussagen tätigen und Wertungen vermeiden. “Ich habe das Abenteuer stellenweise langatmig empfunden” ist besser als “Das war dein bislang ödestes Abenteuer”. Damit der SL etwas mit dem Feedback anfangen kann, muss es jedenfalls konkreter als das sein. Beispiele helfen: “Zum Beispiel die Szene in der Schlucht, als sich jeder erwartet hat, dass etwas passiert…”

3. Feedback annehmen heißt Geduld haben, den anderen ausreden lassen, eventuell nachfragen, wenn man etwas nicht verstanden hat. Rechtfertigen sollte man sich nicht. Ja ja, der Spielleiter kennt sein Abenteuer besser und hat 100 gute Gründe gehabt, aber Sinn der Feedbackrunde ist nicht, in einen Diskurs zu gehen. Letzter Punkt: Dankbarkeit. Für Feedback sollte man dankbar sein oder sich zumindest dankbar zeigen.

Feedback ist wie Medizin. Es schmeckt manchmal gar nicht gut, aber es hilft einem weiter. Mir zumindest hat es in der Vergangenheit sehr geholfen, und auch das Feedback hier im Blog und in den Foren ist von unschätzbarem Wert. Also sage auch ich an dieser Stelle an alle Kommentatoren: Danke!

DD#05 Kleine Geschichtsstunde I

Nachdem ich weiß, was das Setting können soll, beginne ich die Geschichte zu konstruieren. Ich meißle sie nicht in Stein, aber sie sollte sich beim Lesen als schlüssig erweisen und das Feeling des Settings charakterisieren. Hier ist mal der erste Teil, die ältere Vergangenheit.

Die alte Zeit. Vor 5000 Jahren. In einem wunderbar fruchtbaren Tal zwischen steil aufragenden Klippen und wolkenverhangenen Bergen lebte einst das Volk der Elfen. Das Tal hieß Istarea und war groß wie ein Königreich. Es umfasste Wälder, Seen und Sümpfe und bot den Elfen alles, was sie zum Leben brauchten. Zudem war es ein zuverlässiges Bollwerk gegen wer auch immer von außen neidisch auf ihren Fortschritt schielen mochte.
Im Schutze des Tals entwickelten sich die Elfen zu einer bemerkenswerten Hochkultur, deren Errungenschaften in Magie, Mechanik, Alchemie und Kunst weit über unser heutiges Vorstellungsvermögen hinaus gingen. Alles, was sie dafür brauchten, war Limis, die Essenz reiner magischer Energie. Limis wurde von den Zwergen in mühevoller Arbeit zu Tage gefördert. Dank seiner brachten die Elfen in Jahrzehnten das zu Wege, was eigentlich hätte Jahrhunderte dauern sollen; allein, ihre Gemüter vermochten nicht Schritt zu halten: Sie wurden hochmütig und herrisch und gierten nach mehr Macht und mehr Limis. Als ihre Schätze, aus denen sie die Zwerge bezahlten, zur Neige gingen, versklavten die Elfen das kleine Volk und zwangen sie dazu, weiterhin für sie Limis abzubauen. Bis zur Erschöpfung trieben die Elfen ihre kleinen Helfer von einst, ehe der Zwergenfürst Targax in seiner Verzweiflung befahl, Haguls Horn zu blasen.
Die Zeit der Horden. Vor 1000 Jahren. Der dumpfe Ton des uralten Zwergenartefakts erschallte im gesamten Tal von Istarea und noch weit darüber hinaus. Kaum verebbte sein Hall, kamen sie: In Horden krochen sie über die Berge, gruben sich aus der Erde, traten aus dem Wasser und stürzten aus den Wolken hernieder: Goblins, Oger, Harpyien, Kobolde, Schlangenmenschen und andere Kreaturen, die sich mit gutem Grund vor den Göttern verborgen hatten, fielen über Istarea her. Sie töteten jeden, der ihren Weg kreuzte und machten die elfischen Siedlungen dem Erdboden gleich. Für die Elfen kamen sie zu schnell und in zu großer Zahl: All ihre Errungenschaften halfen ihnen nicht, denn die Horden kannten weder Angst noch Gnade.
Die Zwerge hatten sich einstweilen in ihre unterirdischen Anlagen zurückgezogen. Ein Zwergenleben war lang, und so beschlossen sie, einfach zu warten. Die Horden aber spürten, dass sich Haguls Horn unter der Erde befand, und sie drangen in jede Mine und jeden Keller ein. Die Zwerge errichteten eilig Fallen und Wehranlagen, doch letztendlich bewahrte es sie nicht davor, ihre Anlagen zu verlassen und sich eine neue Heimat suchen zu müssen.
Jahrhunderte lang stand das Istarea-Tal unter der Herrschaft der Horden. Selbstzufrieden saßen sie in den elfischen Ruinen und spielten mit den Schätzen, Artefakten, Tränken und magischen Apparaturen, die die Elfen zurückgelassen hatten. Viele von ihnen mutierten in dieser Zeit auf schreckliche Weise, verloren ihre sphärische Bindung, entwickelten Resistenzen und Fähigkeiten oder wurden von finsteren Dämonen in Besitz genommen und mit infernalischer Schläue beseelt. Mit Schrecken verfolgten die Elfen, die sich in die Sümpfe hatten retten können, wie Istarea von den Horden zu Grunde gerichtet wurde.
Arkhors Herrschaft. Vor 500 Jahren. Dann kamen die Menschen. Sie hatten weder die Magie der Elfen noch die Konstitution der Zwerge, aber sie waren groß an Zahl. Und sie kämpften mit Todesverachtung gegen die Horden, bis es ihnen gelang, die Ränder des Istarea-Tals zu befestigen und die Horden ins Zentrum zu treiben.
Dort aber herrschte der Monsterführer Arkhor, dem lange Zeit niemand die Stirn zu bieten wagte. Erst die Gebrüder Maras und Mavith wagten die heldenhafte Queste, drangen bis zu Arkhor vor und besiegten ihn mit Schwert und List. Die Horden waren damit zwar nicht vernichtet, doch ihr Zerfall nur eine Frage der Zeit. Grund genug, dass Maras und Mavith noch am selben Tag, der sich in Kürze zum 50. Mal jährt, das Königreich Istarea ausriefen.

