Neue Fantasy-Welt von AceOfDice: ARACLIA

Gestern bekam ich Post von meinem Verlag. Nicht ganz unerwartet befand sich darin mein Probeexemplar für die nächste, unmittelbar bevorstehende AceOfDice-Veröffentlichung: das ARACLIA-Kompendium! Das Unwrapping-Video ist bereits in Vorbereitung, aber ein paar Fakten möchte ich jetzt schon liefern:

aracliakompendiumDas Araclia-Kompendium wird ein ca. 300 Seiten starkes Buch. Zugegeben, das ist etwas untypisch für meine sonst so leichten Veröffentlichungen. Aber im Unterschied zu Destiny & Co. handelt es sich hierbei um eine über 10 Jahre lang entwickelte Fantasy-Welt, die sich nicht einfach in 40 Seiten umreißen lässt. Zudem schätze ich es auch als Spieler, wenn ich alle Informationen in einem Buch parat habe.

Die Ausstattung ist diesmal besonders hochwertig. Zwar bleibe ich beim 17×22-Format, allerdings mit kaschiertem Hardcover, was natürlich damit zu tun hat, dass das Buch als Nachschlage- und Schmökerwerk genutzt werden soll. Und Illustrationen gibt es auch nicht wenige! Der Preis wird dadurch allerdings steigen. Man wird mir also nicht mehr vorwerfen können, ich brächte meine Sachen zu günstig heraus. 😉

Inhaltlich handelt es sich bei Araclia um eine große medieval fantasy Welt. Von Alltag, Kräuterwelt, Kriegs- und Flottenwesen, Königswahl bis hin zu Todesmythen und Dämonen umfasst das Araclia Kompendium so ziemlich alle Lebensaspekte eines Charakters. Dabei verfolgt es zwei Ziele: Spieler sollen ein Lebensgefühl für Araclia entwickeln können, und Spielleiter sollen daraus eine Fülle an Inspirationen für Abenteuer gewinnen!

Nun zu den Besonderheiten: In Araclia gibt es keine Elfen oder Zwerge, dafür aber eine Fülle neuer Rassen, z.B. die vergesslichen, kleinwüchsigen Trosh, die mürrischen Colwulven aus dem Norden (die nicht nur angeblich von den Wölfen abstammen), oder die eitlen Cashataxa-Katzenmenschen aus dem Süden mit ihrer Vorliebe für übertriebene Farben und Düfte. Um nur einige zu nennen.

Araclia ist eine thematisch-umfassende Welt, d.h. man findet hier Hintergrund zu allen möglichen Kampagnenformen, z.B. eine Schatzsuche auf den Swylirischen Inseln, eine Karawane durch das heiße Berukhan, Intrigen am Hof der Königin von Tr’Saal, oder eine Expedition durch das Gebiet der eysarischen Barbaren. Vielfalt für Langzeit-Kampagnen ist also garantiert.

Das geographische und spielerische Zentrum Araclias ist Catorien, ein feudalistisches Rittertum mit einer ebenso bewegten wie dunklen Vergangenheit, derentwegen Zauberei verboten ist. Magie, Artefakte, Drachen – all das ist heutzutage selten, von Mythen und Aberglauben umrankt und gefürchtet. Dadurch ergeben sich neue rollenspielerische Anreize und für den SL die Möglichkeit, Magie gezielt und als etwas Besonderes zu inszenieren!

Á propos besonders: Araclia ist eine von wenigen Spielwelten, die system-unabhängig beschrieben sind. Das Kompendium referenziert keinerlei Regeltechniken, sondern präsentiert seine Inhalte in neutraler, flüssiger Prosa. Damit ist der SL flexibel, das Regelsystem seiner Wahl zu verwenden. (Für meine Spiele Destiny und Portal gibt es jeweils einen kurzen Anhang, der die wichtigsten „Stats“ wie z.B. Kreaturenwerte oder Rassenfähigkeiten enthält.)

Ich hoffe, ich konnte euch damit neugierig machen und freue mich schon, euch hier in den nächsten Wochen mehr Details zu liefern.

Zu viel Drama ist nicht gut

Meine Überlegungen von letztens, die grob gesagt darauf hinaus liefen, dass manche Arten von Meta-Ebene der Immersion abträglich sind, haben noch Kreise gezogen. Und zwar habe ich mir überlegt, ob es tatsächlich sein kann, dass die dramatische Seite des Rollenspiels (Story, Handlung, Action, Plot) und die immersive Seite des Rollenspiels (Charakterspiel, kreatives Inszenieren) möglicherweise sogar Antagonisten sind.

Unter diesen Vorzeichen habe ich meinen eigenen Spielleiter-Stil unter die Lupe genommen und in der Tat festgestellt, dass mein Fokus auf Story und Drama nur in den seltensten Fällen von großartigem Charakterspiel seitens der Spieler komplementiert wurde. Und das aus durchaus nachvollziehbaren Gründen:

  • Story braucht Zeit. Zeit, die logischerweise anderswo fehlt. Ist die Story sehr dicht und wird nicht anderswo gespart (z.B. bei Rätseln, Kämpfen usw.), ist nur logisch, dass den Spielern weniger Zeit zum rollenspielerischen Explorieren ihrer Charaktere bleibt.
  • Packendes Drama zieht Fokus auf sich. Im schlimmsten Fall bis zum Railroading, bei dem die Spieler nur noch Statisten sind. Es gibt aber auch den Zuschauer-Effekt, der ebenfalls auf Inaktivität der Spieler hinausläuft, nur nicht vom SL ausgehend, sondern von den Spielern, die sich bewusst oder unbewusst zurücklehnen und das großartige Drama wie eine TV-Serie genießen. In beiden Fällen sinkt die Interaktion und damit das Charakterspiel.
  • Spannung als ein übliches Element packender Abenteuer (Kampf auf Leben und Tod, große epische Schlacht usw.) kann dazu führen, dass die Spieler – trotz aller guten Vorsätze, im Charakter zu bleiben – auf die Meta-Ebene gezwungen werden. Ich kenne das von mir: Ich sehe die Welt so lange aus den Augen meines SC, bis es ihm oder der Gruppe an den Kragen geht. Dann bin ich plötzlich ganz schnell Alexander, der meta-taktisch agiert und ums „Gewinnen“ spielt. Als SL war ich lange Zeit der Ansicht, ein Abenteuer sei nur dann spannend, wenn einer der Charaktere am Ende an der Schwelle des Todes steht. Finalkämpfe in dieser Weise zu dosieren, ist eine meiner größten Begabungen. Rückblickend weiß ich nicht, ob das so gut war. Nicht nur wegen des gerade beschriebenen Effekts, sondern auch weil ich die Spieler damit zu übertriebener Vorsicht erzog und sie möglicherweise aus Selbstschutz keine Bindung zu ihren SCs eingehen wollten.

Vermutlich gibt es noch weitere Argumente, aber eigentlich reichen schon die wenigen, um sich Gedanken darüber zu machen, ob Drama nicht auch etwas ist, das man überdosieren kann. Die Antithese liefern jene meiner Runden, in denen der Fokus auf Charakterspiel liegt. Dort sind gerade die dramatischen Abenteuer eher gefloppt. Zufall? Jedenfalls mal Stoff zum Nachdenken über den eigenen Spielleiterstil.

Meta ist nicht Meta (am Beispiel FATE)

Wer von euch unsere Diskussion im Polyeder Podcast gehört hat, weiß, dass ich nach meinem Entrer in FATE etwas skeptisch war, zumal mir aus Spielersicht die Meta-Ebene in diesem Spiel – vorsichtig gesagt – dominant vorkam.

Als Spieler habe ich starke Züge eines Method Actor. Ich mag es, mich auf meine Rolle zu beschränken, aus ihr heraus zu handeln und unabhängig vom System zu agieren. Ich möchte mir keine Gedanken darüber machen, welche Boni ich hier und welche Mali ich dort erhalte. Ich möchte die Spielwelt durch die Augen meines Charakters betrachten, ganz mit ihm verschmelzen und auch so entscheiden, wie er es tun würde. Klarerweise verträgt sich ein Spiel mit starker Meta-Ebene nicht mit diesem Anspruch.

Jetzt hat Markus natürlich Recht, wenn er im Podcast zur Ehrenrettung von FATE argumentiert, dass auch andere Spiele eine Meta-Ebene haben, und das nicht zu knapp: Man denke nur an taktische Erwägungen im D&D-Kampf, an Magie in Ars Magica oder an die ständig präsente Sanity in Cthulhu. Das Seltsame ist, dass mich derartige Meta-Elemente offenbar weniger aus der Bahn werfen.