Man muss vielleicht dazu sagen, dass Zwerge und Elfen in diesem Setting etwas anders charakterisiert sind. Das Zwergenvolk ist hier nicht kriegerisch und die Elfen sind nicht zimperlich, was schwarze Magie angeht. Was mir für DD vorschwebt, ist, die Geschichte nicht (so wie hier) in einem Kapitel darzustellen, sondern verschiedene Versionen der Geschichte aus Sicht der diversen Völker.

Nächstes Mal widme ich mich der jüngeren Vergangenheit und enthülle, wer von den beiden Brüdern König wurde.

Der Dämon der Kreativität

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mein rollenspielendes, -leitendes und -designendes Ich schläft so gut wie nie. Wenn ich irgendwo im Grünen sitze, arbeitet meine Fantasie auf Hochtouren. Schaue ich fern, so entdecke ich überall Elemente für zukünftige Kampagnen oder Settings. Hocke ich in einem langweiligen Meeting, kritzle ich Szenarienideen in meinen Notizblock. Gerade in Zeiten wie jetzt, in denen ich intensiv an einem Projekt arbeite, schaltet das Hirn gleich in der Früh in den Rollenspiel-Schaffensmodus, und wenn ich Pech habe, vergisst es abends auszuschalten, dann geht das in den Träumen noch weiter – ein Effekt, den ich oft auch nach langen Sessions verspüre.

Rollenspiel scheint eine Materie zu sein, die sehr tief in die Bewusstseinsschichten derjenigen hineinragt, die sich damit kreativ beschäftigen. Spieler, die sich alle 4 Wochen mal berieseln lassen, werden dieses Phänomen vermutlich nicht kennen. Aber Spielleiter und Designer möglicherweise schon. Ich jedenfalls kann meine Kreativität nicht einfach an- und abschalten. Sie entwickelt ein Eigenleben. Das ist natürlich gut und schlecht zugleich. Gut deshalb, weil innerhalb kürzester Zeit unglaublich viel geschaffen werden kann. Schlecht, weil es bisweilen auf Kosten von Konzentration und Fokus geht.

Ich habe noch keinen idealen Weg gefunden, in solchen Phasen zu meiner inneren Mitte zurückzufinden. Meditation, Yoga, Sport sind alles so Sachen, die ich mir schon jahrelang vorgenommen habe und dann – Schande, Schande – doch nie getan habe. Die effektivste Ablenkung sind immer noch meine Kinder, denn sie lassen mir einfach keine andere Wahl.

Aber wie ist das bei euch? Wie “besessen” seid ihr vom Dämon der Kreativität? Und welchen Exorzismus könnt ihr empfehlen?