Warum ist das so? Nach vielem Nachdenken habe ich dazu eine – eigentlich recht simple – Theorie: Meta-Ebene ist nicht Meta-Ebene. Jedes Spiel hat eine Meta-Ebene (sonst wäre es kein Rollenspiel, sondern eine Psychose). Insofern kann das noch nicht das Problem sein. Gehen wir also ins Detail und unterscheiden wir aufs Geratewohl Meta-Ebenen, z.B.:

  • Meta-Ebene festgeschriebene Entwicklungen (auch „Meta-Plot“ genannt)
  • Meta-Ebene Spielerwissen – Heldenwissen (über andere SCs, Welt, Bildung…)
  • Meta-Ebene taktische Erwägungen (Attack of Opportunity, Flanken, Deckung…)
  • Meta-Ebene Individualpsychologie (Spotlight, Spielervorlieben…)
  • Meta-Ebene Gruppenstrategie (gemeinsames Ziel, Storyfortgang, Gruppenressourcen…)

Diese demonstrative Liste lässt den Schluss zu, dass es mehrere – sehr unterschiedliche – Meta-Ebenen gibt, auf die wir vermutlich (ich jedenfalls) unterschiedlich reagieren. Ich habe z.B. kein Problem, mein Spielerwissen zu unterdrücken. Ich kenne aber Spieler, die das einfach nicht schaffen. Umgekehrt kann ich wieder nicht aufhören, in dramatischen Dimensionen zu denken und die Story in Gedanken fortzuschreiben, auch wenn ich nicht SL bin.

Kurz und gut: Jede Meta-Ebene wirkt anders, und das auch noch bei jedem Spielertyp. Ich reagiere auf die letzte der oben genannten offenbar besonders sensibel. Und FATE schlägt genau dort hinein, mit seiner starken Verzahnung der Charaktere, mit seinem ausgeprägten Unterstützungssystem, mit seinem auf ein Gruppenziel ausgerichteten Ressourcensystem (Fate-Punkte) und den durchaus naheliegenden Erwägungen á la „Wenn ich jetzt diesen Fate-Punkt nehme, was könnte dann mit meinem Charakter passieren?!?“.

Ähnliches ist mir übrigens auch bei Fiasco widerfahren: Auch dort habe ich es nicht geschafft, in meinem Charakter zu bleiben, weil mir eine ähnlich gelagerte Meta-Ebene hineingefunkt hat. Jetzt ist aber Fiasco wenigstens eindeutig ein Story-Spiel, bei dem die Identifikation gar nicht auf Charakter-Ebene, sondern auf Story-Ebene erfolgen soll. Doch wie verhält es sich mit FATE? Ich erwartete ein Rollenspiel, das mich darin unterstützt, eine Rolle zu spielen. Das ist es aber nicht ganz. FATE ist mehr als das, es ist etwas Anderes. Ein Hybrid aus Story- und Rollenspiel vieleicht. Und ein verdammt gut gemachter noch dazu. Aber er funktioniert halt nicht bei jedem in derselben Weise.

Nicht missverstehen, ich habe eine äußerst hohe Meinung von FATE und sehe das oben beschriebene eher als „mein“ Problem und damit nur indirekt als solches von FATE. Es zeigt aber, dass man sich, wenn man ein Rollenspiel entwirft, sehr viele, durchaus wertvolle Gedanken über die Spielerpsychologie machen kann und die Prämisse „Meta ist Meta ist schlecht“ viel zu kurz greift.

Ich weiß, das war jetzt alles ziemlich meta. Ich verspreche, mein nächster Blogpost wird bodenständiger.

Neue Runde, erster Abend, schwere Geburt?

Was bin ich stolz, etwas für den Rollenspiel-Nachwuchs getan zu haben! Einer der Anfänger aus meiner Destiny Beginner-Runde hat sich nun verselbständigt und als SL eine eigene Anfänger-Runde gegründet. Juhuu! Zwar nicht mit Destiny Beginner, sondern mit Warhammer Fantasy Roleplaying, aber immerhin. 🙂

Nun fragte er mich, wie er denn den ersten Abend gestalten solle, um für alle ein möglichst schönes Spielerlebnis zu bewerkstelligen. Das hat mich zum Nachdenken gebracht, und herausgekommen ist ein Maßnahmen-Paket, das ich hier gerne mit euch teilen würde.