[merlic_poll id=”253″]

DD#04 Setting-Requirements

Destiny Dungeon soll nicht ein Würfelsystem mit generischen Dungeon-Szenarien werden. Mir schwebt vor, all die Konzepte in ein ansprechendes Setting einzubetten, das einerseits traditionelle Bedürfnisse befriedigt, andererseits aber genug originelle Elemente enthalten soll, um die Menschen da draußen neugierig zu machen. Welche Funktionen muss unser Old-School-Setting also erfüllen? Ich brainstorme mal:

  • Überschaubar. Ich möchte, dass die Leute gleich drauf los spielen können, ohne erst mit der Lupe den Ort der Handlung suchen zu müssen.
  • Kleinräumig. Ich möchte eine dynamische Campaign, in der man Örtlichkeiten auch mehrmals aufsuchen können muss und immer wieder auf dieselben Persönlichkeiten treffen kann. Handlungen an Ort A sollen Auswirkungen auf Ort B haben, und ich möchte keine langen Reiseabenteuer zwischen den Szenarien haben, also muss alles nah bei einander liegen. Von hier nach dort in 1 Woche.
  • Abgegrenzt. Ist die Welt geographisch gut abgegrenzt, unterstützt das den Sandbox-Charakter, der mir vorschwebt, daher sehe ich schon mal flankierende Gebirge um das Setting herum aufragen. Weil ich mir zumindest die Möglichkeit für Schiff- und Meeresabenteuer offen halten möchte, plane ich einen schmalen Zugang zur Küste ein.
  • Ordnung und Chaos. Nur von Dungeon zu Dungeon zu hoppen, hätte nichts mit Old-School zu tun, sondern wäre bloß fad. Damit die Campaign so abwechslungsreich wie möglich ist und interessante Geschichten involviert, brauche ich Zivilisation und Chaos Seite an Seite. Ein Eroberungssetting vielleicht?
  • Traditionelle Rassen. Old-School geht schwer ohne Elfen und Zwerge. Wiewohl ich mir hoch und heilig vornehme, die Klischees so weit wie möglich zu brechen, ohne das Feeling zu zerstören, das sich Spieler von diesen Rassen erwarten. Mal schauen, ob und wie mir das gelingt. Ideen dazu hab’ ich schon. Auf Orks werd’ ich übrigens verzichten, von Halblingen halte ich nichts, und meine Munition für Gnome habe ich schon in Lys Marrah (Destiny-Beginner) verschossen.
  • Ruinen, Ruinen, Ruinen. Ich bin vor allem Geschichtenerzähler und möchte daher, dass meine Dungeons eine Geschichte haben. Es soll nachvollziehbar sein, warum es hunderte unterirdische Anlagen mit mechanischen Fallen und Schätzen gibt. Ich muss mir also Gedanken darüber machen, wer in diesem Setting all diese Dungeons gebaut hat und warum.
  • Monster, Monster. In Destiny Dungeon sollen die SCs jederzeit damit rechnen müssen, von einem Monster aufgemischt zu werden. Wo kommen die aber her? Wer hat all die grotesken Chimären und halbdämonischen Kreaturen erschaffen, die wir für unsere Old-School-Experience brauchen?
  • Die Geschichte lebt. Zugegeben, ich bin ein Fan durchdachter Historien. Ich schließe daher sicher von mir auf andere, wenn ich mir für Destiny Dungeon eine Geschichte wünsche, die nicht nur logisch und schlüssig ist, sondern auch möglichst viele Adventure Hooks bereit hält. Die Geschichte soll sich in der Gegenwart widerspiegeln. Ich teile daher die Annalen unseres Settings schon mal gedanklich in eine ältere Geschichte und eine jüngere Geschichte. Während die ältere erklärt, warum alles so ist, wie es ist, soll die jüngere Geschichte Stoff für Konflikte und Intrigen schaffen und das Fundament für die erzählerische Weiterentwicklung des Settings legen.
  • Völker. Da das Setting kleinräumig ist, wäre es unglaubwürdig, wenn ich hier allzu unterschiedliche Völker wie z.B. Nordlandbarbaren und Wüstennomaden zusammenführte. Die wären, logisch betrachtet, weit weg von ihrer Heimat, und Hintergrundinfo zu ihnen aufzunehmen wäre wohl deplatziert. Andererseits macht es schon Sinn, SCs verschiedene kulturelle Konzepte anzubieten. Ich behalte mal im Hinterkopf, dass ich da irgendeine Art von Vielfalt vorsehen muss.
  • Meta-Plot. Auch wenn es nicht zwingend das dominante Thema der Campaign ist, sehe ich mal sicherheitshalber ein Katastrophenszenario vor, das es im Laufe der Campaign zu verhindern gelten könnte. Ich muss noch entscheiden, ob mir das ins Konzept passt oder nicht; weglassen oder herunterspielen kann man es später immer noch.
  • Götter. Destiny Dungeon soll 1. schnell spielbar sein und 2. Raum für alte Götter und deren Heiligtümer lassen. Es hätte daher wenig Sinn, einen ausgefeilten Pantheon mit einem Numerus Clausus an Gottheiten zu definieren. Ich werde mich daher auf 2 oder 3 Hauptgötter beschränken, denen man die Archetypen und Konzepte des Alltags intuitiv zuordnen kann. So etwas wie Vater, Mutter, Kind oder Gut, Böse, Neutral oder Schwarz, Weiß, Grau.

Jetzt muss ich “nur” noch den geeigneten Rahmen für all diese Elemente hinkriegen…

Game of Thrones – A Feast for Eyes

Für das TV-Highlight des Jahres habe ich es mir gestern sehr gemütlich gemacht. Bei Sonnenuntergang war’s dann soweit: Game Of Thrones, die erste Folge. Endlich!

Schon bald wurde evident, dass GoT ein Fest an prächtigen Kulissen, überzeugenden Kostümen und sagenhaft geschminkten Protagonisten sein würde. Die verschiedenen Häuser und Kulturen wurden mindestens so lebendig und unterschiedlich gezeichnet, wie man es sich aufgrund des Buches nur vorstellen konnte. Wenn es einen Golden Globe für gelunenes Casting gäbe, wäre GoT ebenfalls ein Favorit: Die Besetzung der Charaktere ist, soweit man bisher urteilen kann, spektakulär gelungen. Meine Skepsis gegenüber Sean Bean und Lena Headey verflog schnell, und auch Tyrion, sicherlich der am schwierigsten zu besetzende Protagonist, überzeugte vollends.

Hinter meinen Erwartungen zurück blieb leider die Musik. Für eine Produktion dieser Größe hätte ich mir einen stilistisch kompatibleren Komponisten und das Budget für Orchesteraufnahmen gewünscht. Eher schwach auch das Pacing: Schon bei der ersten Einstellung – das Gatter hebt sich und hebt sich und hebt sich – hegte ich die Befürchtung, dass GoT mit anderen zeitgenössischen TV-Serien in puncto Pacing nicht mithalten können würde. An der Vorlage kann’s nicht liegen, denn die Bücher sind richtige Pageturner. Was mir auch aufgefallen ist: In den Büchern dreht sich die Handlung immer um einen speziellen Protagonisten, man erfährt trotz Erzählperspektive sehr viel über ihn und seine inneren Vorgänge. Das fehlte mir hier. Überhaupt wenn ich mir vorstelle, die Bücher nicht zu kennen, wüsste ich nicht, wer es verdient, dass ich mein Herz an ihn oder sie hänge.

Mein persönliches Zwischenfazit auf Basis der ersten Episode: GoT reiht sich mühelos in die obere Liga der Fantasy-Verfilmungen ein und wird zweifellos neue Maßstäbe bei Kostümen und Kulissen setzen. Für Kenner der Bücher ein Fest für die Augen. Ob es auch als TV-Serie der alles überstrahlende Stern ist, den sich alle erwartet haben, wird sich noch zeigen müssen. Ich jedenfalls freue mich darauf, es in den nächsten 9 Folgen herauszufinden.

Frisch, fröhlich und grün

Eigentlich wollte ich heute über die erste Folge der TV-Serie “Game of Thrones” schreiben, aber mir kam gestern etwas Wichtigeres dazwischen. Was könnte wohl wichtiger sein als die TV-Premiere des Jahres? Ganz einfach: eine ROBiN-Session mit guten Freunden.

Ich bin jetzt seit ca. 1 Jahr Teil der ROBiN-Testrunde. Eigentlich dient sie ja als Test für das Regelwerk TRiAS, aber als Test fühlt sich das ganze überhaupt nicht an. Markus (Ludus Leonis) beglückt uns mit äußerst abwechslungsreichen Abenteuern im Sherwood Forest, garniert mit Elementen aus der “Robin Hood and the Merry Men”-Legende, eingebettet in einen Mix aus historischer Authentizität und Errol Flynn-Flair.