  1. Charaktererschaffung kurz halten. Meiner Meinung nach sind die Zeiten vorbei, in denen eine ganze Session darauf verwendet wurde, Charaktere zu erschaffen. Um Neulingen von Beginn an klar zu machen, dass Rollenspiel nicht langwierig sein muss, sollte die Charaktererschaffung kurz und schmerzlos erfolgen und genug Zeit für das erste Abenteuer lassen. Wie man das erreicht? Man wählt ein System, das eine schnelle Charakter-Generierung zulässt oder bereitet zumindest so viel wie möglich im Vorhinein vor. Keinesfalls sollten die Spieler erst seitenweise Rollenkonzepte lesen müssen, bevor sie sich entscheiden.
  2. Erstes Abenteuer in der ersten Session. Ein kleines, aber knackiges Abenteuer sollte die Spieler schon am ersten Abend in die Spielwelt ziehen. Etwas wie „Ihr habt jetzt eure Charaktere erschaffen (*schweiß von der Stirn wisch*) und nächstes Mal spielen wir dann.“ ist zum Abgewöhnen. Also besser ein kleines Szenario entwerfen und auf die Spieler los lassen, damit sie gleich in Aktion treten können.
  3. Einfache Abenteuergestaltung. Ja, generell plädiere ich für Komplexität, Spielerfreiräume etc., aber im ersten Abenteuer sollte vor allem die Post abgehen. Und wenn dafür nur noch 2,5 Stunden Zeit bleiben und nicht mal alle die Regeln kennen, dann ruft das eben nach einem stringenten Plot. Keine Detektivabenteuer, keine ausufernden Intrigen, sondern klare Zielvorgabe, 2-3 größere Hindernisse und ein spannender Finalkampf. Mehr braucht es nicht, um neue Spieler in den Bann zu ziehen.
  4. Flexibilität. Außerdem: Um so simpler der Plot, desto leichter ist es für den SL, auf Spieleraktionen einzugehen, und das ist bei einer Anfänger-Runde enorm wichtig. Kein Railroading und niemals die Intuition von Anfängern unterschätzen! Die haben sicher schon Bücher gelesen und Drakensang gespielt. Eines haben sie aber in der Regel noch nicht erlebt: Dass eine Geschichte sich tatsächlich durch ihre Aktionen maßgeblich ändert. Ergo ist es im ersten Abenteuer ein besonderes Gebot, auf die Spieleraktionen einzugehen und flexibel mit dem Abenteuer umzugehen. Das ist ein, wenn nicht der USP des Pen&Paper-Rollenspiels!
  5. Entgegenkommen. Beim Lösen konkreter Situationen wecken Sätze wie „Das geht nicht“ oder „Das kannst du nicht“ aus dem Mund des SL unangenehme Erinnerungen an die Schulzeit und sollten außen vor bleiben. Vielmehr sollte er die Vorschläge der Spieler so aufgreifen und wenden, dass sie das Geschehen voranbringen oder zumindest interessante Situationen aufwerfen.

Das waren auch schon meine persönlichen Top Five zu diesem Thema. Es gibt natürlich noch 38 weitere Punkte, aber mal ehrlich: Der durchschnittliche Spielleiter – und dazu zähle ich mich auch – ist schon mit diesen wenigen Leitlinien ausreichend gefordert.

Wie steht es mit euch? Was wäre für euch das höchste Gebot für den ersten Abend einer Erstlings-Runde?

„Sponsorentreffen“ AceOfDice-GameForLife

Wie schon letztes Jahr unterstütze ich auch 2014 wieder mit Sachspenden die GameForLife, eine feine kleine (ca. 100 Leute starke) Convention für Brett-, Karten- und Rollenspiele. Der Erlös geht alle zwei Jahre an die Schmetterlingskinder und im jeweils anderen Jahr an andere karitative Einrichtungen.

gameforlifetreffenDie österreichische Con-Szene ist ja leider immer noch sehr klein. Um so mehr muss man das Engagement und den Enthusiasmus der Organisatoren schätzen und sie bei ihrer Arbeit unterstützen. Ich hatte bei einem relativ spontanen vorweihnachtlichen Treffen mit der Organisatorin Katharina Jaks das Vergnügen, Einblicke in das Con-Orga-Wesen zu erhalten, und das ebenso freundliche wie informative gemeinsame Frühstück hat meinen ohnehin schon hohen Respekt vor der Orga solcher Cons sogar noch wachsen lassen. Erkenntnisse, die mir dazu im Gedächtnis geblieben sind, waren:

  • Die gesamte Con wird von nur 2 Leuten organisiert. Helfer gibt es zwar, aber das Kernteam besteht nur aus 2 Leuten. Ist das nicht irre?
  • Die Vorbereitungen nehmen fast 1 Jahr in Anspruch. Der größte Teil davon ist Akquise von „Sponsoren“, wobei es natürlich nicht um Geld, sondern um Sachspenden und Mittel geht. Säfte, frische Semmeln, Destiny Beginner-Bücher und so Zeug. 😉
  • Die gesamte Con darf nach eigener Vorgabe nichts kosten. Was an geringfügigen Werbemitteln nötig ist (Flyer u.ä.) steuern die Organisatoren aus eigener Tasche bei.

Don’t Panic Convention und GameForLife sind mW die einzigen größeren Cons in Österreich, an denen Rollenspiele gespielt werden. Und selbst da ist, wie ich höre, noch Raum nach oben, liebe Freunde des Rollenspiels!! Zwar findet die GameForLife in einem Einkaufspark statt, allerdings werden für die Rollenspieler sogar eigene Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Was will man mehr!

Ich wünsche jedenfalls den beiden Organisatoren Katharina und Manuel alles Gute und wieder viel Erfolg für die GameForLife! Und vor allem hoffe ich, dass sich Leute aus Süddeutschland und Westösterreich einfinden und die Rollenspieler-Fraktion ordentlich aufwerten. Hier die Details:

  • Convention: GameForLife 2014
  • Ort: Österreich, Salzburg, Europark
  • Zeit: 29. und 30. März 2014
  • Anmeldung: ab sofort hier

Darüber hinaus bleibt zu diesem tollen Projekt eigentlich nur noch eines zu sagen: Danke!

Sind System-neutrale Welten die Zukunft?

Auch wenn der Markt von D&D und DSA dominiert wird, gibt es dennoch ausreichend viele Systeme, mit denen sich eine neue Spielwelt bespielen lässt. Trotzdem sind die meisten Settings systemspezifisch ausgestaltet oder bringen überhaupt – Stichwort Splittermond – ein eigenes Regelsystem mit. Warum ist das so?

Auf der Pro-Seite steht die Konvergenz von System und Spiel. Sobald beides zu einer Einheit verschmilzt, bereichert das das Spielgefühl enorm. System does matter. Abstraktes Vermögensmanagement passt nicht zu einer Welt, in der Haushaltsführung und finanzieller Existenzkampf wichtig sind. Und spätestens Regeln für Tod und Wiedererweckung spießen sich nur allzu leicht mit dem, was eine Welt an Todesmythen vorsieht. Von der Wichtigkeit der Magietheorie für Rollenspiel und innere Logik der Welt will ich erst gar nicht reden.

Auf der Contra-Seite steht folgende ketzerische Überlegung: Wer kümmert sich denn tatsächlich um all das Zeug? Spielen die meisten Leute nicht ohnehin „nach Gutdünken“? Einiges spricht wohl dafür, dass das Hausregeln & Handwedeln gängige Praxis ist. Passt eine Regel nicht, wurscht, wird sie einfach ignoriert oder gefixt. Die oben beschworene Konvergenz von Regelsystem und Welt – wen kümmert sie wirklich? Sogar bei meinen ehemaligen Mitspielern, die es gewohnt waren, von mir mit höchst konvergenten Setting-System-Kombinationen verwöhnt zu werden, ist es mittlerweile üblich, einfach an den Schrauben eines bestehenden, wenn auch nicht optimalen Regelsystems zu drehen. Gedumpt wird das System erst dann, wenn es gar nicht mehr anders geht und kollektives Augenverdrehen zur Gewohnheit wird.

Ich selbst bin ein glühender Verfechter der Einheit von System und Welt, doch ich frage mich – auch in Hinblick auf meine zukünftigen Publikationen – wieviel Sinn es noch macht und wie es sich auch auf die im letzten Blogpost heiß diskutierte (Danke übrigens für die rege Teilnahme!) Zersplitterung unserer Community auswirken könnte, wenn mehr Settings von vornherein System- bzw. regelneutral präsentiert würden. Möglicherweise würden einige dieser Welten dann mehr gespielt (?). Ich persönlich fände einige D&D-Settings sehr reizvoll, habe sie aber nie gespielt, weil ich mich nicht dem Regelmoloch D&D ausliefern möchte, gleichzeitig mir aber auch nicht das Portieren in ein anderes System antun will.