Mal sehen, was wir schon alles erlebt haben: Wir entlarvten eine falsche Bande, die sich als Robin Hoods Leute ausgaben, während sie plünderten und raubten. Wir versauten Thomas de Cuckney eine dunkle Messe, die er in seiner Baronie abhielt, um die Dorfbevölkerung zu manipulieren. Wir setzten einer ominösen Mühlsteinsteuer ein Ende und verfolgten den Betrug bis zu einem gierigen Steinmetz zurück. Wir erkundeten die unerforschten Teile des Sherwood Forest, während wir nach Tigern Ausschau hielten, die Prinz John dort aussetzen ließ, um die Leute im Wald einzuschüchtern. Wir befreiten meine Schwester aus den kalten Klostermauern des Priorats Wallingwells und halfen einem ungeliebten Adligen, einer Intrige von Guy of Gisbourne zu entgegnen. Wir brachten einen silbernen Pfeil zu einem alten Paganenheiligtum zurück und gewannen bei einem Turnier in Nottingham, an dessen Ende angeblich Robin Hood hingerichtet werden sollte!

Ei, was für spaßige Szenen wir erlebten! Nonnen, die mit Tempelrittern ‘rummachten. Gierige Händler, die wir nackt zurück nach Hause schickten. Wir fälschten Urkunden und schminkten Dörfler, sodass die Leute des Sheriffs glaubten, die Pest sei im Landstrich ausgebrochen. Wir tricksten, täuschten und spaßten, was das Zeug hält.

ROBiN ist noch im Werden, aber empfehle jetzt schon, es im Auge zu behalten. Frischer, fröhlicher und grüner geht’s praktisch nicht. Ach ja: Markus wird auf der RPC 2011 in Köln vertreten sein. Stattet ihm einen Besuch ab und plaudert mit ihm! Als AceOfDice-Partner kann er  außerdem zu Valmorca, Destiny & Co. aus dem Nähkästchen plaudern.

Gefährlichkeits-Tuning durch Regeneration

SCs haben die Angewohnheit, mit zunehmender Erfahrung besser zu werden. Die Gegner wiederum werden entweder mehr oder besser oder beides. Ist es also systemimmanent, dass man als SL im Laufe einer Campaign immer mehr und stärkere Gegner aus dem Hut zaubern muss, um einen gleichbleibenden Level an Gefährlichkeit zu erhalten? In D&D & Co. ist das gewollt, aber in nicht-Monster-zentrierten down-to-earth-Settings habe ich als SL bald das Problem, dass ich die Kampfgefahr über die Quantität der Gegner steuern oder tief in die Trickkiste greifen muss (schlauere Gegner, anspruchsvolles Terrain o.ä.). Auch das ist okay, aber als Standard wird es irgendwann unglaubwürdig. Ich suche also nach einem eleganten Weg, die Gefährlichkeit zu steuern.

Im Spiel alten Stils löste ich das (wie vermutlich viele andere auch), indem ich den zeitlichen Kontext des Abenteuers verengte: Wenige Nachtruhen = weniger Regeneration = weniger Ressourcen für den Endkampf => weniger Anforderungen an den Endgegner. So konnte auf den doppelköpfigen, unsichtbaren Basiliskenoger verzichtet werden und weiterhin ein fieser Händler und sein bewaffneter Bruder als Endgegner herhalten.

Im narrativen Spiel spüre ich die Kehrseite dieses Effekts, denn ich muss die Timeline meines Abenteuers an das Potenzial der SCs anpassen. Die Sidequest, mal schnell im Keller des Wirts den Grauen Malmer zu beseitigen, ist nicht kompatibel mit dem geplanten Einfall der dunklen Reiter am nächsten Morgen. Als Geschichten erzählender SL bin ich also wieder ein Sklave der SC-Ressourcen. Viele neue Systeme abstrahieren daher die KON zu einem Mix aus Wunden und Erschöpfung und lassen großzügig regenerieren bzw. bedienen sich einer Meta-Ebene, über die öfters (z.B. alle x Encounter, vgl. D&D, Dragon Age) regeneriert wird. Auch in Destiny habe ich mit der Szenenregeneration einen solchen Weg gewählt, weil ich damit den erzählerischen Fluss unterstützen will. Old-School ist das natürlich nicht, und in der Tat werden plötzlich Encounter mit 3 Goblins oder einem Rudel Wölfe völlig uninteressant, denn überleben werden das die 10.-stufigen SCs wohl allemal. Der Effekt von seinerzeit, durch diese kleinen Kämpfe die Spieler aufzulockern und gleichzeitig Ressourcen anzuknabbern, fällt infolge der “modernen” Meta-Regeneration völlig flach.

Als (vorläufiges) Fazit könnte man daraus lernen, dass man sich, sowohl als SL als auch als Systemdesigner, gut überlegen sollte, was man mit seinem Abenteuer/System erreichen möchte, denn beides – Gefährlichkeit alten Stils und erzählerischer Fluss – sind in diesem Punkt nicht leicht zu vereinbaren.