Mit ARACLIA werde ich erstmals versuchen, ein Setting System-neutral zu präsentieren. Ich bin gespannt, ob und wie es mir gelingt, klassische Weltendetails wie Kreaturenwerte und spieltechnische Auswirkung von Giften, Kräutern und Krankheiten zu „neutralisieren“ und ob das auch so gewürdigt wird wie ich mir das vorstelle. Aber was ist eure Meinung? Würdet ihr auch gerne mehr Welten regelneutral beschrieben sehen, und warum/nicht?

Community, wo bist du??

Das Thema Zersplitterung ist ja schon oft diskutiert worden. Aber nicht nur die inhaltlich diversen Spiele, sondern auch die Plattformen sorgen für Zersplitterung: Da sind Foren, Blogs, mehr Blogs, noch mehr Blogs, die zunehmend umtriebige Gemeinschaft auf Google+ und und und.

Ich bin nun seit Jahren in der Community aktiv (sagen wir mal: moderat aktiv) und stelle fest, dass die Proponenten von damals mittlerweile sehr still geworden sind (oder aber sich anderswo äußern). Ich bemerke auch, dass mir sogar die Foren, die ja – im Gegensatz zu Blogs und Streams – deutlich beständigere Plattformen sind, zu „bipolar“ werden. Entweder herrscht dort gähnende Inaktivität oder aber du musst, meistens bei Reizthemen, entweder sofort schreiben oder damit rechnen, dass innerhalb weniger Stunden 163 Beiträge verfasst wurden. Wer die Zeit hat, die alle durchzulesen, um nachher noch etwas zu sagen, das nicht bereits gesagt wurde, der ist zu beneiden.

Bei den Blogs beobachte ich, dass viele neue aufgetaucht sind. Bei manchen ist ihre Ausrichtung (noch) nicht klar, manche Artikel sind mir auch ehrlich gesagt zu lang, andere wiederum sind sehr aufschlussreich und vielversprechend. Problematisch sehe ich das Kommentieren: Es passiert eigentlich viel zu wenig und wenn, dann nicht im Sinne eines Diskurses, und wenn doch, dann höchstens bilateral und selten multilateral.

Ergo komme ich zu dem Ergebnis, dass ich die Vernetzung der Community nicht optimal finde. Klar, jemand, der Unmengen von Zeit hat und Internetzugang in der Arbeit, der kann da irgendwie mithalten und mitleben, aber für viele andere ist die Vernetzung 1. zu schnell und 2. zu unübersichtlich geworden. Wobei das Paradoxon darin besteht, dass mehr Konzentration wiederum die Schnelligkeit und „Flüchtigkeit“ aufheizt und darüber hinaus die Anonymität fördert. (So gesehen fühle ich mich im Tanelorn manchmal an eine Massenuniversität erinnert).

Gibt es überhaupt eine Lösung? Ich selbst habe mir schon überlegt, diesen Blog vom Netz zu nehmen und durch ein kleines, „entschleunigtes“ Forum zu ersetzen, noch dazu, da immer wieder per e-mail Fragen zu meinen Spielen hereintrudeln, die man dann offen abwickeln könnte. Auch sind die (durchaus respektablen) Besucherzahlen meines Blogs ziemlich konstant, was auf einen gewissen Sättigungsgrad hinweist. Aber wäre ein Forum – noch ein Forum – der Weisheit letzter Schluss? Vielleicht zumindest ein Schritt in Richtung multilaterale Vernetzung?

Was sagt ihr? Was braucht die Community? Braucht sie überhaupt etwas? Gibt es überhaupt noch so etwas wie die Community? Und wo findet ihr eure Community?

Alina, 7 Jahre, Rollenspielerin

Urlaub ist immer ein guter Zeitpunkt, um Neues auszuprobieren. Auf einem Bauernhof in der wunderbar grünen (momentan Wespen-verseuchten) Steiermark, abseits von TV und Videospielen, habe ich endlich das getan, was ich schon längst tun wollte: Ich habe versucht, den Funken der Begeisterung für unser wunderbares Hobby Rollenspiel an meine Tochter Alina (7) weiterzugeben. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Ich glaube, es ist mir gelungen.

Bisher war es schon sehr geheimnisumwittert, was der Papa so treibt, wenn er wieder mal rollenspielen geht. Das erste Mal „darf ich auch rollenspielen?“ habe ich schon vor 2 Jahren gehört, aber da kam das noch nicht in Frage. Dafür haben wir „so etwas ähnliches wie rollenspielen“ gespielt, nämlich beim Geschichtenerzählen am Abend einen großen, Plüsch-W6 geworfen und die Geschichte danach verändert. War spannend genug.

Nachdem Alina im letzten Italien-Urlaub mit Yatzee den Umgang mit W6 erlernt hat, kam mir die Idee für ein Kinder-taugliches Rollenspiel mit Piraten-Thematik. Das Ding ist erst im Entstehen, hat aber jetzt schon einige recht innovative Ansätze, aber das ist hier eigentlich nicht Thema. Thema sind die Erkenntnisse, die ich aus diesem Experiment gewonnen habe:

  • Alina hatte unglaubliche Probleme damit, sich bei der Wahl ihres Charakters für einen Archetyp zu entscheiden. Sie wollte die Tiermeisterin, aber die musste auch schießen können, aber eigentlich die Piratenprinzessin, aber nur, wenn die auch gut „turnen“ kann. Dass die per default einen hohen Charme-Wert haben musste, interessierte nicht. Daraus gelernt: Typenzwang und Priorisieren von Stärken, etwa beim Attributeprofil, ist für Kinder ein schmerzhafter Kompromiss.
  • Die Erschaffung, in unserem Fall das Erwürfeln von Startwerten, zauberte ein Fragezeichen auf ihr Gesicht. „Was machen wir denn da eigentlich?“ Dass der Charakter ein variables Profil erhalten sollte, weil das ganze ja ein Spiel ist, konnte ich ihr nicht gleich so recht klar machen. Am Ende nahm sie es hin, aber diese Ausprägung von „Rollen & Spiel“, die für uns ganz selbstverständlich ist, war für sie keineswegs so selbstverständlich.
  • Probenwürfeln war dagegen was ganz Plausibles. Mit W6+x auf 7 oder mehr kommen, war kein Problem, auch wenn ich den Verdacht habe, dass sie das Rechnen übersprungen und das Ergebnis so mancher Probe lieber aus meinem Gesicht abgelesen hat. Was soll ich sagen, Alina ist recht pragmatisch veranlagt.
  • Was gut gefallen hat, war der Einsatz der Spezialfähigkeiten. Mit Energiepunkten befeuerte sie die Fähigkeit ihrer Tiermeisterin, mit Delfinen und Seepferdchen zu plaudern und auch mal einen großen roten Krebs auszuschicken, um die Insel im Nebel zu erkunden. Gewonnene Erkenntnis aber hierbei: Fähigkeiten müssen weit gefasst sein, sonst demotiviert das einfach nur. War in diesem Fall glücklicherweise breit genug angelegt.
  • Kampf gegen lebende Vogelscheuchen war spannend und cool und mit viel „Oh nein!“ und „Oh ja!!“ verbunden. Gewonnene Erkenntnis aber hierbei: Spaß macht’s nur, wenn man selbst würfelt. Das Gewürfle des Spielleiters ist nicht halb so spannend. Eigentlich klar, aber für uns nicht immer so evident.

Das waren mal die Hauptbeobachtungen, einige andere habe ich für mich selbst auch noch gewonnen, die mir bei künftigen Designs helfen werden. Aber abgesehen vom Nutzen, den diese Session für mich als Spielentwickler stiftete, ist da etwas passiert, das ich mir für uns alle wünsche: dass wir uns die Gelegenheit verschaffen, einer neuen Generation den Mehrwert dieses Hobbys zu vermitteln. Zuhören, Erzählen, Kombinieren, Empathie, Zusammenarbeit – Rollenspiel fördert so viele großartige Kompetenzen und verdient es ganz besonders, an die Spieler von morgen weitergegeben zu werden.

Wie steht es mit euch? Hattet ihr schon Gelegenheit, eure Begeisterung auf die Next Generation abstrahlen zu lassen? Erzählt davon!

Die kleinen Dinge

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mich freuen bei einem Rollenspiel vor allem immer die kleinen Dinge. Abbildungen von Münzen, Karten, Wappen oder Kalenderdarstellungen. Für Araclia habe ich ein Kalender-Dings in Auftrag gegeben, ohne es genauer zu spezifizieren, und Marco hat ein ganz zauberhaftes Ornament geliefert, das ich euch nicht vorenthalten möchte.

Inhaltlich handelt es sich um das in Araclia weithin gebräuchliche Schema des Naspatischen Kalenders, eingeführt von Königin Naspate während der Goldenen 100 Jahre. Anstelle von 5 namenlosen Tagen (ich habe mich immer schon gefragt, warum sich der Namenlose an einen von Menschen gemachten Kalender hält), habe ich lieber 5 Gedenktage eingeführt, an denen landläufig gefeiert und Andacht gehalten wird. Das Jahr beginnt übrigens nicht oben, sondern links mit der „Uxulawende“, an der die Leute üblicherweise Nüsse knacken und sich freuen, wenn sie eine leere Nuss finden. Die Leere symbolisiert ein offenes, noch nicht vorbestimmtes Schicksal, sozusagen ein Leben, in dem noch alles möglich ist.

Aber mehr dazu beizeiten im Araclia-Kompendium.

Abstrakt ist langweilig

Der Hochsommer bzw. das Sommerhoch hat mich fest in seinem Griff, aber nicht so fest, dass ich nicht zwischenzeitlich schon wieder Ideen für neue Projekte entwickelt hätte. Eine davon hat mich dazu inspiriert, über abstrakte Ansätze im Kampf nachzudenken, mit der Absicht, das Erzählerische zu fördern und mehr Abwechslung in das übliche Attacke-Parade-Schaden-Schema zu bringen.

Kurioserweise habe ich beim Durchdenken einiger solcher Ansätze festgestellt, dass mit zunehmendem Abstraktionsgrad der Anreiz für inspirierende Aktionen sinkt. Dazu ein Beispiel: Nehmen wir an, 3 SCs kämpfen gegen 1 Oger und 3 um diesen herumschawenzelnde Goblins. Da wäre es doch ziemlich cool, wenn ein SC sagen würde und könnte: „Nachdem ich Goblin 1 mit meiner Axt die Hand abgeschlagen habe, reiße ich seinen stinkenden Leib an mich, nehme ihn in den Würgegriff und verwende ihn gegenüber den Attacken des Ogers als Schutzschild.“

Das sind so Aktionen, die ich üblicherweise im Rollenspiel vermisse, weil sie meistens so kompliziert oder so schwierig sind, dass man lieber gleich drauf verzichtet und den Goblin einfach abmaxelt („ja, also das ist ein Manöver zweiten Grades ,gefolgt von einer waffenlosen Attacke, da hat der Goblin aber noch einen Rettungswurf xy“…). Stark simulationistische Systeme fördern diese Art von kreativem Erzählfluss im Kampf also üblicherweise nicht.

Meine Annahme war, dass ein abstrakter Ansatz nun den gegenteiligen Effekt haben würde, also habe ich mir kurz ein System überlegt, nach dem Gruppen von Kämpfern gegen einander würfeln und so Art „Überlegenheitspunkte“ aufbauen, die sie dann erzählerisch nutzen können, z.B. um Schaden zu verursachen oder eben den Goblin als Schutzschild zu verwenden. Und nun die große Überraschung: Das ließe sich zwar spieltechnisch umsetzen, aber warum sollte der Spieler sich die Mühe machen, das so kreativ in Szene zu setzen?

Worauf ich hinaus möchte ist: Taktik macht erfinderisch. Hohe Abstraktion macht Taktik entbehrlich. Wenn es keinen Rüstschutz gibt und keine Verteidigung, sondern nur einen Vergleichswurf, warum sollte ich dann auf die Idee kommen, einen Goblin als Schutzschild zu verwenden?

Ich vermute daher, dass die Kreativität im Kampf bei ganz geringer Abstraktion = starkem Simulationismus ebenfalls gering ist (weil das Spiel sie einfach nicht zulässt), danach ansteigt und ab einem gewissen Punkt wieder abnimmt. Bei sehr hoher Abstraktion ist sie nämlich wiederum gering, einfach weil der Anreiz fehlt.

Abstrakt ist also nicht gleich erzählerisch. Abstrakt ist sogar, im schlimmsten Fall, langweilig.

Disclaimer: Alle Kreaturenbezeichnungen (insbesondere Goblins) sind rein zufällig und nicht gedacht, irgendeine Spezies zu diskriminieren. Sie sind außerdem geschlechtsneutral zu lesen („Ogrin“, „Goblinin“).